Der Freihof Küsnacht hat neu einen eigenen Verkaufsladen

Erstellt von Laura Hohler |
Zurück

Vor zwei Wochen eröffnete die sozialtherapeutische Institution den Freiraum Küsnacht – einen Laden für selbst hergestellte Produkte aus Holz, Leder, Metall, Glas, Papier und Stoff, und das mitten im Dorfzentrum.

Dezente Schlüsselanhänger aus Leder, Holzbrettchen oder Dekoartikel zieren die Ladenfläche des Freiraum Küsnacht. Erst gerade waren diese Produkte aus dem Freihof, der sozialtherapeutischen Einrichtung mitten in Küsnacht, am Weihnachtsmarkt zu bestaunen. Nun haben sie eine permanente Bleibe im Verkaufsladen an der Oberen Dorfstrasse. Das Gesicht des Ladens ist dort Beatrice Betschart, die Leiterin Arbeitsagogik im Freihof, und natürlich auch Katja Cangero, die Geschäftsführerin. Doch auch Isabel Hammer, die seit Januar dieses Jahres als Leiterin Projekte für den Freihof zuständig ist, arbeitet ein- bis zweimal pro Woche im Freiraum.

«Ich bin stolz auf die Eröffnung des ersten eigenen Verkaufsladens», sagt Hammer. Damit gehe ein lang gehegter Traum in Erfüllung. Für die Klientinnen und Klienten des Freihofs sei der Laden zudem eine weiter berufliche und soziale Integrationsmöglichkeit. Und: Die kreativen Köpfe des Freihof-Teams glauben auch an die nachhaltig und liebevoll gefertigten Produkte: «Wir haben Artikel für jedes Budget und sind bereits seit Jahren nebst dem Küsnachter Markt auch an andern Adventsmärkten auf viel Zuspruch seitens der Bevölkerung gestossen.» Gerade wenn man für eine Einladung noch ein kleines Mitbringsel brauche, werde man im Freiraum Küsnacht schnell fündig. «Besonders der Lederschlüsselanhänger ist sehr beliebt bei den Leuten», so Hammer. 

Bisher seien die Reaktionen auf den Laden sehr gut ausgefallen, sagt Hammer. Und gerade kürzlich hat man für ein besonderes Produkt, nämlich die «Blib suber»-Seife mit passendem Seifenhalter, sogar den Social Store Award in Bronze gewonnen. «Das Produkt haben wir zusammen mit der Justizvollzugsanstalt Hindelbank hergestellt», so Hammer, «mit der uns trotz geografischer Distanz eine ähnliche Klientel und das Bestreben verbindet, durch zeitgemässe Produktion und hochwertige Artikel eine sinnhafte und marktorientierte Tätigkeit mit Anerkennungspotenzial zu ermöglichen.»

Geschichtsträchtiger Verein

Der Freihof Küsnacht ist eine soziale Einrichtung, die 1979 als eigenständiger Verein entstand. Ausschlaggebend für die Gründung war die damalige offene Heroinszene am Platzspitz in Zürich. Doch in den letzten 30 Jahren habe sich viel getan. Mittlerweile ist der Freihof Küsnacht eine angesehene sozialtherapeutische Institution, die mit Justiz, Kantonen, Sozialämtern und weiteren Stellen zusammenarbeitet. «Insgesamt gibt es 15 sta­tionäre Therapieplätze, sechs Plätze im Aussenwohnen plus noch 20 weitere im Arbeitsintegrations- und Beschäftigungsprogramm», weiss Hammer. Die Klientel sei mittlerweile viel heterogener als früher. 

Ein Schwerpunkt aufgrund der Fachspezialisierung seien aber immer noch Menschen mit Suchtproblematik jeglicher Art. Doch auch Personen im offenen Vollzug oder Flüchtlinge fänden sich in der Einrichtung. Einige seien auch nur tagsüber dort und gingen abends wieder in ihr eigenes Zuhause zurück.

Struktur und Ordnung essenziell 

Wichtig für die Klientinnen und Klienten des Freihofs seien klare Regeln und ein strukturierter Tagesablauf, sagt Hammer. Dies beginne mit dem Aufstehen am Morgen oder mit gemeinsam eingenommen Mahlzeiten. Dass dies teilweise zuerst wieder antrainiert werden muss, gehört genauso zum sozialtherapeutischen Arbeiten wie das Vermitteln von Werten.

Ziel sei, wieder in eine geregelte Lebensführung und die Arbeitswelt zurückzufinden. Doch das brauche Zeit. «Die meisten unserer Klientinnen und Klienten bleiben im Schnitt zwischen ein bis drei Jahre im Freihof Küsnacht», sagt Hammer weiter. In dieser Phase wohnen und arbeiten sie dort und machen Therapie. Der Freihof bietet diverse Dienstleistungen in und um Küsnacht an. 

«Wir machen diverse handwerkliche Arbeiten, Umzüge, Reinigungen, Gartenarbeit und vieles mehr», so Hammer. Die Arbeitseinsätze seien stets betreut und begleitet von arbeitsagogischen Mitarbeitenden der Institution. Die Pensen variieren, da nicht jeder gleich viel arbeiten kann – in der Regel sind es 30 Stunden pro Woche. Wer aus psychischen oder körperlichen Gründen ungeeignet für diese Art von Arbeit sei, könne leichteren Tätigkeiten, beispielsweise im Kreativ- und Werkatelier, nachgehen. «Dort produzieren wir verschiedene Dekoartikel und Gebrauchsgegenstände aus Metall, Holz oder Leder, welche wir dann an Märkten oder in unserem neuen Laden verkaufen», berichtet Hammer. 

Besonders schätze sie den Austausch der Klientinnen und Klienten des Freihofs und den Küsnachtern. Es sei für beide Seiten ein Blick in eine eher unbekannte Welt, erklärt sie. Auch mögliche Vorurteile könne man so vielleicht aufheben. Mit den Produkten wolle man ausserdem einen Mehrwert schaffen, weswegen man auch auf nachhaltige Qualität und Materialien bei der Herstellung setze.

Bald auch ein Live-Erlebnis

Und noch eine Neuigkeit: Im Frühjahr 2023 soll zusätzlich der anliegende Schopf des Verkaufsladens zu einer Werkstatt ausgebaut werden, in der die Kundschaft live miterleben kann, wie die Produkte entstehen. Kummer: «Auf diese Weise gibt es dann auch neue Arbeits- und Wirkungsfelder für unsere Klientinnen und Klienten, die es ihnen erlauben, noch näher in den Kontakt mit der Bevölkerung zu treten, was wiederum ein wichtiger Schritt in Richtung Wiedereingliederung ist.»Infos zum Freiraum

Weitere Informationen zum Verkaufsladen Freiraum in Küsnacht und der Institution sind unter www.freihof-kuesnacht.ch zu finden. Adresse Verkaufsladen: Obere Dorfstrasse 33, Küsnacht. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag, 14 bis 18 Uhr.