«Die Menschen nehmen sich zu wenig Zeit für Kunst»

Erstellt von Monika Abdel Meseh |
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Ende vergangenen Jahres hatte die in Küsnacht lebende Künstlerin Lioh Möller einen Kunstwettbewerb zu Ehren des gefällten Kastanienbaums auf dem Dorfplatz ausgetragen. Die Gewinner stehen nun fest.

«Für mein aktuelles Projekt wollte ich gerne die Bevölkerung des Ortes aktiv einbeziehen und dem Ort, dem ich vieles verdanke, etwas zurückgeben», erklärte die Künstlerin Lioh Möller damals im Gespräch gegenüber dem «Küsnachter». Durch ein starkes Gewitter im Sommer 2022 wurde nämlich der prächtige Kastanienbaum, der schon über 70 Jahre beim Dorfbrunnen vor dem Gemeindehaus gestanden hatte, stark beschädigt. Dieser Schaden habe seine Statik verändert, schrieb der Gemeinderat in einer damaligen Meldung, so dass er nicht mehr «standsicher» gewesen wäre. Um die Passanten, den Verkehr, die Restaurantterrassen und die umliegenden Bauwerke zu schützen, musste der Baum gefällt werden. Im Andenken an die vielen Jahre, in denen der Kastanienbaum ein fester Bestand­teil des Ortes gewesen war, rief Lioh Möller ­einen Kunstwettbewerb aus. Die Aufgabe war es, kreative Mal- sowie Bastelarbeiten, die sich thematisch mit dem Baum auseinandersetzen, zu erschaffen und sie bei der Künstlerin einzureichen. Der Kreativität waren hier keine Grenzen gesetzt. Es wurde jegliche Art von Kunst akzep­tiert. Pro Person war jedoch nur ein Werk erlaubt. Einreichen konnte man die Kunstwerke bis Ende November vergangenen Jahres bei der Künstlerin.

Zeit für Kunst muss sein 

Der Wettbewerb verlief wie von der Künstlerin geplant. Nur die Zahl der eingereichten Werke war nicht wie erhofft. Insgesamt vier Personen nahmen die Herausforderung an und reichten ein Kunstwerk ein. Für Lioh Möller ist das trotzdem keine Enttäuschung. «Ich habe mich über jedes der vier Werke gefreut, und ja klar wäre es schön gewesen, wenn mehr Leute mitgemacht hätten, aber für mich war es trotzdem ein voller Erfolg», erklärt sie.

Nach einer Nachfrage seitens der Künstlerin an ihre Bekannten im näheren Umfeld, warum denn so wenige mitmachten hätten, kam laut ihr immer folgende Antwort: «Ich hatte keine Zeit» oder «Ich habe Wichtigeres zu tun». «Diese Aussagen allein geben eine Reflexion über unsere Gesellschaft», erläutert Möller kritisch. «Gerade für Kunst muss man sich einfach Zeit nehmen, es bietet nämlich eine unheimliche Bereicherung fürs Leben», betont sie weiter. Deshalb ist es der Küsnachterin besonders ein Anliegen geworden, dass jeder, besonders Eltern, sich Zeit nimmt, mit seinen Kindern Kunst zu entdecken, und sich mit dieser auseinandersetzt. Als Tipp empfiehlt die Künstlerin, auch das Kunsthaus-Angebot für Kinder zu nutzen. 

Kumquats als Dank

Mitgemacht haben zwei Kinder und zwei Erwachsene. Dabei waren unterschiedliche Werke zu finden, etwa eine Bastelarbeit, ein geklebtes Bild und eine Zeichnung. Die ­Gewinner suchte sich Lioh Möller aber nicht aus, sondern bestimmte diese durch eine Ziehung. «Ich wollte mir die Gewinner nicht aussuchen, sondern die Namen ziehen, weil ich die Werke nicht nach bestimmten Kriterien bewerten und so ihren Wert vermindern wollte», meint die Küsnachterin. 

Besonders gefreut hat sie sich über die Einsendungen einer Mutter und ihrer achtjährigen Tochter. «Ich kann mir gut vorstellen, wie die beiden eifrig an ihren Werken sassen und sich gegenseitig halfen», erzählt die Künstlerin glücklich. Die Bastelarbeit von Hanna Paulik, der Tochter, machte dabei den ersten Platz und gewann einen 100-Franken-Gutschein von der Papeterie Köhler. Die Mutter, Kirsten Paulik, landetet auf dem dritten Platz und erhielt den 30-Franken-Gutschein der Buchhandlung Wolf. Lioh Möller überbrachte die Gutscheine persönlich. Als Dank für den Gewinn bekam sie von der Familie ein Glas mit Kumquats, diesen kleinen Orangen.  Den zweiten Platz machte unterdessen ein anderes Kind, nämlich Luisa Kleinguti mit ihrer Bleistiftzeichnung. Damit konnte sie sich den 50-Franken-Gutschein von Pip Squeak Toy Shop sichern. Diese Gewinne wurden von der Küsnachterin selbst finanziert. Die Gewinner wurden noch vergangenes Jahr auf ihrer Website artart.ch bekannt gegeben. 

Die Künstlerin hat noch viele weitere Projekte in Planung. Sie schrieb vor kurzem ein Theaterstück mit dem Titel «El espíritu del año nuevo – Der Geist des neuen Jahres», bei dem es sich um ein modernes Weihnachtsmärchen handelt. Ausserdem nimmt sie am Schweizer Kunstwettbewerb 2023 teil. Langweilig wird es für die Künstlerin im neuen Jahr also nicht.