Marc Flückiger ist der Parteipräsident der Mitte von Erlenbach und Küsnacht. Er will punkten mit ungewöhnlichen Partei-Anlässen, die neue Zielgruppen ansprechen sollen. Dabei ist der Weg in die Küsnachter Exekutive wohl noch länger.
Marc Flückiger ist eine imposante Erscheinung und hat einen kräftigen Händedruck. Das ist kein Wunder, ist der gebürtige Solothurner doch passionierter Eishockeyspieler und heute noch aktiv bei den Veteranen des Grasshopper Clubs. Doch ein Raubein ist der 46-Jährige deswegen nicht. Im Gegenteil, differenziert und durchaus mit sozialer Facette sind seine Gedanken und Aussagen. Kein Wunder also, vertritt er in unserer losen Serie der Parteipräsidien in Küsnacht die Mitte.
Dass Flückiger in der Nähe von Solothurn aufgewachsen ist, hört man seinem Dialekt immer noch gut an. Er hat in Solothurn eine kaufmännische Lehre absolviert und nachher den Bachelor in Banking + Finanzen abgeschlossen. Seit einigen Jahren arbeitet Flückiger als Sales Associate Director bei Fidelity International im Seefeld in Zürich. Die Firma mit weltweiten Niederlassungen ist im Asset Management tätig. «Mein Job ist, institutionelle Investoren wie Pensionskassen und Versicherungen bezüglich deren Anlagen zu beraten» , erklärt Flückiger. Er ist deshalb in der ganzen Schweiz unterwegs. «Weil die Standorte oft nicht nur in den Zentren liegen, brauche ich auch das Auto, sonst nutze ich durchaus den ÖV und das Velo.» Vor dem Büro an der Mühlebachstrasse wurde kürzlich eine sogenannte und schon viel diskutierte Veloschnellroute der Stadt Zürich angelegt. «Solange solche Projekte nicht zu Lasten der Autos umgesetzt werden, finde ich sie gut. Sich mit dem Velo bewegen ist gut für die Gesundheit und die Gesellschaft», findet Flückiger.
An der Fasnacht kennengelernt
Seine familiäre Situation könnte sich ein Mitte-Stratege nicht schöner ausmalen. Flückigers Ehefrau ist in Erlenbach aufgewachsen. Kennengelernt haben sie sich vor 20 Jahren an der Fasnacht in Luzern. «Das war eine lustige Sache, weil wir mit unserer Clique den Supersingle suchten und dazu eine Art Castingshow veranstalteten», erinnert sich Flückiger und strahlt. Heute wohnt die Familie in einem Vier-Generationen-Haus (!) in Erlenbach. Ein Familienhaus, wie es im Buche steht – von der Urgrossmutter bis zu den Urenkeln. Er selber ist oft im Fahrdienst für die Kinder eingeteilt, denn Sport, auch im übertragenen Sinn, nimmt bei Flückigers eine wichtige Rolle ein. Sei es Fussball der Kinder, Biken oder im Winter auch Skifahren: Sport bietet für die Familie einen guten Ausgleich zum Alltag. Öfters trifft man Flückiger im laut eigenen Angaben wunderschönen Erlenbacher Tobel an, wo er beim Joggen die Natur geniessen und abschalten kann. Apropos Sport: Die Familie verbringt die Ferien oft in Davos und besucht regelmässig Spiele des HCD. Weil es aber Präferenzen für die ZSC Lions und für den HC Davos in der Familie gebe, seien manchmal Diskussionen vorprogrammiert, schiebt er schmunzelnd nach.
Immerhin. Politisch gibt es weniger Reibereien. Seine Frau Nicole ist ebenfalls in der Mitte-Partei – und als Schulpflegerin in Erlenbach engagiert. Marc Flückiger war eine Zeit lang in der Erlenbacher Rechnungsprüfungskommission RPK. «Momentan genügen mir aber die Familie, der Job und das Parteipräsidium», stellt er fest.
Flückiger ist ein Verfechter der sozialen Marktwirtschaft. Beim Steuerwettbewerb ist er für ein gesundes Augenmass. Flückiger befürwortet jedoch die Unternehmenssteuersenkung von 7 auf 6 Prozent im Kanton Zürich, denn «es sollten attraktive Rahmenbedingungen im Kanton herrschen». Diese beinhalten neben anderen Faktoren auch Steuern. «Mühe habe ich aber mit jenen, welche via Steuern alles finanzieren lassen wollen», stellt Flückiger fest. Er findet auch die Ungerechtigkeit der «Heiratsstrafe» bei Steuern und AHV unhaltbar und er freut sich, dass die Mitte wie auch andere Parteien sich des Themas mittels Volksinitiative angenommen haben. «Ich bin auch der Meinung, dass Kapitalbezüge aus der Vorsorge nicht zusätzlich besteuert werden sollten. Es ist schwierig, die Spielregeln während des Spiels zu ändern. Damit werden vor allem jene bestraft, die in die Vorsorge investiert haben», so Flückigers Meinung. Die Entwicklung in den USA, wo die Schere zwischen Arm und Reich immer grösser wird, beobachtet er mit Sorge, und er ist froh, «dass wir das hierzulande besser im Griff haben».
«Warum nicht Tempo 20 auf Stichstrassen an den See?»
Was kann besser laufen in Küsnacht und anderswo, was fehlt? Marc Flückiger hat einige pointierte Ansichten.
«Ich bin ein Freund von Wohnbaugenossenschaften. Küsnacht könnte dafür mehr Bauland im Baurecht abgeben. Verdichtetes Bauen finde ich gut, vor allem im Dorfzentrum, wo die Infrastruktur wie Bahnhof und auch Einkaufsmöglichkeiten vorhanden sind. Beim Initiativ-Projekt ‹Überbauung Alte Landstrasse› setzt sich die Mitte zum Beispiel aktiv für bezahlbare Wohnungen und zusätzlichen Gewerberaum ein.
Tempo 30 im Dorfzentrum, ja noch besser Begegnungszonen mit Tempo 20 auf Stichstrassen an den See hinunter machen Sinn. Teilweise würde ich dort sogar für ein Fahrverbot eintreten. Wenn Familien mit Kindern in die Badi oder zum See laufen, ist es oft gefährlich und das Kreuzen ist schwierig. Keinen Sinn hingegen sehe ich für Tempo 30 zum Beispiel hinauf nach Itschnach oder die Zollerstrasse in Erlenbach. Allgemein ist Tempo 30 auf Quartierstrassen, wo Kinder spielen, sinnvoll, nicht jedoch auf breiten ausgebauten Strassen, wo auf beiden Seiten Trottoirs vorhanden sind.
Ganz allgemein setzen wir uns auch in Zukunft von Herzen für eine familiennahe Politik ein!»
Mit 28 Parteimitglied geworden
Doch zurück zur lokalen Politik. Flückiger, der schon seit 18 Jahren und seit er 28-jährig ist, der Mitte angehört, weiss, dass die Situation punkto Parteienstärke zwischen Erlenbach und Küsnacht nicht vergleichbar ist.
Dazu ein kurzer Rückblick. Mangels Personal fusionierten die beiden Ortsparteien, damals noch CVP, 2006. Seit 2021 tritt die Partei national als «Die Mitte» auf. Ein Namenswechsel, welcher der Partei durchaus Schub gegeben hat. «Das ‹C› ist definitiv nicht mehr so wichtig», findet auch Flückiger, der die Mitte Erlenbach/Küsnacht seit gut acht Jahren leitet. «Die Mitte ist in Erlenbach historisch sehr stark. Auch, weil es dort weniger Partei-, als vielmehr Persönlichkeitswahlen sind», ist Flückiger überzeugt. Man strebe rasch wieder ein Gemeinderatsmandat an. In Küsnacht hingegen hat es noch Luft nach oben. Jahrelang waren keine – damals noch CVP-Mitglieder – in Gremien vertreten. Doch seit den Gesamterneuerungswahlen von 2022 sind Karin Bischofberger und Urs Duss in die Bürgerrechts- respektive in die Rechnungsprüfungskommission (RPK) gewählt worden. Jene Wiederbelebung der Mitte sei das Resultat einer geschickten Aufbauarbeit, so Marc Flückiger damals zum «Küsnachter». Sie wurde – da sind sich die Beteiligten einig – vor allem vom mittlerweile zurückgetretenen Vorstandsmitglied Peter Klauser geleistet.
Hoffnungsträger rücken nach
Für 2026 strebt man aber noch keinen Sitz im Gemeinderat, also in Küsnachts siebenköpfiger Exekutive, an. «Mittelfristig ist das schon ein Ziel,den bürgerlichen Anteil breiter aufzustellen», macht Flückiger immerhin eine Ansage. Denn man habe den Generationenwechsel mittlerweile geschafft, einige neue Mitglieder unter 30 Jahren gewonnen «und an die Parteiversammlungen kommen auch Leute aus Küsnacht».
Dies reflektiert sich auch im Vorstand mit der Wahl von Karin Bischofberger als Vizepräsidentin. Neuerdings ergänzt Henry Stehli als Beisitzer und Delegierter den Vorstand und vertritt zusammen mit Karin Bischofberger die Anliegen aus Küsnacht.
Punkten mit Veranstaltungen
Ein Geheimnis der Expansionserfolge sind unter anderem eher unkonventionelle Veranstaltungen, wo es weniger um Politik als mehr um das Gemeinschaftsgefühl geht. Etwa ein Kletterplausch in der Allmendliturnhalle in Erlenbach mit 100 Kindern, ein Unihockeyturnier oder auch ein Sommerplausch wie beispielsweise Besichtigung des Seerettungsdienstes, oder schon recht bald, am Auffahrtsweekend vom 29. Mai auf der KEK, ein Padel-Turnier. Das ist ein vom Tennis abgeleitetes Rückschlagspiel, das aber einfacher zu erlernen ist. «Das soll ein richtig toller Tag werden. Uns ist wichtig, nicht nur vor den Wahlen aktiv zu sein», betont Flückiger.
Das tönt durchaus nach einer langfristigen Strategie. Die nächsten Wahlen werden zeigen, wie weit der Weg der Mitte in Küsnacht weiter nach oben noch ist.