Im Badi-Beizli bis Mitternacht

Erstellt von Isabella Seemann |
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Mit dem Saisonstart im Strandbad Küsnacht wird eine neue gastronomische Ära eingeläutet: Es erhält ein Restaurant, das Gästebis Mitternacht bedient. Der «Küsnachter» war beim Probeessen mit dem Team von Gastrounternehmer Michel Péclard dabei.

Endspurt im «Sträme»-Beizli: Die Handwerker geben vollen Einsatz für den Feinschliff. Wo einst ein Betonboden spröde Funktionalität verströmte, liegt jetzt ein edles Eichenholz-Deck. Nautische Lampen, eine blau-weisse Bar und blaue Tische: Mit dem See im Blick und dem Geplätscher des Wassers im Ohr stellt sich das erhabene Gefühl ein, auf einem Schiff zu weilen. Oder wie es Stargastronom Michel Péclard enthusiasmiert ausdrückt: «Das ist doch einfach nur geil!»

Man mag ihm auch gar nicht widersprechen. Innerhalb eines Monats hat der Tausendsassa zusammen mit seinem Geschäftspartner Florian Weber den Umbau und ein neues Konzept aus dem Boden gestampft. Mit dem Saisonstart des Strandbads Küsnacht vom kommenden Samstag wird auch eine neue gastronomische Ära eingeläutet: Zusätzlich zur familiären Selbstbedienung erhält es ein À-la-carte-Restaurant, das während der Saison täglich bis Mitternacht Gäste bedient und unabhängig von einem Badi-Aufenthalt besucht werden kann.

Das Dach des Péclard-Gastroimperiums spannt sich neu auch über das Seebad Zollikon und damit insgesamt über 17 Gastronomiebetriebe in Zürich und an den Ufern des Zürichsees. «Das Ferien-Feeling ist in unserer Firmen-DNA», erklärt der in Kilchberg geborene «Seebueb» – gut gelaunt, natürlich. Anspruchsvolle Küche ohne unterkühlte Steife geniessen, so liesse sich das Péclard-Konzept umschreiben. «Der wahre Luxus ist, sich wohlzufühlen und ganz sich selber sein zu können.» Ein typischer Péclard-Satz.

Auf dem Seeweg zum Probeessen

Die Geschäftsführung des «Sträme»-Beizlis hat er den 21-jährigen Horgemer Zwillingsbrüdern Maximilian und Jacob Schümperli anvertraut, die die Péclard-Maxime leben. «Gastronomie ist der beste Job, den es gibt: Wir machen Menschen glücklich!» Der Neueröffnung und allen Herausforderungen, die sie mit sich bringt, begegnen sie mit Nonchalance. «Wir sind zwar noch nicht lang in der Gastronomie, aber doch schon ein Leben lang», erzählt Maximilian, der mit seinem Bruder in eine Gastgeberfamilie hineingeboren wurde.

Jacob gewann gar die Schweizer Servicemeisterschaft und wurde zum Gas­trostern 2020 erkoren. In den vergangenen Wochen haben sie Kontakte zu Produzenten in der Region aufgenommen und ihre Betriebe besucht. «Wir machen das ‹Sträme› für die Region und mit der Region.»

Da die Küche noch nicht betriebsbereit ist, reist das Team für das Probeessen mit dem Boot, das auch für Gasttransporte zur Verfügung steht, ins legendäre «Fischer’s Fritz» auf den Campingplatz in Wollishofen. Dort haben die Köche fast die ganze Karte durchexerziert. Das Auswahlverfahren für den neuen Küchenchef im «Sträme» sei noch am Laufen, Sous-Chef wird Moussa Gueye, den Péclard in seiner firmeneigenen Kochschule ausbildete. «Ansonsten steht zu Beginn unser oberster Chefkoch in der Küche», sagt Péclard. Auf der «Sträme»-Karte stehen einige Péclard-Klassiker – man muss das Gute ja nicht neu erfinden – wie die süchtig machenden Pommes Frites mit Trüffel oder die Fischer’s Fritz Crispy Zürichsee Sushi mit Zürichseehecht, eine Eigenkreation aus der Péclard-Küche, die aus nachvollziehbaren Gründen gewaltig nachgefragt ist.

Doch werden der Goldküsten-Kundschaft auch Exklusivitäten serviert. Der erste Gang steht repräsentativ für alles, was im «Sträme» zum Gast kommt: Einfachheit, erstklassige regionale Produkte und ein Maximum an Geschmack. Das Küsnachter Apéroplättli, gereicht auf dem Holzbrett, ist zusammengestellt aus Spezialitäten der Metzgerei Oberwacht, Eiern vom Schlattgut, frischen Radiesli mit Fleur de sel sowie Goldbürli und sensibilisiert den Gaumen für mehr. Eine Hommage an die Zürcher Kronenhalle, Stammlokal vieler Goldküstenbewohner, ist der Krevettencocktail, der hier zwar nicht unter einem Chagall, dafür bei Sonnenun­tergang in Flipflops genossen werden kann, was auch nicht zu verachten ist.

Soul Food aus der Region

Das Probeessen ist zugleich eine Weindegustation: Die Zeitung darf von einer geglückten Mariage zwischen den Weinen des Küsnachter Weinguts Diederik und den sommerlichen «Sträme»-Speisen berichten – zusammen gewinnen beide noch dazu. Echtes Schweizer Soul Food ist der Ofenfleischkäse, hausgemacht von der Metzgerei Oberwacht, mit einem Kartoffelsalat, der zu den ­besten gehören dürfte, so cremig, so schmackhaft. Doch wie ist ein Burger beschaffen, der satte 39 Franken und 50 Rappen kostet? Nein, er ist nicht mit Blattgold überzogen. Viel wertvoller: Das Patty wird nach höchsten ethischen, qualitativen und ökologischen Ansprüchen vom Bauernhof «Chalte Hose» in Küsnacht produziert mit Fleisch von Rindern, die auf dem Hof geboren wurden, sich nur von Gras und Heu ernähren und auf der Weide stressfrei geschlachtet werden.

Die besten Glacen aus der Gegend werden ebenfalls in der Badi erhältlich sein: von der Confiserie Honold und vom Schlattgut. Insgesamt Dutzende Sorten, darunter das Schokoladenerlebnis mit Grand Cru Chakra Noir oder mit Erdbeeren von Herrliberg. Und was ist mit der Raketenglace? Keine Bange. Wie in jeder richtigen Badi gehört das Selbstbedienungsrestaurant mit Süssigkeiten zum «Chrömle» dazu. «Selbstverständlich werden wir im Selfservice weiterhin Badi-Klassiker wie Pommes frites mit Ketchup und Mayo, Hotdog und Gummibärchen anbieten», versichern Maximilian und Jacob Schümperli unisono. Und auch herkömmliche Burger für 15 Franken 50. Schliesslich lautet das Motto der beiden Junggastronomen: Alle Gäste sollen glücklich werden.