Jetzt sind Hochhauspläne offiziell bekannt

Erstellt von Lorenz Steinmann |
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Der «Tages-Anzeiger» machte den unter Verschluss gehaltenen «Schlussbericht für die neuen Hochhausrichtlinien der Stadt Zürich» publik. Der Inhalt sorgte für einigen Wirbel. Jetzt hat die Stadt den Bericht ins Netz gestellt. Es sei eine Diskussionsgrundlage, heisst es. Ein neuer Verein übt schon Kritik.

Es war durchaus ein Knüller, als der «Tages-Anzeiger» am 1. Februar 2022 aus dem bisher geheim gehaltenen «Schlussbericht für die neuen Hochhausrichtlinien der Stadt Zürich» zitierte. Für Diskussionen in der Öffentlichkeit sorgte danach  vor allem die im Bericht erwähnte Möglichkeit, die Zonen für die zwei tieferen Hochhauskategorien stark auszudehnen. Zu den Gebieten, in denen Häuser bis 85 Meter erlaubt wären, würden neu Teile von Altstetten, Albisrieden, Affoltern und Schwamendingen gehören. 85 Meter beträgt zum Beispiel die Höhe des ehema­ligen Hotels International beim Bahnhof Oerlikon. Ähnlich wie heute sollen künftig drei Typen von Hochhäusern unterschieden werden: «hohes Haus» (bis 40 Meter), «Hochhaus» (40 bis 85 Meter) und «Metro Hochhaus» (85 bis 250 Meter). 250 Meter, das ist die doppelte Höhe des Prime Towers, mit 126 Metern heute das höchste Gebäude Zürichs. Die beiden geplanten Hochhäuser auf dem Hardturmareal würden übrigens 137 Meter hoch.

«Aktualisierung der Richtlinien»

Nun ist der Bericht im Internet aufgeschaltet, wie das Amt für Städtebau (AfS) bestätigt. Es hält den Ball auf Anfrage bewusst flach: «Nach 20-jähriger Anwendungspraxis sollen die Zürcher Hochhausrichtlinien von 2001 aktualisiert werden – ein nach diesem Zeitraum üblicher Prozess.» So seien die Hochhausricht­linien auf andere Planungsinstrumente wie zum Beispiel den im November 2021 vom Stimmvolk angenommenen kommunalen Richtplan Siedlung, Landschaft, öffentliche Anlagen und Bauten abgestimmt worden. Die Hochhausrichtlinien müssten auch vor dem Hintergrund drängender Herausforderungen in den Bereichen Ökologie, Frei- und öffentlicher Raum und Gesellschaft aktualisiert werden, so eine Sprecherin. Doch nun soll es schnell gehen. Schon im Herbst sollen die definitiven Richtlinien vorliegen.

Als Grundlage für diese Aktualisierung hat das AfS eine Testplanung durchgeführt. Dieses Verfahren wurde laut der Stadt ganz bewusst gewählt. Denn das Wesen einer Testplanung liege in der Untersuchung und im Vergleich von möglichst unterschiedlichen Lösungsansätzen und -strategien. Dies, im Unterschied zum Wettbewerb, bei dem am Ende ein Siegerprojekt erkoren werde. «Die Resultate der Testplanung und die Empfehlungen des begleitenden Expertengremiums bilden eine Grundlage für die Aktualisierung der Hochhausrichtlinien», ist die Stadt überzeugt. Die Testplanung und der bisher vertrauliche Schlussbericht stellen also noch nicht die eigentlichen Richt­linien dar. Aber: Die endgültigen Hochhausrichtlinien, die im Wesentlichen aus einem Plan mit den Hochhausgebieten und Maximalhöhen sowie einem Katalog von Leistungsanforderungen an neue Hochhäuser bestehen, erarbeiten derzeit Fachleute aus dem Amt für Städtebau im Austausch mit Fachleuten und weiteren städtischen Dienstabteilungen.

Und die Metro-Hochhaushöhe von bis zu 250 Metern? Die mehrfach genannte Maximalhöhe von 250 Metern sei lediglich ein Vorschlag eines Teams der Testplanung, «wobei dazu gesagt werden muss, dass die jetzt gültigen Richtlinien keine Maximalhöhen festlegen und deshalb diese Höhe mit einem Gestaltungsplan bereits heute grundsätzlich möglich wäre», so das AfS. Ausnahmen seien nach wie vor sensible Lagen wie beispielsweise das Seeufer oder die Hangkanten. Laut eigenen Angaben hat die Stadt – freilich ohne Einbezug der Öffentlichkeit und der Medien – einen Dialogprozess gestartet. Das Ziel: «Die Debatte erweitern und weitere Stakeholder ins Boot holen».  Einbe­zogen wurden demnach Fachverbände und alle Parteien. «Die weiteren geplanten, teilweise öffentlichen Anlässe werden nun dieses Jahr durchgeführt. Mitsprache ist auch während der öffentlichen Auflage zur BZO-Revision der Hochhausgebiete im Herbst 2022 möglich», heisst es von der Stadt. Auch der Gemeinderat kann mit­reden.

«Werbung für Wolkenkratzer»

Schon heute massive Kritik an der geplanten Richtlinie übt der Verein «Pro lebenswertes Zürich – Limmatraum». Präsident Martin Schlup: «Der ‹Schlussbericht Ak­tualisierung der Hochhausrichtlinien› kommt als Werbeprospekt für den Wolkenkratzerbau daher. Es fehlen unter anderem zentrale Überlegungen zur Alternative ‹horizontale› gegen ‹vertikale› Verdichtung». Die ganze Stossrichtung des Hochbaudepartements widerspreche ausserdem diametral den «löblichen» und immer wieder zitierten Zielen der Stadt Zürich: 2000-Watt-Gesellschaft, Klimaverträglichkeit und Bau von preisgünstigen Wohnungen, um nur diese zu nennen.

Der Öffentlichkeit vorenthalten?

«Gemäss dem Stadtrat handelt es sich beim Schlussbericht nur um eine Grundlage für weitere Planungsschritte. Angeblich zeigt er nicht das Endresultat an», schreibt der Verein. Die Vorgehensweise des Hochbaudepartements der Stadt Zürich unter der Führung von Stadtrat Odermatt habe seit längerer Zeit System. Es würden «Zukunftspläne» und Strategien im Hintergrund durch Gremien entworfen, welche der Öffentlichkeit vorenthalten würden. «Danach folgen pfannenfertige Projekte, zu denen, nachdem alles schon feststeht, alibimässig ‹Mitspracheanlässe› für nebensächliche Detail­aspekte organisiert werden», findet Martin Schlup. Er vertritt den Verein Pro Limmatraum, welcher laut eigenen Angaben die betroffene Bewohnerschaft, insbesondere des Limmatraums (Zürich West, Stadtkreise 5, 6, 9, 10), Zürich Nord und des Hochschulgebiets vertritt. Der Verein ist zudem Mitglied der «Allianz für lebenswerte Stadtentwicklung». Dort dabei sind etwa die IG Am Wasser, die IG Grubenacker, die IG Pro Rütihof und der Verein Zukunft Hochschulquartier Zürich.

Projektwebsite der Stadt Zürich mit dem 180-seitigen Bericht: stadt-zuerich.ch/hochhaus