So geht Kloster heute

Erstellt von Liliane Waldner |
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Das Stadtkloster musste aus der Bullingerkirche ausziehen, weil es provisorisch als Rathaus ­dienen wird. Nun befindet sich das Kloster in Wiedikon. Am Samstag öffnet es seine Türen.

Wer möchte nicht so wohnen? Der sommerlich warme Duft einer üppigen Pflanzenvielfalt weht um das geräumige Wohnhaus am Hügel. Vom Esszimmerplatz kann eine prächtige Aussicht über die Niederungen der Stadt genossen werden. Werner Stahel schreitet durch den parkähnlichen Garten. Er ist pensionierter Mathematiker, Witwer, Vater von vier Kindern, sechsfacher Grossvater und Mitglied des Kirchgemeindeparlaments. Er erklärt, dass er eine sinnvolle Form des Lebens in einer Gemeinschaft gesucht habe. «Ein Zimmer genügt mir», sagt er. Seit diesem Frühling hat sich das Stadtkloster im ehemaligen Pfarrhaus samt Umschwung an der Wiedingstras­se 3 niedergelassen. Es musste wegen der Nutzung der Bullingerkirche als Rathaus dort ausziehen.

Bereichernde Kombination

Janique Behman ist die Co-Leiterin des Klosters. Im Hauptberuf betreibt sie Fundraising für weltweite Forschungsprojekte. Sie träumte bereits als Teenager vom Klosterleben. Nach biografischen Umbrüchen erwachte die Sehnsucht nach dem Leben in Gemeinschaft von Neuem. «Das Stadtkloster ist ein Ort, wo ich als Mensch wachsen kann. Hier werden meine Menschenliebe und Vergebungsfähigkeit gestärkt.» Tobias Adam ist Theologiestudent und Co-Leiter des Klosters. Er engagiert sich aus dem christlichen Glauben heraus für die Schöpfung, das Klima und die Umwelt. «Die Kombination von Spiritualität und Gemeinschaftsleben in der Tradition der Klöster ist für mich bereichernd für die Ausbildung zum Pfarrer.» Zum modernen, urbanen Klosterleben zählen auch die Tagzeitengebete. Zu ihnen stossen weitere Menschen aus dem Kreis der Aktivmitglieder vom Verein Stadtkloster aus der ganzen Stadt dazu. Die Gebete sind zudem für die Bevölkerung zugänglich.

Werner Stahel, Janique Behman und Tobias Adam bilden das Kernteam der Hausgemeinschaft. Sie leben soziales Engagement durch die Unterbringung von Geflüchteten (zurzeit Mutter und Sohn) sowie weiteren Gästen in Notsituationen. Es hat übrigens noch Platz für zwei bis drei neue Kernmitglieder in der Wohngemeinschaft des Stadtklosters. Mike Carbonell, der Co-Betriebsleiter des Kirchenkreis drei, lobt die Anwesenheit des Stadtklosters in Wiedikon. Seine Bewohnerinnen und Bewohner gehen ihm bei kirchlichen Anlässen als Frei­willige zur Hand, so bei der sommerlichen Gelateria auf der Piazza der Thomaskirche.


Tag des offenen Klosters

Die Bevölkerung ist eingeladen, am Samstag, 28. Mai, von 10 bis 18.30 Uhr das Stadtkloster an der Wiedingstrasse 3 zu entdecken. Es wird ein Programm angeboten mit Besichtigung von Haus und Garten, Essen, Spielen und spirituellem Innehalten. Das detaillierte Programm findet man unter stadtkloster.ch

Festzeit vor Pfingsten

Vom Sonntagabend, 29. Mai, bis Samstagabend, 4. Juni, bestehen weitere Gelegenheiten, die Menschen des Stadtklosters kennen zu lernen: Im Bethaus Wiedikon werden täglich um 7 Uhr morgens und 19 Uhr abends Gebete gesungen. Danach gibt es ein Frühstück oder ein kleines Znacht.