100 Jahre Turnen und Geselligkeit

Erstellt von Karin Steiner |
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Der Damenturnverein Oerlikon (DTVO) feiert das 100-Jahr-Jubiläum. Die Glanzzeiten sind zwar vorbei und wie jeder Turnverein kämpft er ums Überleben, doch die verbliebenen 105 Mitglieder haben noch immer viel Spass miteinander. Ein Rückblick auf 100 bewegte und bewegende Jahre.

«Eigentlich hätte die 100. Generalversammlung am 5. Februar stattfinden sollen», sagt Regula Jussel. «Wegen Corona haben wir sie auf den 11. Juni verschieben müssen. Das ist der Gründungstag des Damenturnvereins, und wir hoffen, dass wir dann ein Fest feiern können.» Seit 15 Jahren ist sie als 17. Präsidentin des DTVO ­aktiv und hat mitverfolgen müssen, wie immer mehr Mitglieder altersbedingt ausschieden, aber kaum neue zu gewinnen waren. «Wir haben nur noch jeweils eine Gruppe am Montag und Donnerstag, die sich in der Liguster-Turnalle zur Gymnastik treffen.» Dennoch halten die verbliebenen 105 Mitglieder zusammen und treffen sich regelmässig, sofern Corona dies nicht verhindert.

Turnen in Pumphosen

Angefangen hat alles vor 100 Jahren, als endlich auch in der damals selbstständigen Gemeinde Oerlikon auf Initiative des Präsidenten des Turnvereins Oerlikon, Ernst Jungi, eine Damenriege gegründet wurde. Gründungsmitglieder waren neun junge Frauen, die in kürzester Zeit 40 neue Mitglieder warben. Die definitive Gründungsversammlung fand am 15. Januar 1922 in der «Metzgerhalle» statt. Der Jahresbeitrag betrug für Aktive 50 Rappen pro Monat und für Passive drei Franken pro Jahr. Geturnt wurde in blauen Pumphosen, Matrosenbluse und schwarzen Strümpfen. 1928 löste sich die Damenriege vom TVO und wurde der selbstständige Damenturnverein Oerlikon. Obwohl das gesellschaftliche Leben in dem Verein immer eine zentrale Rolle gespielt hat, stand das Turnen stets im Vordergrund. Und dies wurde in den ersten Jahren ­jeweils an der Generalversammlung belohnt: Die fleissigen Turnerinnen erhielten ein Ehrenkreuz, später ein Löffelchen.

Aktive Helferinnen bei jedem Fest

Es würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, sämtliche Turnfeste, Jubiläumsfeiern und Quartierfeste aufzuzählen, an denen die Turnerinnen des DTVO teilnahmen. Oder über die vielen Ausflüge und geselligen Anlässe zu berichten, welche die unternehmungslustigen Frauen planten und durchführten.

In turnerischer Hinsicht entstanden über die Jahrzehnte immer mehr Unterabteilungen, die dann irgendwann wieder aufgelöst wurden. So gab es von Mädchenriege über Töchterabteilung bis zu Hausfrauenturnen für jedes Bedürfnis das richtige Programm. Später kamen Mode-Gymnastik-Trends wie Everdance, Hip-Hop, Bauchtanz, Zumba Gold, Line-dance und Smovey dazu. Und 1995 gründete der DTVO gemeinsam mit dem TVO eine Volleyballgruppe, die auf grosses ­Interesse stiess.

Eine wichtige Rolle spielten für die DTVO-Frauen stets auch ihre Einsätze an grossen Quartier- und Stadtfesten. Am traditionellen ehemaligen Oerliker «Märtplatzfäscht» waren sie ebenso mit einem Stand und selbst gebackenen Kuchen vertreten wie am späteren «Oerliker Fäscht», am Weltmarkt Oerlikon, am «Norstadtfest» oder an Wochen- und Weihnachtsmärkten. Seit 2006 sind sie als Helferinnen bei Stadtanlässen wie dem Silvesterlauf, der «Züri Metzgete» oder dem «Züri Marathon» im Einsatz, seit 2012 auch beim neuen City Run.

Austritt aus dem Turnverband

Am 8. Juni 2007 trat der DTVO im Rahmen einer ausserordentlichen GV nach 85 Jahren aus dem Schweizerischen Turnverband aus. «Der Grund war, dass niemand mehr an Turnfesten teilnahm», sagt Regula Jussel, seit 2019 zusätzlich Ehrenpräsidentin des DTVO. «Wir hatten keinen jüngeren Nachwuchs mehr.» Dieser Mitgliederschwund zeigt sich auch in den Mitgliederzahlen: 1983 waren es 304 Mitglieder, 1996 noch 248 und heute sind es 105. Wie es weitergeht, ist offen. Fest steht jedoch die 100-Jahr-Feier in diesem Jahr.