Die Gemeinnützige Gesellschaft von Neumünster will an der Hofackerstrasse fünf Mehrfamilienhäuser abbrechen. Rund 60 Mietern wird gekündigt.
Über 80 Jahre alt sind die fünf Mehrfamilienhäuser beim Hegibachplatz. Nun sollen sie abgebrochen werden und an ihrer Stelle Neubauten entstehen. Besitzerin der 46 Wohnungen ist die Stiftung Gemeinnützige Gesellschaft von Neumünster, eine ehrwürdige Institution mit langer Geschichte.
Der Stiftungsrat und eine interne Kommission hätten sich den Entscheid zum Abbruch nicht einfach gemacht, schrieb die Stiftung kürzlich den Mieterinnen und Mieter und lud sie ein zu einem Informationsanlass. «Nach einer sorgfältigen Abwägung der Alternativen sind wir zum Schluss gekommen, dass ein Abriss und ein Ersatzneubau unumgänglich sind», sagt Stiftungsratspräsident Andreas Müller. Eine Renovation sei aufgrund des Sanierungsbedarfes zu umständlich und auch zu teuer.
Gebaut wurden die Mehrfamilienhäuser an der Hofackerstrasse 1 bis 5 im Jahr 1930 auf einem Gelände, das damals der Knabenmittelschule Konkordia gehörte. Mit einem Legat kamen die Liegenschaften 1980 in den Besitz der Gemeinnützigen Gesellschaft von Neumünster (GGN). Die letzten Sanierungsarbeiten an den Häusern wurden laut Müller im Jahr 1984 vorgenommen.
Den Beginn der Abbrucharbeiten plant die Stiftung nicht vor Mitte 2020. Den Mietern wird aber schon im Laufe des nächsten Jahres gekündigt. Die Kündigungsfrist endet im März 2020. Die Kündigungen würden mit einer langen Frist ausgesprochen, damit den Mietern genügend Zeit bleibe, ein neues Zuhause zu finden, heisst es im Schreiben der Stiftung. Die Mieter müssen sich demnach nicht mehr an eine Kündigungsfrist halten und werden bei der Suche nach neuen Wohnungen «nach Möglichkeit » unterstützt. Dafür hat die Stiftung eine externe Auskunftsstelle bei der zuständigen Liegenschaftenverwaltung eingerichtet. Alle vorzeitig frei werdenden Wohnungen will die GGN laut Müller neu ausschreiben und bis zum Baubeginn befristet an Zwischennutzer vermieten.
Ein Schrecken zuerst – und einige Zweifel
Für die Mieter kam die Nachricht vom Abbruch ihrer Häuser und den Kündigungen wenn auch nicht aus blauem Himmel, so doch überraschend. «Ich bin schon erschrocken, wie alle anderen Mieter auch», sagt Cécile Hollenstein. Sie wohnt seit ihrer Geburt im Jahr 1946 an der Hofackerstrasse. Ihre Wohnung liege gut und sei günstig. Nun prüft Hollenstein den von der GGN vorgeschlagenen Umzug ins Altersheim Aventin, das zur Stiftung gehört. Eine andere Seniorin hat sich dort bereits angemeldet. Hollenstein äussert Verständnis für den Entscheid zum Abbruch. Der Abschied werde trotzdem ein wenig weh tun. Andere Mieter, die anonym bleiben wollen, finden zwar die Informationspolitik der Stiftung «in Ordnung». Sie hätten sich aber eine etappenweise Sanierung der Häuser vorstellen können respektive gewünscht. Ob nach Abriss und Neubau tatsächlich ein Drittel der Wohnungen vergünstigt abgegeben werde, bezweifelt einer der Mieter. «Das glaube ich erst, wenn ich es sehe.»
Damit nimmt er Bezug auf die Ankündigung der GGN, rund ein Drittel der Wohnfläche in den Neubauten zu «kostengünstigen» Bedingungen erstellen zu wollen. Diese Wohnungen sollen an einkommensschwache Menschen vermietet werden. Die restliche Wohnfläche will die Stiftung im «üblichen» Standard bauen und «renditeorientiert» vermieten. Mit den Erträgen finanziert sie ihre gemeinnützige Tätigkeit und damit auch die geplanten günstigen Wohnungen in der neuen Siedlung.
Verdichtet bauen: 30 Prozent mehr Wohnraum
Der Zeitplan der Stiftung für die Ersatzneubauten sieht für diesen Herbst den Start eines Architekturwettbewerbs vor, aus dem im Frühling 2018 ein Siegerprojekt hervorgehen soll. Wie viele Häuser und wie viele Wohnungen das Bauprojekt umfassen wird, ist noch offen. «Schätzungen zufolge kann mit dem Ersatzneubau aber rund 30 Prozent mehr Wohnraum erstellt werden», sagt Müller. Genauere Angaben zur Zahl der neuen Wohnungen und zu den Kosten seien erst nach Abschluss der Projektierung verfügbar. (dh.)