Amanda, in den 1970er-Jahren Wirtin der «Schnuderstube» im Kreis 5, und Amine, Gründer des Projekts «Essen für alle», haben eines gemeinsam: Sie verpflegen Menschen, ohne nach Herkunft oder Einkommen zu fragen. Das Sogar Theater hat die Geschichten zu einem Theaterstück verknüpft.
Das Theaterstück «Die Legende von Amine und Amanda» im Sogar Theater beginnt, wie es sich für solche Geschichten gehört. «Es war einmal.» Amanda, die legendäre Wirtin. Sie führte die Beiz Flora, besser bekannt unter dem Namen «Schnuderstube» im Kreis 5 in den 60- und 70er-Jahren. Das kleine Restaurant mit Garten lag in der Nähe der Langstrassenunterführung an der Ecke Mattengasse/Zollstrasse. Dort gab es Ghackets und Hörnli für alle, auch für die Fixer der Notschlafstelle. Amanda war es nicht wichtig, wer ihre Leibspeise genoss. Alle waren willkommen, Arme und Reiche.
Ein Theaterfest fürs Quartier
Und «es war einmal»: Amine, Mitarbeiter der Sogar Bar. Nach mehreren Versuchen war ihm die gefährliche Flucht aus Guinea nach Europa gelungen und er kam nach Zürich. Er lancierte im ersten Pandemie-Lockdown im Frühling 2020 das Langzeitprojekt «Essen für alle». Damit versorgt Amine wöchentlich jeweils samstags Menschen – Schweizer und Ausländer – mit Lebensmitteln. Auch Amine bewirtet alle Menschen unabhängig von Herkunft oder Einkommen. Was Amanda und Amine ebenfalls gemeinsam haben, ist die Diskussionen mit den Behörden, sei es wegen des Telefoneintrags «Schnuderstube», wegen der Platanen im Garten des Restaurants oder wegen des Härtefallgesuchs von Amine.
Zum Stück gehören ein eigens komponierter Song zu Amanda und selbstverständlich serviert das Sogar Theater nach der Aufführung im Hof Ghackets mit Hörnli für alle. All dies wird auf der Bühne des Theaters erzählt. Autorin Dagny Gioulami hat die zwei Geschichten zu einem kleinen Theaterstück verdichtet.
Die Legende von Amine und Amanda ist ein Theaterfest fürs Quartier. Bei dem kurzen Stück stehen neben professionellen Schauspielenden die Mitarbeitenden der Sogar Bar auf der Bühne: Lubna Abou Kheir, Amine Diare Conde, Catriona Guggenbühl, Khalil Hamidi, Eleni Haupt und Aeneas Marti. Das Sogar Theater realisiert immer auf Ende der Spielzeit ein Projekt mit Menschen aus der Nachbarschaft. Regie führen Sibylle Burkart und Ursina Greuel.
Armut in der Schweiz
Amine, 23 Jahre alt, kam 2014 als Flüchtling in die Schweiz. Da sein Status nicht anerkannt wurde, konnte er weder die Schule besuchen noch arbeiten. Seit kurzem hat er aber eine gültige Niederlassung. «Ich beginne im August mit einer Lehre als Hochbauzeichner», freut er sich. Sein gutes Deutsch hat er im Sogar Theater gelernt, wo er Freiwilligenarbeit macht. In der Schweiz gefällt es ihm gut und er möchte bleiben.
Beim ersten Lockdown im Frühling 2020 erfuhr Amine, dass es auch in der reichen Schweiz Armut gibt. Er wollte etwas dagegen unternehmen und lancierte das Projekt «Essen für alle». Um die 800 Menschen kommen jeweils am Samstag Essen holen. «Es sind nicht nur Menschen, die gemäss Behörden nicht hier sein sollten, sondern auch Menschen, die aus Angst keine Sozialhilfe beziehen, und Schweizer Büezer», fasst er zusammen. Die Lebensmittel erhalten Amine und sein Freiwilligenteam durch Spenden und von Firmen. «Ich will die Armut sichtbar machen», betont er. Amine will sich auch in Zukunft für Menschenrechte engagieren, denn «alle Menschen sollen gleich behandelt werden».
Die Legende von Amine und Amanda. Aufführungen: 7. Juli, 19 Uhr, und 10. Juli, 17 Uhr. Sogar Theater, Josefstrasse 106. www.sogar.ch.