Am Hasenrain chlöpfts noch lange

Erstellt von Lisa Maire |
Zurück

Im politischen Streit um die Albisrieder Schiessanlage Hasenrain gewichtet der Stadtrat den bestehenden Mietvertrag mit der Schützengesellschaft Züri9 höher als das Anliegen einer Parlamentsmehrheit, die den Schiessbetrieb mittels Umzonung «abschiessen» möchte. 

Das Interesse rund um offene Fragen zur Schiessanlage Hasenrain ist gross. Nach zahlreichen Anfragen aus Politik und Quartier informiert das städtische Hochbaudepartement nun die betroffenen Parteien über den aktuellen Stand der Dinge. Ein Faktenblatt zu dem Schreiben an die Motionäre und die Schützengesellschaft Züri9 liegt auch «Zürich West» vor. Ausgangspunkt ist eine dringliche Motion der Gemeinderäte Pascal Lamprecht (SP) und Markus Baumann (GLP), die dem Stadtrat im Januar 2020 überwiesen wurde. Die Motion fordert, das betroffene Areal sei von der heutigen Erholungszone E1 in eine «Freihaltezone Parkanlagen und Plätze» umzuzonen. Dies würde das Aus für den Schiessbetrieb bedeuten. Ans Amt für Städtebau ging der Auftrag, eine entsprechende Vorlage inklusive Konzept für eine niederschwellige öffentliche Nutzung vorzulegen.

Öffentliche Nutzung erst 2031

Schnell ist die geforderte Umnutzung allerdings nicht zu haben: Eine öffentliche Nutzung sei nicht vor Ablauf des Mietvertrags mit der Schützengesellschaft Züri9 möglich, informiert das Hochbaudepartement (HBD) in seinem Faktenblatt zur Motion. Der Vertrag, ausgehandelt im September 2019 auf der Basis der «Strategie Schiessanlagen in der Stadt Zürich», trat demnach am 1. Januar 2021 in Kraft und gilt bis Ende 2026 – mit einer Option auf Verlängerung um weitere fünf Jahre. Der Schützenverein führt seither die Anlage in eigener Regie und bezahlt auch die teure Sanierung des Kugelfangs aus eigener Tasche. 

Die Situation vor Ort müsse insgesamt sehr differenziert betrachtet werden, so das HBD weiter. Denn neben den Bedürfnissen der Bevölkerung, «die zweifelsohne einen hohen Stellenwert haben», gelte es auch land- und forstwirtschaftliche Fragen sowie den Natur- und Gewässerschutz zu berücksichtigen. Das HBD verspricht aber: Eine Vorlage zur geforderten Teilrevision der Bau- und Zonenordnung (BZO) wird im dritten Quartal 2021 öffentlich aufgelegt. Noch im gleichen Jahr wolle der Stadtrat dann die Vorlage gemeinsam mit einem Nutzungskonzept an den Gemeinderat überweisen, so dass dieser Anfang 2022 darüber debattieren und beschliessen könne.

Das Nutzungskonzept wird zurzeit unter Federführung von Grün Stadt Zürich ausgearbeitet. Aufgrund des langen Zeithorizonts bis zum Ablauf des Mietvertrags verzichtet die Stadt aktuell auf ein Mitwirkungsverfahren. Die Quartierbevölkerung und Interessensgruppen sollen jedoch zu einem späteren Zeitpunkt, vor Ablauf des Mietvertrags, Gelegenheit haben, konkrete Nutzungswünsche ins Grundkonzept einzubringen.

Kanton hat letztes Wort

Das letzte Wort in der ganzen Angelegenheit hat jedoch die kantonale Baudirektion. Denn ihr obliegt die Genehmigung der kommunalen Nutzungspläne. Darauf hatte HBD-Vorsteher André Odermatt bereits im Rahmen der Ratsdebatte zur Motion hingewiesen. Mit Blick auf den raumplanerischen Grundsatz der Planbeständigkeit äusserte er Zweifel, ob es rechtmässig sei, die Planung schon wieder umzustossen. Denn das betroffene Hasenrain-Gebiet ist gerade erst im Zuge der BZO-2016 umgezont worden.

«Stadtrat eingeknickt»

Die Aussicht auf zehn weitere Jahre Schützenbetrieb am Hasenrain begeistert die Motionäre natürlich nicht. SP-Gemeinderat Pascal Lamprecht nimmt kein Blatt vor den Mund: «Der Stadtrat ist vor der Schützenlobby eingeknickt und foutiert sich um die Meinung der Ratsmehrheit», sagte er auf Anfrage von «Zürich West». Die geforderte Umnutzung hätte sich auch schneller realisieren lassen, sind die Motionäre nach eigenen juristischen Abklärungen überzeugt. Lamprecht hält jedoch ausdrücklich fest, dass man in ersten Vorstössen zur Zukunft des Hasenrains eigentlich eine einvernehmliche Lösung «für alle Bevölkerungskreise» anvisiert habe. Auf entsprechende Vorschläge – zum Beispiel eine unterirdische Anlage für Pistolenschützen anstelle der offenen 300-Meter-Schiessanlage – sei der Stadtrat aber gar nie eingegangen. Er habe es vorgezogen, mit dem Schützenverein einen Mietvertrag auszuhandeln, «statt vorgängig ein Mitwirkungsverfahren im Quartier durchzuführen».

Umso zufriedener sind nun die Schützinnen und Schützen. Dies bestätigt Thomas Osbahr, Präsident SG Züri9 und alt SVP-Gemeinderat. Allerdings sehe man das Ganze mit einem lachenden und einem weinenden Auge, fügt er an. «Zehn Jahre sind schnell vorbei». Man mache sich schon jetzt Gedanken, was danach mit dem stetig wachsenden Verein sein werde.