Die Gebärdensprache besteht nicht nur aus Gesten, sie ist bedeutend komplexer. An der Wollishofer «SEK3» wird sie von den Schülern zur Kommunikation genutzt.
In der Sekundarschule SEK3 im Wollishofer Oberstufenschulhaus Hans Asper werden gehörlose sowie schwerhörige Schülerinnen und Schüler zusammen mit Regelklassenschülerinnen und Schülern unterrichtet. Diese Institution existiert bereits seit 1958. Das Angebot umfasst die Bereiche Bilinguale Oberstufe, Teilintegrative Oberstufe und sozialpädagogisch geführte Wohngruppe.
Gebärdensprache benutzende gehörlose und schwerhörige Schülerinnen und Schüler besuchen den Unterricht in jahrgangsdurchmischten Lerngruppen und profitieren von einem bilingualen Angebot. Sie bewegen sich auch unter Schülerinnen und Schülern aus den Regelklassen (früher Volksschulklassen).
Gebärdensprache als Freifach
Damit diese Begegnungen und das Verständnis untereinander etwas erleichtert werden, hat sich die Co-Leitung der Sonderschule, Peter Bachmann und Ruedi Baumann, sowie der Schuleiter des «Hans Asper», Tibor Kalman, letzten Sommer entschlossen, einen neuen Weg einzuschlagen. Die Schule bietet im Rahmen von Freifach- und Begabtenförderungskursen einen Gebärdensprachkurs an. Die interessierten Jugendlichen, Hörende und Schwerhörige, die noch keine Gebärdensprache können, bleiben am Mittwoch freiwillig länger und nehmen von 12.45 bis 13.30 Uhr an diesem Kurs teil. Die rund 25 Teilnehmenden tun dies hauptsächlich aus Interesse an der Gebärdensprache, aus Respekt gegenüber Gehörlosen und um sie besser kennen zu lernen. Denn Annäherung geht nur durch Kommunikation. Die Gebärdensprache ist genau so schwierig zu erlernen wie jede Fremdsprache. Anstatt Wörter zu büffeln, gilt es, sich Gebärden zu merken. Lehrer Emanuel Nay – selbst gehörlos – unterrichtet an der «SEK3» bereits seit über zehn Jahren unter anderem die Gebärdensprache. Durch seine humorvolle Art macht er den Unterricht zu einer vergnüglichen Dreiviertelstunde.
Namen als Gebärde ausdrücken
In der von «Zürich 2» besuchten Unterrichtsstunde lernten die Schülerinnen und Schüler, wie man ihren Namen als Gebärde ausdrückt. Den Namen jedes Mal mit dem Fingeralphabet (das es zwar gibt) zu buchstabieren, wäre viel zu umständlich. Deshalb wird jedem Jugendlichen als Name eine spezifische Gebärde – wodurch die oder der Betroffene sich auszeichnet und woran man sie oder ihn sofort erkennt – zugeschrieben. Den daraus entstehenden Namen oder die Identifikation denken sie sich gemeinsam aus, gewissermassen einen Gebärdennamen.
Die Schülerinnen und Schüler produzieren laufend Filmclips mit Alltagsgebärden. Damit werden ihre Auftrittskompetenz und ihr Selbstvertrauen gefördert, wodurch sie wiederum besser von der Umwelt wahrgenommen werden. Die im Foyer gezeigten Videos mit lehrreichen Beiträgen den Alltag betreffend, saisonal geprägt, ohne Ton, jedoch mit Untertiteln, finden Anklang bei den Schülerinnen und Schülern aus den Regelklassen. Womit die erste Brücke schon geschlagen ist.
Respektvoller Umgang
Dass man sich gezwungenermassen anschaut beim Kommunizieren in Gebärdensprache und das Gegenüber somit bewusster wahrnimmt, ist bereichernd und fördert den respektvollen Umgang miteinander. Nach dem Ziel des noch neuen Angebotes des Gebärdensprachkurses gefragt, meinte der Co-Leiter Peter Bachmann: «Ziele dieser Massnahme sind ein besseres Verständnis zwischen den Jugendlichen und die betroffenen Schülerinnen und Schüler auf die Welt der Hörenden vorzubereiten. Die Koexistenz im Schulhaus Hans Asper ist auf gutem Wege und wird von der zuständigen Kreisschulpflege positiv bewertet und unterstützt.» Ein weiteres Projekt, das Peter Bachmann sehr am Herzen liegt, ist ein Gebärdencafé, ähnlich wie das Restaurant Blinde Kuh.
Apropos Respekt: Eine Projektwoche des Hans-Asper-Oberstufenschulhauses steht unmittelbar bevor: das «RESPEKTAKEL» für die kulturelle Vielfalt vom 6. bis 9. Juni. (Text und Foto: Jeannette Gerber)