AOZ möchte «Züri rollt» weiterbetreiben

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Chaostage rund um das Veloverleihsystem der Postauto-Tochter «Publibike». Alle Velos wurden eingesammelt, weil das elektronische Schloss leicht zu knacken war. Solche Probleme hat «Züri rollt» nicht. Auf Anfrage erklärt AOZ, man sei an einem Weiterbetrieb über 2018 hinaus interessiert.

Während die Negativschlagzeilen rund um die Veloverleihsysteme von «O-Bike» und «Publibike» nicht abreissen, ist «Züri rollt» schon viele Jahre eine Erfolgsstory. Einen Ausweis hinterlassen und mit einem der kultigen Velos loskurven. Es braucht kein Mobiltelefon, keine App, es werden keine Daten gespeichert, und man sorgt erst noch für Arbeit und Integration von Flüchtlingen. Doch Ende 2018 ist Schluss mit dem Angebot, der Vertrag mit dem städtischen Tiefbauamt läuft aus, wie Pio Sulzer erklärt. Der Sprecher des Tiefbau- und Entsorgungsdepartements (TED): «Vom Tiefbauamt erhält ‹Züri rollt› noch bis Ende Jahr 2018 eine finanzielle Unterstützung. Dies ist ein Gemeinderatsbeschluss. Eine Fortsetzung dieser Unterstützung ist nach aktuellem Stand nicht vorgesehen.»
Was aber wäre, wenn der Vertrag mit «Publibike» mit ihrem «Züri
Velo»-Angebot nicht weitergeführt würde wegen der aufgetretenen Probleme? Konkret geht es um schwerwiegende Informatik-Schwächen, welche das Einsammeln des gesamten Veloparks von «Publibike» nötig machten. Sulzer: «Der Markt entwickelt sich schnell. Wenn dieser Fall einträfe, müssten wir zum betreffenden Zeitpunkt eine Situationsanalyse vornehmen und unter Einbezug des Gemeinderats entscheiden, ob und wie die Dienstleistung eines automatischen Veloverleihsystems fortgesetzt würde und über welches Verfahren ein Anbieter zu bestimmen wäre.»

«Sind daran interessiert»
Seitens AOZ wäre man bereit, in die Bresche zu springen und das Angebot weiterzuführen. Bei der Ausschreibung war man gegen «Publibike», eine Tochterfirma der Postauto AG, noch unterlegen. Abteilungsleiter Thomas Schmutz zur Lokalinfo: «Die AOZ ist bei einem entsprechenden Auftrag daran interessiert, auch in Zukunft einen Gratis-Veloverleih im Rahmen eines Beschäftigungsprogramms für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen.»

300 000 Franken
Schmutz erklärt, dass «gemäss heutigem Stand der Dinge die Form des «Züri rollt»-Veloverleihs im Herbst 2018 beendet» werde. Quasi, um fit zu bleiben, betreibt «Züri rollt» in der Velostation Europaplatz weiterhin in einem sehr kleinen Rahmen einen ganzjährigen Veloverleih.
Der aktuelle Unterstützungsbeitrag des Tiefbauamtes beläuft sich auf jährlich 300000 Franken. Im Prinzip könnte der Gemeinderat aufgrund eines politischen Vorstosses einen Beschluss fassen, damit «Züri rollt» weitergeführt werden könnte.
Wie entscheidend ist in diesem Zusammenhang der Wechsel an der Spitze des TED vom bürgerlichen Filippo Leutenegger (FDP) zum linken Richard Wolff (AL)? Fanden schon Gespräche statt mit Richard Wolff, das Angebot in irgendeiner Form weiterzuführen? Ohne Zweifel hat Wolff einen anderen politischen Kontext bei der Flüchtlingsfrage als sein Vorgänger Filippo Leutenegger. Sulzer gibt sich zurückhaltend. Nur so viel: «Stadtrat Wolff ist daran, sich in alle Dossiers des TED einzuarbeiten, auch dieses gehört dazu.» (ls.)

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Der Kommentar dazu:

Fehlentscheid

Das Veloverleihsystem von «Publibike» unter dem Namen «Züri-
Velo» ist ein Flop. Die Postauto-Tochter musste alle auffindbaren Velos einsammeln. Grund: Die elektronischen Schlösser liessen sich verblüffend einfach knacken. Nun suchen die Verantwortlichen fieberhaft nach einer Lösung ihres Informatik-Desasters. Doch warum geschah der Riesenbock? Offeriert hat «Publibike» bei der Stadt Zürich ursprünglich eine Lösung mit fixen Andockstationen. Erst später erfolgte die Umstellung von fixen Stationen auf eine Art von Free-Floating-System, also ohne Andockstationen. «Eine Art» darum, weil man die Velos trotzdem an die vorgesehenen Orte zurückbringen musste. Ein klassisches Free-Floating-System, wie es etwa Limebike (mit den grünen Velos) oder Smide (mit den schnellen E-Bikes) anbietet, funktioniert ohne Stationen. Warum hat die Stadt einem veralteten System den Vorzug gegeben? Im Nachhinein ist klar, warum bei der Ausschreibung unterlegene Kontrahenten bis vor Bundesgericht gelangten. Unisono heisst es, dass «Publibike» viel zu tief offerierte. Dies war nur möglich, weil die Postauto Schweiz-Tochter quersubventioniert wurde. Jetzt läuft eine Strafuntersuchung. Offen bleibt die Frage, warum ein Staatsbetrieb beim Veloverleih Private konkurrenziert. Und warum wurde da Stadtrat Filippo Leutenegger nicht hellhörig? Man habe gemäss Submissionsgesetz den «Anbieter mit dem besten Preis-/Leistungsverhältnis» nehmen müssen. Jetzt muss man sagen: Die Leistungen wurden nicht erfüllt, zumal die Velos mit den kleinen Rädli auch technisch nicht top sind. Könnte nun das altbekannte «Züri rollt» in die Bresche springen? Das Veloverleihsystem funktioniert seit Jahren bestens. Freilich müssten nun Politik und Verwaltung rasch Hand bieten. Denn eigentlich wäre Ende 2018 Schluss mit jenem Angebot.

Lorenz Steinmann, Redaktor