Der Quartierverein Oerlikon verlangt, dass historische Industriezeugen wie der Hochkamin erhalten bleiben, wenn das Gebiet Bahnhof Oerlikon Nord neu überbaut wird. Er hat dem Präsidium der zuständigen Gemeinderatskommission eine Resolution übergeben.
Erwartungsvoll stehen Monika Wicki, neue Präsidentin des Quartiervereins Oerlikon, und Christian Relly, ehemaliger Präsident, vor der Halle 9. Ann-Catherine Nabholz, GLP-Gemeinderätin und Präsidentin der zuständigen Kommission, nimmt die vom Quartierverein Oerlikon verfasste Resolution zur Erhaltung weiterer industriegeschichtlicher Bauzeugen in Neu-Oerlikon entgegen. Die Kommissionsmitglieder hätten das Areal, für welches die Eigentümer ABB, AXA und Kanton zusammen mit dem Amt für Städtebau einen Masterplan Sonderbauvorschriften entwickelt haben, persönlich angeschaut, meint Nabholz.
Grössere Rücksichtnahme
Das Gebiet nördlich des Bahnhofs Oerlikon soll in den nächsten Jahren grundlegend umgestaltet werden. Vorgesehen sind kulturelle, quartierbezogene und öffentliche Nutzungen (wir berichteten). Im letzten Frühling hat das Amt für Städtebau zusammen mit den Grundeigentümern eine Teilrevision der Sonderbauvorschriften vorgelegt. Der Vorstand des Quartiervereins Oerlikon, der Vorstand des Ortsgeschichtlichen Vereins Oerlikon sowie einzelne Vereinsmitglieder haben Stellung genommen und insbesondere grössere Rücksichtnahme auf die Bauzeugen der industriellen Vergangenheit verlangt. Alle Stellungnahmen wurden nicht berücksichtigt. Die Teilrevision der Sonderbauvorschriften wurde vom Stadtrat beschlossen und dem Gemeinderat überwiesen.
Neu unter Schutz stehen gemäss Teilrevision Teile der Halle 550 und das Gebäude 87T (ABB Historic Building). «Der Erhalt dieser beiden Zeitzeugen ist aus Sicht der Planungsbeteiligten ein wertvoller Beitrag an das künftige Quartierbild und eine stimmige Reminiszenz an die industrielle Vergangenheit von Neu-Oerlikon», betont Lukas Matt, Mediensprecher von ABB. «Bei der Revision der Sonderbauvorschriften handelt es sich um ein sorgfältig austariertes Gesamtwerk, das eine Weiterentwicklung zu einem durchmischten, lebenswerten und nachhaltigen Quartier ermöglicht.» Alle relevanten Fachstellen, darunter die städtische Denkmalpflege, seien in den Planungsprozess integriert gewesen. «Der Erhalt von wichtigen Industriezeugen war und ist dabei ein zentrales Thema.» Das Amt für Städtebau hielt bereits zu einem früheren Zeitpunkt fest, dass auf weitere Unterschutzstellungen in einer gesamtheitlichen Abwägung verzichtet werden musste.
Der Quartierverein Oerlikon schätzt den (teilweisen) Erhalt der beiden Gebäude. Allerdings genügt ihm das nicht. «Es braucht die Erhaltung weiterer ehemaliger Industriebauten, insbesondere des Ensembles mit dem letzten Hochkamin.» Er lehnt deshalb die Teilrevision der Sonderbauvorschriften in der vorliegenden Form ab. Auf dem Areal mit dem Hochkamin plant die Stadt im Übrigen gemeinnützigen Wohnungen. Vermutlich nach den Sommerferien kommt die Weisung im Rat zur Debatte.
«Wenn der Gemeinderat diese in der vorliegenden Form genehmigt, verschwinden weitere bauliche Zeugen der grossen industriellen Vergangenheit Oerlikons», hält der Quartierverein fest. «Wir wehren uns dagegen, dass nun nochmals das Gleiche geschieht wie vor gut zwanzig Jahren und die Zeugen der Vergangenheit rücksichtslos beseitigt werden.» Die Mitglieder des Quartiervereins Oerlikon stimmten an der Mitgliederversammlung der Resolution zu.
«Nicht um jeden Preis verdichten»
Auch Gemeinderäte unterstützen diese. Auf Anfrage teilt Ernst Danner, Gemeinderat EVP, mit: «Die EVP Zürich 11 und 12 hat sich bereits im Rahmen des Einwendungsverfahrens zu den Sonderbauvorschriften klar für die Erhaltung der noch vorhandenen historischen Industriebauten eingesetzt, darunter die ehemalige Heizzentrale mit Hochkamin und umgebenden Bauten.» Heidi Egger (SP) unterstützt die Resolution des Quartiervereins ebenfalls. «Ich bin auch der Meinung, dass mehr Industriezeugen erhalten bleiben sollten.» Reto Brüesch (SVP) weist darauf hin, dass die Stadt entscheiden müsse, ob sie immer mehr verdichten wolle, um weitere Menschen anzuziehen oder ob sie alte Industrie-Bauzeugen bewahren wolle. «Für die SVP ist klar, verdichten um jeden Preis ist der falsche Weg.»