Befürworter stellen Rosengartenprojekt vor

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Regierungsrätin Carmen Walker Späh sowie Fachleute aus der Verwaltung informierten in den Quartieren Unterstrass und Wipkingen über das «Jahrhundertprojekt». An die Urne kommt die 1,1 Milliarden teure Vorlage am 9. Februar.

Schon seit ein paar Jahren bekräftigt Regierungsratspräsidentin Carmen Walker Späh, die selber in Wipkingen wohnt, dass es nur eine Lösung gebe am Rosengarten: Tunnel und Tram. «Es gibt keinen Plan B», hielt sie auch anlässlich der Projektpräsentation in den Quartieren Unterstrass und Wipkingen fest. Was prompt Gemurmel und vereinzelte Zwischenrufe «Erpressung» provozierte. Doch Walker Späh fuhr unbeeindruckt fort. Es gebe auch kein Entweder-oder.
Wenn das kantonale Stimmvolk am 9. Februar Ja sagt, soll mit dem Tunnel in fünf bis sechs Jahren begonnen werden. Erst danach wird die Tramlinie erstellt. Das Projekt wird frühestens 2032 fertig sein.

2,3 Kilometer Tunnel
Worum gehts denn überhaupt bei diesem Milliardenprojekt? Auf der Rosengartenstrasse verkehren heute bis zu 56 000 Fahrzeuge pro Tag. 94 Prozent macht laut Experten des Kantons der Verkehr mit Start oder Ziel in der Stadt aus. Sie ist keine Transitachse mehr wie vor dem Bau der Westumfahrung mit Üetlibergtunnel vor über zehn Jahren. Der geplante Rosengartentunnel soll weite Teile der Anwohnerschaft vom Lärm entlasten. Dazu ist ein 2,3 Kilometer langer Autotunnel geplant: 1,4 Kilometer vom Wipkingerplatz bis zum Bucheggplatz und 0,9 Kilometer vom Bucheggplatz bis zum Irchel. Er soll ungefähr 80 Prozent des Autoverkehrs von der Rosengartenstrasse aufnehmen, sodass dort Platz für das Tram entsteht. Die beiden Röhren zwischen Wipkingerplatz und Bucheggplatz sind baulich getrennt mit je zwei Spuren. Bis zum Portal Irchel folgt eine zweispurige Tunnelröhre mit Gegenverkehr und einer Sicherheitsspur. Diese sei nicht für den Verkehr gedacht, wie Walker Späh betonte. Beim Bucheggplatz ist ein sogenannter Halbanschluss geplant. Die Tunnelröhren kommen zwischen Rötel- und Tièchestrasse ans Tageslicht – dort, wo jetzt ein Wäldchen steht. Neu gibt es beim Berninaplatz von der Schaffhauserstrasse einen Abzweiger auf der Bülachstrasse, der den Verkehr zum Irchelportal leitet. Der Rosengartentunnel ersetzt den Hirschwiesentunnel. Der Bucheggplatz kommt ohne Kreisverkehr aus. Die Rosengartenbrücke kann abgebrochen werden. «Insgesamt bleibt die heutige Kapazität von 56 000 Fahrzeugen pro Tag erhalten», hielt die Volkswirtschaftsdirektorin fest. Es gebe keinen Mehrverkehr. Dies habe der Kanton der Stadt zugesichert. Der Rosengartentunnel soll 53 000 Fahrzeuge pro Tag schlucken, sodass nur noch 3000 Fahrzeuge pro Tag oberirdisch verkehren. Dies, obwohl die oberirdische Strecke kürzer ist. Kanton und Stadt wollen die Verkehrsmengen laufend überwacht. Flankierende Massnahmen sollen Schleichverkehr in den Quartieren verhindern. Die Planung der Tunnelportale sei noch nicht abgeschlossen. Insgesamt müssen 12 Liegenschaften abgebrochen werden, wie die Fachleute auflisteten.

Zwei neue Tramlinien
Oliver Tabbert von den VBZ stellte das Tramprojekt vor. Das Rosengartentram schaffe eine durchgehende Verbindung zwischen Albisriederplatz und Milchbuck. Es entstehen rund 3,1 Kilometer Neubaustrecke, die das Tram Hardbrücke ergänzt. Dank zwei neuer Tramlinien erhalten die Fahrgäste vermehrt Direktverbindungen. Geplante neue Linien sind: Leutschenbach–Milchbuck–Albisriederplatz–Altstetten und Hirzenbach–Milchbuck–Albisriederplatz–Kalkbreite. Zudem soll die Linie 9 neu vom Bucheggplatz über Milchbuck–Bellevue ins Triemli fahren. Auch am Albisriederplatz gibt es gemäss Tabbert mehr Direktverbindungen. Zudem soll dort dank Verlagerung der Haltestellen in die Strassen mehr Platz entstehen. Die Hoheit über die Rosengartenstrasse wird nach Abschluss des Projekts die Stadt haben. Tempo 30 ist ein Thema.

Neu eine Art VBZ-Bahnhof
Am Milchbuck sollen die vier Tramlinien neu nebeneinander und nicht mehr hintereinander halten. Dafür müssten aber 3000 Quadratmeter des Irchelparks weichen. Der Bucheggplatz soll zu einem Stadtplatz werden, wie eine kurzfristig für Stadtrat André Odermatt eingesprungene Vertreterin der Stadt erklärte. Odermatt will, wie alle seine Stadtratskollegen, nicht aktiv in den Abstimmungskampf eingreifen (siehe Artikel unterhalb des Kommentars). Entlang der Strecke soll es Bäume geben. Sowohl für die Situation am Milchbuck als auch für diejenige am Bucheggplatz gibt es noch keine aussagekräftigen Visualisierungen. Dass dieses Projekt eine Grossbaustelle zur Folge hat, war den Anwesenden klar. Sie befürchteten vor allem, dass der ganze Verkehr während der Bauzeit über den Röschibachplatz geleitet wird. Walker Späh verglich die Situation mit der Einhausung Schwamendingen. Nachher entstehe etwas «Schönes». Noch sei man am Abklären, wo es Installationsplätze gibt.

Der Kanton finanziert fast alles
Die Gesamtkosten für dieses Jahrhundertprojekt, wie Walker Späh betonte, liegen bei rund 1148 Millionen Franken. Davon finanziert der Kanton rund 1100 Millionen Franken, die Stadt rund 48 Millionen Franken. Der Bund hat ähnliche Projekte in seinem Agglomerationsprogramm bisher mit rund 30 bis 40 Prozent der kantonalen Kosten unterstützt, wie Walker Späh ausführte.

Ein Spezialgesetz
Angesichts des dringenden Handlungsbedarfs, so Walker Späh, soll möglichst früh ein Grundsatzentscheid gefällt werden. Aufwendige und kostenintensive Detailplanungen sollen erst nach dem Volksentscheid in Angriff genommen werden. Am 9. Februar wird über Folgendes abgestimmt: Rahmenkredit von 1,1 Milliarden Franken und das Rosengarten-Verkehrsgesetz. Beides muss angenommen werden.

Geschichte des Rosengartens

Die Rosengartenstrasse wurde bis 1972 zur vierspurigen Hauptverkehrsstrasse ausgebaut – als Provisorium für den Durchgangsverkehr. Später sollte es das nie realisierte Ypsilon-Autobahnprojekt ablösen. Viele Beteiligten standen dahinter, auch der Quartierverein und die Bevölkerung. Doch bald wurde die Kritik wegen Lärm und schlechter Luft – mit der Zunahme des Verkehrs – immer lauter. Als flankierende Massnahmen gegen den Verkehrslärm wurden bis 1979 für rund 9 Millionen Franken Schallschutzfenster eingebaut und 1992 mit zwei kurzen Lärmschutzwänden ergänzt. Schon 1977 entstanden erste Studien, wie man das Provisorium verbessern könnte. 1975 wurde der Verkehr auf Initiative der Quartiergruppe «Westtangente» mehrere Male zum Erliegen gebracht. 1997 machte der Verein «Rosengartenforum» mit der Aktion «25 Stunden Ruhe» auf der Westtangente auf die unbefriedigende Situation aufmerksam. 2007 wurde die Rosengartenstrasse nochmals für eine Stunde gesperrt. Heute ist sie mit bis zu 56 000 Fahrzeugen täglich eine der am stärksten befahrenen Schweizer Strassen in einem Wohngebiet. (pm.)