Büro-Haus (29 Jahre): Zuerst die Kunst, dann der Abbruch

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Seit heute Donnerstag wird mit dem «Orion 1»-Bürogebäude in Zürich-West ein Mahnmal an die Architektur der 80er Jahre plattgemacht. Vor dem Abriss gestalteten Künstler einige Büros um.

Keine 30 Jahre alt wurde der mit schweren Granitplatten geschmückte Bürotrakt «Orion 1» in Zürich-West. Seit heute Donnerstag knabbern Bagger an den Liegenschaften Förrlibuckstrasse 178/180 und Hardturmstrasse 181, 183, 185. Sie werden durch einen Neubau ersetzt. Besitzerin ist die PSP Swiss Property, die aus den Brauerei-Hürlimann-Immobilien hervorgegangen ist. Gegenüber der «NZZ» hiess es von der PSP, man habe die Möglichkeit einer Totalsanierung geprüft, entschied sich dann aber auch aus wirtschaftlichen Gründen für eine Neuüberbauung. Das Gebäude hatte schon länger einen schlechten Ruf. 30 bis 40 Prozent der Büros standen jahrelang leer. Einer der Gründe laut «NZZ»: Wegen der schlechten Isolation war es im Sommer in den Gebäuden so heiss wie in einem Backofen, dafür war der Energieverbrauch im Winter hoch. Und die niedrigen Räume waren in grosse, unflexible Einheiten zusammengefasst. Der Neubau inklusive Hochhaus wird laut PSP ein modernes Geschäftshaus, «das den heutigen Anforderungen an flexible Gestaltung der Bürogrundrisse und Nachhaltigkeit gerecht wird». Die Investitionssumme wird sich auf rund 130 Millionen Franken belaufen. Trotzdem gibt es Kritiker, die den Abriss eines so jungen Gebäudes infrage stellen. Denn die verlorene graue Energie durch die Substituierung anstelle der Sanierung ist eine schwere Bürde für jedes Projekt.

Da macht es umso mehr Sinn, dass PSP die Räumlichkeiten kurz vor Abriss noch Künstlern zur Verfügung stellte. Das Kollektiv «Sollbruchstelle» hat sich dabei einen hervorragenden Ruf erarbeitet. «Sollbruchstelle» nennt die freischaffende Fotografin Nikkol Rot ihr Kunstprojekt, das bei «Orion 1» schon in die vierte Realisierung ging. Bekannt wurde es etwa mit der künstlerischen Gestaltung des ehemaligen Restaurants Bierfalken. Mittlerweile steht ein professionell aufgestelltes Team hinter «Sollbruchstelle», die Sponsorenliste ist lang, und die Kunstausstellung im «Orion 1» besuchten mehrere 1000 Leute. «Ein riesen Erfolg», wie es auf Anfrage von der Mediensprecherin hiess. Ein Augenschein zeigte, dass die mehrheitlich für die Ausstellung entstandenen Kunstwerke den kritischen Übergang von einem Altbau zu einem Neubau absolut erfahrbar machten. Das Ziel wurde erreicht. Wie der Neubau ankommen wird, ist aber noch offen (ls.)