Das erste Jahrhundertprojekt dieser Art

Erstellt von Béatrice Christen |
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Auf dem Hönggerberg wurde vor einigen Tagen das Waldlabor mit einem Festakt eröffnet. Hier steht das Baum- und Waldwachstum im Zentrum. Das Waldlabor ist für jedermann zugänglich. Es werden Führungen angeboten, und verschiedene Anlässe sind schon geplant.

Auf dem Hönggerberg wurde mit dem Waldlabor als erstes Projekt dieser Art in der Schweiz ein Ort geschaffen, der in den nächsten hundert Jahren sowohl die Waldbewirtschaftung als auch das Baum- und Waldwachstum langfristig aufzeigen soll. Das Waldlabor umfasst eine Fläche von 150 Hektaren und ist frei zugänglich. Es ist ein Lern-, Erlebnis- und Forschungsort. Für Studierende kann es zum grünen Klassenzimmer im Freien werden, für Waldbesucher zum Erlebnisraum. Forschende können das Reallabor als offenen Raum für Experimente nutzen.
Den Auslöser zu diesem Projekt gab das 100-Jahr-Jubiläum von Wald Zürich. Der Waldfachmann Andreas Bernasconi von der Pan Bern AG und Felix Keller vom Verband der Waldeigentümer Wald Zürich hatten damals die Vision, ein nachhaltiges Waldprojekt mit historischen, aktuellen und zukünftigen Formen der Waldbewirtschaftung zu realisieren.

Ateliers im Waldlabor
Die Aufbauphase des Waldlabors hat bereits im Jahr 2018 begonnen und dauert noch bis 2025. Hinter dem Projekt steht der Verein Waldlabor. Erster Geschäftsführer ist Martin Brüllhardt, der soeben seine Doktorarbeit an der ETH auf dem Gebiet Waldbau abgeschlossen hat. Zur Trägerschaft gehören Stadt und Kanton Zürich, Wald Zürich, der Verband Zürcher Forstpersonal, die ETH Zürich und die eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft sowie mehrere Partner und Sponsoren.
Mitten im Wald laden sechs Stationen – die Ateliers – zum Forschen und Staunen ein. So befasst sich eine mit der Bewirtschaftungsform des Mittelwaldes und der Pflege seiner Hauschicht. Im Arboretum findet sich eine Sammlung von Gehölzarten wieder. Hier werden die Eigenschaften der verschiedenen Arten präsentiert. An einer anderen Station werden die Stockwerke des Waldes vorgestellt. Auch wird die Messung des Waldes mit einfachen Mitteln gezeigt.
Das vorletzte Atelier ist dem Eschentriebsterben gewidmet. Und schliesslich wird an der letzten Station die Funktion des Waldlabors beleuchtet. Waldfachmann Andreas Bernasconi betont: «Die übergeordnete Idee des Waldlabors ist die Schaffung eines erlebnisorientierten Bildungs- und Forschungsorts, an dem sich Interessierte, ob Waldprofis oder Laien, mit Fragen und Projekten einbringen können.»

Warum auf dem Hönggerberg?
In Bezug auf den gewählten Standort erklärt Andreas Bernasconi, dass der Hönggerberg ideal sei. Nicht zuletzt, weil die beiden grossen Waldeigentümer – Kanton und Stadt Zürich sowie private Waldbesitzer – das Vorhaben von Anfang an unterstützt hätten. Dazu sei gekommen, dass es auf dieser kompakten Fläche möglich sei, die Formen der Waldwirtschaft räumlich nahe zu praktizieren. Auch liege das Gebiet direkt vor den Toren der ETH, womit sich Synergien ergeben für Lehre und Forschung. Auf die Frage, ob mit einem enormen Zustrom von Interessenten zum Waldlabor gerechnet werde, sagt Geschäftsführer Martin Brüllhardt, dass sich das weisen werde.

Pflanzaktion von Eichen
Der Verein Waldlabor werde für eine umsichtige Organisation der Besuchergruppen besorgt sein und sich auch um das Abfallproblem kümmern, falls es dazu kommen würde. Die Kosten für die Konzeption, Planung und Einrichtung für die Jahre 2018 bis 2025 des Waldlabors betragen inklusive Eigenleistungen der Trägerschaft gut zwei Millionen Franken. Der Verein Waldlabor rechnet mit einem Jahresbudget von 70 000 Franken. Es ist bezeichnend, dass die offizielle Eröffnung des Freilichtlabors mitten im Wald vor der Holderbachhütte stattfand. Grussbotschaften von Vertretern des Waldes und der Trägerschaft prägten die Szene, als die Tafel mit den Standorten der Ateliers im Waldlabor enthüllt wurde. Bevor sich die geladenen Gäste dem Apéro widmen durften, stand noch eine spezielle Pflanzaktion auf dem Programm. Es galt, sechs junge Eichen zu pflanzen.
Vertreter der Sponsoren übernahmen diese Aufgabe und setzten die jungen Bäume sorgfältig in die Erde, und das ganz in der Nähe einer mächtigen Eiche, die seit über hundert Jahren im Boden verwurzelt ist. Wenn die Natur es will, werden die jungen Bäume die nächsten hundert Jahre überleben und als Zeichen des im Jahr 2020 eröffneten Waldlabors in die Geschichte ein-
gehen.