Annette Bhagwati, die seit bald einem Jahr das Museum Rietberg leitet, hat bereits als kleines Mädchen im geteilten Berlin ihr Interesse für die Kunst Afrikas und Ozeaniens entdeckt.
Annette Bhagwati ist eine charismatische Persönlichkeit mit Charme und einer verbindlichen und entschiedenen Art – Voraussetzungen für eine Führungsposition. Sie ist in Berlin geboren und aufgewachsen, heute lebt sie in Wädenswil. Ihr Ehemann Sandeep Bhagwati, Sohn einer deutschen Mutter und eines indischen Vaters, ist Komponist, Autor und Professor an der Concordia University in Montreal. Sie haben drei Kinder: einen Sohn, 18, und zwei Mädchen, 13 und 16 Jahre alt.
London, Berlin, Montreal …
Bhagwati studierte Ethnologie, Kunst und Literatur Afrikas sowie Kunstgeschichte und Geografie und promovierte an der School of Oriental and African Studies in London. Seit 2012 war sie am Haus der Kulturen der Welt in Berlin als Leiterin von kuratorischen Forschungs- und Langzeitprojekten tätig. Von 2001 bis 2006 realisierte sie zahlreiche Ausstellungsprojekte zur Kunst und Fotografie, u. a. aus Afrika, Indien Südostasien und dem arabischen Raum.
Zwischen 2009 und 2012 lehrte Annette Bhagwati an der Concordia University in Montreal am Institut für Kunstgeschichte Ausstellungsgeschichte nichtwestlicher Kunst. Sie wird als Referentin und Moderatorin an Tagungen und Kongressen international geschätzt. Für ihre Studien und Forschungen reiste sie nach Benin (Westafrika), Indien, Singapur, Indonesien, Thailand und Vancouver (Kanada). Während anderthalb Jahren hielt sie sich zu Forschungszwecken in Nordbenin, in einem Dorf in den Bergen auf. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit untersuchte sie Fragen der Ästhetik in der lokalen Erzählkultur und der politischen Rede. Ein einheimischer Assistent unterstützte sie dabei sprachlich und mit lokalem Wissen. «Ein Glück», wie sie sagt.
Die Frage, wann sie sich entschlossen hatte, die Kunstwissenschaft für ihr Studium zu wählen, beantwortete sie so: «Ich war im damalig geteilten Berlin im Westen geboren, und da gab es nicht viele Möglichkeiten, die freie Zeit zu verbringen. Meine Eltern nahmen mich schon als kleines Mädchen oft mit ins Ethnologische Museum. Da entdeckte ich, dass mich die Kunst Afrikas und Ozeaniens speziell interessierten. Somit war mir schon früh klar, welche Studienrichtung ich wählen würde.»
Corona bedeute «Vollbremsung»
Sich für das Museum Rietberg zu entscheiden sei ihr leichtgefallen: «Die Tatsache, dass das Museum Kunst und Kunstgeschichte aus der ganzen Welt, aus aller Herren Länder versammelt, war ausschlaggebend. Da ist unsere grosse Stärke. Motiviert war ich durch das Spezialgebiet afrikanischer und indischer Kunst, aussereuropäischer Kunst. Das Museum Rietberg ist international wegweisend und zukunftorientiert. Und ich bin sehr glücklich hier.»
Auf die Frage, was Corona für das Museum bedeutete, fiel ihr ein einziges Wort ein: «Vollbremsung! Im Moment der Schliessung hielten wir kurz inne, machten uns aber hinter der Kulisse gleich an den Ausbau des digitalen Bereichs, erstellten Dokumentationen über vergangene Ausstellungen und intensivierten die Vorarbeiten für zukünftige.» Im Moment sei sie gemeinsam mit den Kuratorinnen und Kuratoren beschäftigt, ein neues Konzept für die Sammlung zu erschaffen. Erwartungsfreudig meinte sie: «Das Herzstück des Museums, die Sammlung, wird einen neuen Auftritt erhalten.»
Als Dankeschön für das Publikum war nach der Öffnung, während der verbleibenden Tage im Mai, der Eintritt gratis. «Am 30. Mai fand dann die Eröffnung der Ausstellung «Schattentheater aus Java» statt, die noch bis Ende November dauert.