Das Klagelied über den Frühling 2021, der vom 1. März bis zum 31. Mai dauert, ertönt immer lauter. Dabei gibt es drei Fakten, die beweisen, dass der diesjährige Frühling in der Region Zürich gar nicht so schlecht war. Ein Blick in die Klimaaufzeichnungen.
Im Tagestakt überquerte in diesem Mai eine Regen- und Windfront nach der anderen die Schweiz. Mehr als drei Tage am Stück blieb es im diesjährigen Mai nie trocken. Dazu die unterkühlte Luft, die in diesem Frühling über Europa scheinbar einfach nicht so richtig warm werden will. Ein Jahr ohne Frühling: das Klagelied der Bevölkerung über den Frühling 2021, der vom 1. März bis zum 31. Mai dauert, ertönt immer lauter.
Tatsächlich erlebte ganz Europa und eben auch die Schweiz und somit Zürich einen ungewöhnlich kalten Frühling – vor allem im Direktvergleich mit den sehr warmen Frühlingen der letzten 10 bis 15 Jahre. Mit 8,1 Grad war der Frühling in Zürich der kälteste seit 8 Jahren. Der Frühling im Jahr 2013 war mit 7,4 Grad noch ein Stück kühler.
Auffällig waren die zahlreichen Frosttage, welche die Vegetation über sich ergehen lassen musste. Mit 18 Frosttagen wurden in Zürich sieben Frühlingsfrosttage mehr erfasst als in Durchschnitt der letzten 30 Jahre. Mehr Frosttage in einem Frühling gab es letztmals 2013 und 2006 mit je 21. Mit unglaublichen 32 Frosttagen war der Frühling 1958 seit Messbeginn im Zürich bisher am frostigsten.
Kaum Frühlingswärme
Neben den zahlreichen Frostnächten im diesjährigen Frühling waren auch die äusserst tiefen Nachmittagstemperaturen auffällig. Nur gerade an acht Tagen stieg das Thermometer in diesem Frühling in Zürich über die 20-Grad-Marke. Im Durchschnitt der letzten 30 Jahre gilt im Frühling die 20-20-Regel: 20 Tage mit mindestens 20 Grad. Davon war der Zürcher Frühling heuer meilenweit entfernt.
Dieser Wert ist im Vergleich mit der langjährigen Klimahistorie in Zürich aussergewöhnlich. In den letzten 140 Jahren gab es lediglich fünf Frühlinge, an denen die Quecksilbersäule noch seltener über 20 Grad stieg als in diesem Frühling. Letztmals im Frühling 1991, als es nur sechs Tage mit mindestens 20 Grad gab. Extrem war der Frühling 1980: damals gab es nur vier Tage mit frühlingshaften 20 Grad.
Doch neben all diesen Kenngrössen, die das Klagen über den unterkühlten Frühling 2021 erklären, gibt es auch Fakten, die beweisen, dass der Frühling 2021 in Zürich besser ist als sein Ruf.
1. Beweis: Einer unter vielen
Ein Blick in die Klimaaufzeichnungen von Zürich zeigt, dass Frühlingstemperaturen wie in diesem Jahr, früher keineswegs ungewöhnlich waren. Im Gegenteil: der diesjährige Frühling entspricht temperaturmässig mit 8,1 Grad ziemlich genau dem 30-jährigen Durchschnitt der Frühlinge der Jahre 1961 bis 1990. Seit Messbeginn 1864 waren 40 der knapp 160 Frühlinge kälter als der diesjährige.
Am stärksten wich die Temperatur im Mai von der Norm ab. Der Mai 2021 war fast drei Grad kälter als der Durchschnitt der letzten 30 Jahre. Wobei solche Abweichungen immer mal wieder auftreten. Letztmals waren die Maimonate der Jahre 2013 und 2019 ähnlich kühl.
Auch der April fiel unterkühlt aus. Die Temperaturen lagen rund anderthalb Grad tiefer als im Durchschnitt der letzten 30 Jahre – gleichzeitig war es der kühlste April seit mehr als 10 Jahren in Zürich. Der März hingegen entsprach temperaturmässig in etwa den Erwartungen. Einigen bleiben wohl auch die wiederholten Schneefälle bis ins Flachland im diesjährigen Frühling in Erinnerung.
Insgesamt vier Schneetage wurden in Zürich seit Anfang März verzeichnet. Das ist keineswegs ungewöhnlich, entspricht dieser Wert doch ziemlich genau dem Erwartungswert der letzten 30 Jahre. Zwischen 1961 und 1990 gab es im Durchschnitt sogar noch neun Schneetage pro Frühling.
2. Beweis: Er war nicht verregnet
An zwei von drei Tagen fiel im Mai 2021 Regen. Noch mehr Regentage in einem Mai gab es letztmals vor mehr als zehn Jahren im Mai 2010. Doch der Eindruck des verregneten Frühlings täuscht. Insbesondere März und April brachten unterdurchschnittlich wenig Niederschlag und auch nur vereinzelte Regentage, sodass der Frühling in Zürich insgesamt sogar zu trocken ausfiel.
Mit rund 220 Millimetern blieben die Regenmengen rund 20 Prozent unter der Norm der letzten 30 Jahre. Die insgesamt 33 Regentage entsprachen ziemlich genau dem langjährigen Durchschnitt. Der Mai war also verregnet, nicht aber der Frühling.
3. Beweis: Er war nicht trüb
Bis zum 20. Mai war der Mai äusserst sonnenarm. Im letzten Maidrittel zeigte sich die Sonne häufiger. Trotzdem erreichte die Sonnenscheindauer im Mai 2021 lediglich 80 Prozent des Erwartungswertes von rund 190 Sonnenstunden. Der graue Mai hinterlässt aber eine falsche Erinnerung an den gesamten Frühling. Dieser brachte nämlich sogar zu viel Sonnenschein im Vergleich der letzten 30 Jahre.
Die Vormonate März und April legten sonnentechnisch eine gute Basis, sodass am Ende ein Sonnenplus von knapp 50 Stunden resultierte. Im Vergleich: Zu den allgemein trüberen Frühlingen der Jahre 1961 bis 1990 betrug das Plus sogar satte 110 Sonnenstunden. Der Frühling 2021 war also alles andere als eine graue Maus.
Der Frühling lässt sich folglich nicht über einen Leisten schlagen. März und April waren über weite Strecken trocken und sonnig, der Mai hingegen häufig grau und nass. Während der März temperaturmässig noch durchschnittlich verlief, wichen die Temperaturen bis im Mai immer weiter vom Durchschnitt ab.
Von Ende März bis Ende Mai war temperaturmässig kaum eine Aufwärts-, sondern viel eher eine Seitwärtsbewegung zu beobachten. So wurden zwei der sechs wärmsten Frühlingsnachmittage bereits im März verzeichnet, einer im April und nur drei im Mai.