Der Frühling kommt zwei Wochen früher

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Der erste meteorologische Frühlingsmonat, der März, ist bereits weit fortgeschritten. Bisher war der März deutlich zu mild. Ursache für die milde Witterung war hauptsächlich eine dominierende Westwetterlage, bei welcher Tiefdruckgebiete in schneller Abfolge vom Atlantik kommend über Skandinavien zogen. Mitteleuropa wurde dabei aus Südwesten mit milder Subtropenluft bedient. Wintereinbrüche, wie sie sonst im März vorkommen können, blieben daher aus. Mitte März stellte sich eine über mehrere Tage anhaltende Hochdrucklage ein, welche für viel Sonnenschein und sehr milde Temperaturen sorgte. Das Wochenmittel (Durchschnitt aller Temperaturmessungen während sieben Tagen, Tag und Nacht) stieg daher das erste Mal in diesem Jahr über 8 Grad.

Start der Feldarbeit
Im Durchschnitt der Jahre seit 1991 lag das Wochenmittel Mitte März bei 6,3 Grad. Der Frühling 2017 ist verglichen damit bisher 2 Grad wärmer. Im Durchschnitt der Jahre 1961–
1990 erreichte das Wochenmittel Mitte März erst 4,2 Grad.
Bei diesem Vergleich ist der diesjährige Frühlingsbeginn sogar 4 Grad übertemperiert. So erstaunt es kaum, dass um den 20. März die Grünlandtemperatursumme bereits die magische Grenze von 200 erreichte –
sodass der nachhaltige Vegetationsbeginn eingeläutet wurde. Die Grünlandtemperatursumme ist eine Spezialform der Wachstumsgradtage, die in der Agrometeorologie verwendet wird. Sie wird herangezogen, um in Mitteleuropa den Termin für das Einsetzen der Feldarbeit nach dem Winter zu bestimmen.
Frühling
in drei Akten
Das Erreichen der Grünlandtemperatursumme von 200 gilt als Übergang vom Vorfrühling zum Erstfrühling (auch Mittfrühling). Die erste Phase des Frühlings, der Vorfrühling, startet bereits im Januar – häufiger im Februar oder Anfang März – mit der Blüte des Hasels, der Erle und des Schneeglöckchen. Als zweite Frühlingsphase folgt der Erstfrühling, gekennzeichnet durch die Blüte der Forsythie (ab einer Grünlandtemperatursumme von 200), der Blattentfaltung von Johannisbeere und später mit der Blüte von Kirsche und Birne.

Frühlingsboten
Die Wiesen ergrünen und die Birke setzt ihre Pollen frei, bevor sie, wie auch die Rosskastanie, austreibt. Der Blühbeginn der Birke ist heuer in Zürich auf den 24. März prognostiziert – aufgrund der milden Witterung rund 11 Tage früher als üblicherweise. Die Bauern beginnen mit dem Setzen von Kartoffeln und der Aussaat der Zuckerrüben. Die letzte Phase des Frühlings wird Vollfrühling genannt und präsentiert die Blüte des Flieders und später der Himbeere. Der Vollfrühling startet meist Ende Februar im Südwesten von Portugal und erreicht etwa 90 Tage später (Ende Mai) das etwa 3600 km entfernte Finnland. Er zieht in Europa also mit etwa 40 km pro Tag nordwärts. Wie in der Flora gibt es auch in der Fauna typische Frühlingsboten. Sobald im März die Sonne die Luft genügend erwärmt, trauen sich erste Insekten heraus. So ist der Marienkäfer ein typischer Bote des Frühlings. Sobald die Märznächte nicht mehr frostig sind und die Bodentemperatur über 5 Grad steigt, beginnt der Wanderzug der Kröten, Frösche und Molche zu einem nahe gelegenen stehenden Gewässer, um zu laichen. Vor allem regnerisches Wetter beschleunigt das Wanderverhalten. Bei Bodenfrost wird die Wanderung unterbrochen und die Tiere graben sich wieder ein. Zum Schutz der Tiere sind an gut frequentierten Strassen deshalb jetzt wieder Krötenzäune aufgestellt.
Zugvögel sind weitere Frühlingsboten. Dabei richten sich die verschiedenen Arten nach einem klaren Zeitplan. Star und Bachstelze künden den Vorfrühling an, Mauersegler und Nachtigall kehren häufig in der zweiten Aprilhälfte – also im Vollfrühling – zurück.
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer: Das Sprichwort deutet an, dass auch innerhalb einer Art nicht alle Individuen gleichzeitig heimkehren, wie die Vogelwarte Sempach berichtet. Die ersten Rauchschwalben werden häufig bereits um den 20. März gesichtet, der Hauptharst in der ersten Aprilhälfte und die letzten erst Ende Mai. Bei vielen Arten treffen die Männchen mehrere Tage vor den Weibchen ein, um einen guten Brutplatz zu ergattern.

Frühlingsindex
Meteo Schweiz «vermisst» mit der Hilfe von zahlreichen freiwilligen Beobachtern den Frühling jährlich höchst wissenschaftlich im Rahmen des Frühlingsindex. Dieser zeigt den Zeitpunkt der Vegetationsentwicklung im Frühling im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt.
Der jährlich ermittelte Index fasst die phänologischen Frühlingsphasen zusammen. Da die Temperatur für die Entwicklung der Pflanzen ein zentraler Faktor ist, eignet sich der Frühlingsindex als Mass für die Auswirkungen des Klimawandels auf die Vegetation. Der Frühlingsindex wird anhand von zehn verschiedenen phänologischen Frühlingserscheinungen ermittelt und jeweils Ende Mai berechnet. Darin fliessen die Beobachtungen ein, die im betreffenden Jahr an rund 80 Stationen in der Schweiz erfasst werden. Der Index zeigt so beispielsweise, dass sich die Vegeta-tion im Jahr 2016 im Frühling früher als im Mittel entwickelte.
Im Januar und Februar betrug der Vorsprung der Vegetation drei bis vier Wochen. Kälteeinbrüche verkleinerten den Vorsprung im März und April auf etwa eine Woche, und im Mai lag die Vegetationsentwicklung ungefähr im Durchschnitt, wie Meteo Schweiz schreibt.

Früher Frühling
Ein früher Frühlingsbeginn wie im vergangenen und heuer wieder im aktuellen Jahr ist in den letzten Jahren immer häufiger aufgetreten. Es ist eine direkte Folge des globalen Temperaturanstiegs, welcher auch die Frühlingstemperaturen in der Schweiz deutlich nach oben hievt. Ein Blick auf die Frühlingstemperaturen in Zürich seit 1901 zeigt, dass der Frühling heutzutage immer früher kommt.
In der 30-jährigen Periode 1901– 1930 überstieg das Wochenmittel erstmals Mitte Mai die 12-Grad-Grenze. Im Zeitraum 1931–1960 war dies im Durchschnitt vier Tage früher, am 10. Mai, der Fall, zwischen 1961 und 1990 dann jedoch wieder am 13. Mai. Die historischen Wetterdaten zeigen, dass während rund 90 Jahren die 12-Grad-Grenze im Frühling recht konstant jeweils zwischen dem 10. und 14. Mai überschritten wurde. In den 26 Jahren seit 1991 zeigt sich ein ganz anderes Bild. Das Wochenmittel überschreitet seither bereits am 26. April die 12-Grad-Grenze – mehr als zwei Wochen früher als noch in der Periode zwischen 1961 und 1990. (ros.)

Wetter, Klimawandel und Energiewende in Zürich: www.meteozurich.ch.