Die Arbeitsrechte in der Corona-Krise

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Die wegen des Coronavirus ausgerufene Pandemie hat gravierende Auswirkungen auf die Wirtschaft und das öffentliche Leben. Welche Rechte haben in diesen unruhigen Zeiten der Arbeitnehmer und die Arbeitnehmerin? Eine Auslegeordnung.

Das Obligationenrecht (OR) ist Teil des Schweizerischen Zivilgesetzbuches. Aufgrund der Fürsorgepflicht (OR 328 Abs. 2) hat die Arbeitgeberin zumutbare Massnahmen zum Schutz der Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu treffen. Darunter fällt auch die Selbstquarantäne, sollte eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter aus einem Risikogebiet (aktuell China, Iran, Norditalien, Südkorea) zurückgekehrt sein.

Gestützt auf das Weisungsrecht (OR 321d) kann der Arbeitgeber Telearbeit oder Homeoffice anordnen. Die Arbeitnehmenden müssen diese befolgen. Möglich ist auch die Anordnung, dass Überstunden oder Überzeit kompensiert oder Ferien bezogen werden müssen.

Beim Zwangsferienbezug sind die Interessen der Mitarbeitenden vom Arbeitgeber zu berücksichtigen. In diesen Fällen ist der volle Lohn geschuldet. Bei Kompensation von Überstunden und Überzeit ist das Einverständnis des Mitarbeiters vorausgesetzt. Die Arbeitszeiten gelten grundsätzlich gemäss Gesetz.

Der Arbeitgeber kann grundsätzlich auch ein Ferienverbot anordnen, da er den Zeitpunkt der Ferien bestimmen kann. Auch hier gilt: Der Arbeitnehmer ist anzuhören und auf ihn ist Rücksicht zu nehmen. Die Verschiebung von bereits vereinbarten Ferien ist aber nur aus schwerwiegenden Gründen gerechtfertigt. Ein Zwang zum unbezahlten Urlaub ist nichtig, also nicht erlaubt. Denkbar sind Betriebsferien, wobei diese frühzeitig (mindestens 14 Tage) im Voraus angekündigt werden müssen.

Bei Erkrankung gibt’s weiter Lohn

Erkrankt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter, trifft die Firma eine Lohnfortzahlungspflicht. Hat die Firma eine Krankentaggeldversicherung (KTG), greift diese nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Wartefrist (üblicherweise 30, 60 oder 90 Tage). Verfügt die Arbeitgeberin über keine Krankentaggeldversicherung, richtet sich die Dauer der Lohnfortzahlung nach den bestehenden Vorgaben, die kantonal unterschiedlich sind. Die so genannte Zürcher Skala (die auch für die Kantone Schaffhausen und Thurgau gilt) ist grundsätzlich arbeitnehmerfreundlicher als andere Skalen.

Heimgeschickt? Trotzdem Lohn

Verzichtet die Arbeitgeberin auf die Arbeitsleistung der Mitarbeitenden, muss der Lohn trotzdem bezahlt werden. Eine angeordnete Selbstquarantäne kann nicht über die KTG abgerechnet werden, wenn kein Krankheitsfall vorliegt. Das Gleiche ist der Fall, wenn die zuständige Behörde, also der Bundes- respektive Regierungsrat, gemäss dem Epidemiegesetz gegen einen Mitarbeiter eine Quarantänemassnahme verfügen sollte. Will der Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb der Arbeit fernbleiben, besteht für die Fehlzeit, also die Absenz, kein Lohnanspruch.

In folgenden Fällen muss der Arbeitgeber den Lohn (gemäss Obligationenrecht und während beschränkter Zeit) zahlen:

• Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin erkrankt in den Ferien und ist deshalb nicht reisefähig.

• Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin erkrankt in den Ferien am Coronavirus und ist deshalb nicht reisefähig.

• Der Betrieb muss aufgrund Lieferengpässen des Zulieferers eingestellt werden.

• Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin betreut ein am Coronavirus erkranktes Kind zu Hause (Art. 36 Arbeitsgesetz).

• Die Arbeitgeberin schickt den Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin vorsichtshalber nach Hause bzw. schliesst den Betrieb.

• Der Arbeitgeber verweigert Schutzmassnahmen und die Anwendung von Hygienevorschriften.

• Schulen und Kindergärten werden behördlich geschlossen. Der Arbeitnehmer muss die Kinder betreuen (Zivilgesetzbuch Artikel 276).

• Der Betrieb wird auf behördliche Anweisung geschlossen. Der Arbeitnehmer kann allerdings aufgrund seiner Treuepflicht dazu verpflichtet werden, die «verpassten» Arbeitszeiten nachzuholen.

Hier gibt’s keinen Lohn

Nun zu den Beispielen, bei welchen der Lohn nicht geschuldet ist, es also keinen Lohn gibt:

• Der Arbeitnehmer kann nicht aus den Ferien zurückkehren, weil die am Ferienort zuständige Behörde die Ausreise nicht erlaubt bzw. die Grenze schliesst (höhere Gewalt).

• Der Arbeitnehmer ist eine ängstliche Person und verweigert die Arbeit aus Vorsicht, weil er angesteckt werden könnte (Arbeitsverweigerung).

• Der Arbeitnehmer kann nicht zur Arbeit erscheinen, weil der öffentliche Verkehr reduziert oder eingestellt wird. Kann die Arbeit aber von zu Hause erledigt werden (Telearbeit), ist der Lohn geschuldet.

• Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin schickt aus Angst sein Kind nicht in die Krippe, sondern betreut es zu Hause und muss deshalb der Arbeit fernbleiben.

• Der (ganze) Wohnort des Arbeitnehmers wird unter Quarantäne gestellt.

Kurzarbeit, was bedeutet das?

Zum Thema Kurzarbeit. Um was geht es hier überhaupt? Die Arbeitslosenversicherung deckt den von Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmenden über einen gewissen Zeitraum einen Teil der Lohnkosten. Damit soll verhindert werden, dass infolge kurzfristiger und unvermeidbarer Arbeitsausfälle Kündigungen ausgesprochen werden. Im Gegensatz zur Arbeitslosenentschädigung werden die Leistungen an die Arbeitgeber ausgerichtet. Alle Arbeitnehmenden haben jedoch das Recht, die Kurzarbeitsentschädigung abzulehnen. Die Arbeitgeber müssen diesen Arbeitnehmenden weiterhin den vollen Lohn auszahlen.

Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco hat die Kantone nun angewiesen, Gesuche um Kurzarbeit bezüglich Coronavirus zu prüfen. Ordnet die zuständige Behörde eine Schliessung des Betriebes an oder verbietet sie den Zutritt zu bestimmten Gebäuden bzw. Arealen, ist zu prüfen, ob Kurzarbeitsentschädigung gefordert werden kann. Kurzarbeit ist vor allem auch von jenen Unternehmen zu prüfen, die wegen ihrer Geschäftstätigkeit keine Telearbeit (Homeoffice) anordnen können. Weiter sind folgende Fälle zu prüfen:

• Die Mitarbeitenden können ihre Arbeitszeit nicht einhalten, weil Transportbeschränkungen den Zu-gang zum Arbeitsort erschweren;

• Notwendige Roh-/Betriebsstoffe sind infolge Einfuhr-/Ausfuhrverbot nicht verfügbar oder es gibt Lieferschwierigkeiten;

• Keine Kurzarbeitsentschädigung beantragt werden kann, wenn Mitarbeitende aufgrund der Umstände (zum Beispiel geschlossene Krippen) ihre Kinder zu Hause betreuen müssen. (pd./zb. / Foto: mai.)

Infos Kantonaler Gewerbeverband:

www.kgv.ch

Infos Schweizerischer Gewerkschaftsbund:

www.sgb.ch

«Angemessener Schutz bei der Arbeit»

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seine Angestellten während der Arbeit angemessen zu schützen (ArGV3, Verordnung zum Arbeitsgesetz). Das kann durchaus beinhalten, dass der Betrieb Masken und ähnliche Schutzmaterialien zur Verfügung stellt. Es wird empfohlen, sich an die Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit zu halten (Fürsorgepflicht).

Im Gegenzug ist der Arbeitnehmer verpflichtet, über allfällige Krankheiten zu informieren (Treuepflicht). Die Unterstellung eines Betriebs unter die Quarantäne bzw. die Betriebsschliessung obliegt der Kompetenz des Kantonsarztes. Das unternehmerische Risiko bleibt bestehen. Es gibt keine Entschädigung für Umsatzeinbruch und Einkommensausfall. Haftungsfragen in Pandemiefällen sind gemäss kantonalem Recht geregelt. Der Kanton Zürich zum Beispiel kennt keine entsprechende Pflicht zur Haftung. Hingegen gibt es die Insolvenzentschädigung, die bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers Lohnausfälle decken kann. (Quelle: Kantonaler Gewerbeverband)