Die Baumvielfalt wertschätzen

Erstellt von Dennis Baumann |
Zurück

Dorfhistoriker Alfred Egli hat am kürzlich einen Spaziergang von Baum zu Baum unternommen. Das Küsnachter «Urgestein» bewies einmal mehr, wie viel es weiss – nicht nur von Geschichte, sondern auch über Pflanzen.

Wir begegnen ihnen jeden Tag, ohne es wirklich zu bemerken. Doch bilden sie die Basis für sämtliches Leben auf der Erde. Bäume, während des Alltags für die meisten nur Teil der Hintergrundkulisse. Am vergangenen Sonntag stellte der Küsnachter Dorfhistoriker Alfred Egli die Sauerstoff produzierenden Pflanzen für einmal in den Mittelpunkt. Doch wie heissen die Bäume in Küsnacht, woher kommen sie und was sind ihre Merkmale? Fragen, denen Egli gemeinsam mit seinen neun Interessenten nachging. Während zweier Stunden erkundete die Gruppe vom Dorfplatz aus bis runter zum Seehof und der Hornanlage verschiedenste Baumarten.

Zu Hause für Exoten

Auf der Tour stellte Egli über 40 Bäume vor. Als Experte möchte er sich allerdings nicht darstellen: «Ich bin kein Naturwissenschafter und auch kein Sachverständiger. Ich habe einfach Freude an Bäumen. Das ist meine ganze Motivation.» Startpunkt war der grosse Kastanienbaum auf dem Dorfplatz. Dieser sei über 50 Jahre alt, schätzt Egli. Der Küsnachter Dorfhistoriker ist der Präsident des Küsnachter Vereins für Ortsgeschichte und hat über Jahre hinweg sein Wissen über die Bäume Küsnachts aufgebaut. «Ich rede mit Förstern, Grundstückbesitzern oder informiere mich über andere Quellen. Mit der Zeit hat sich das bei mir angesammelt», so Egli. Vor seiner Pensionierung war er als Lehrer tätig. Die Freude, Wissen zu vermitteln, ist ihm keineswegs vergangen. Er hat bereits vor einigen Jahren eine Baumführung durch Küsnacht organisiert.

Für jedes Exemplar hat Egli eine Anekdote bereit. Selbst über nicht mehr existierende Bäume hat er etwas zu erzählen. Etwa der Mammutbaum, der einst vor der reformierten Kirche stand. 2008 musste er entfernt werden. Für eine breitere Treppe zum Eingang hoch mussten die Wurzeln des Mammutbaumes weichen.

Die Tour ging im Garten der reformierten Kirche weiter. Dort warteten Thujen, Eiben und weitere Baumarten. Auch Exoten sind in Küsnacht anzutreffen. Neben dem Kreisladen steht ein Katsurabaum. «Ein japanischer Baum, der auch unter dem Namen Kuchenbaum bekannt ist. Unser mildes Klima ist für ihn kein Problem», erklärt Egli.

Unten im Seehof ging es exotisch weiter. Der japanische Losbaum zeigt sich vor allem im September in seiner vollen Pracht. «Den Duft verspürt man schon von weitem. Der Losbaum ist sein Besuch allemal wert», sagt Egli.

Von Fribourg nach Küsnacht

Die letzte Station der Baumführung war eine Linde auf der Hornanlage. «Nicht irgendeine Linde», sagt Alfred Egli, der dieses Jahr 90 geworden ist. Denn sie wurde extra aus Fribourg nach Küsnacht transportiert. Eine ­Hommage, an eine Ballade des ­Küsnachter Dichters Johann Jakob ­Reithard. In der Ballade «Die Linde zu ­Freiburg» hält er die Legende des Läufers von Murten fest. In der Schlacht von ­Murten 1476 griff Karl der Kühne, Herzog von Burgund, die Eidgenossenschaft an. Letztere gingen siegreich aus dem Kampf hervor. Glaubt man der Legende, so wurde ein Bote damit beauftragt, die Siegesbotschaft nach Fribourg zu überbringen. Nach einem 17 Kilometer langen Lauf brach der Bote vor den Toren des Fribourger Rathauses zusammen und verstarb. In seinem Hut ein Samen einer Linde.

Heute noch stehen vor dem Fribourger Rathaus Ableger jener Linde aus dem 15. Jahrhundert. Dank dieser Geschichte konnte Egli die Stadt Fribourg davon überzeugen, ein Exemplar einer solchen Linde in Küsnacht einpflanzen zu dürfen