Der junge Jodlerklub Bergbrünneli Küsnacht hat sich an seinem ersten Jodlerfest gleich für das Eidgenössische 2020 in Basel qualifiziert. Gründungsmitglied Thomas Huggler über Tradition, Kameradschaft und die Freude am Jodeln.
Gratulation! Ihr habt das erste Mal bei einem Jodelwettbewerb mitgemacht und euch gleich fürs Eidgenössische qualifiziert.
Thomas Huggler: Danke, es ist ein Erfolg. Auch dass wir uns auf Anhieb für die erste Klasse qualifiziert haben. Das Resultat bestätigt, dass die Gründung des Klubs eine gute Idee war.
Bewertet werden die harmonische Reinheit, die Rhythmik, die Vokalisation, die Tonalität. Und der optische Eindruck. Hatten alle die Hände im Hosensack?
Natürlich! Man muss. Und schön reinlaufen ist auch wichtig, nicht chaotisch. Das haben wir im Voraus geübt. Und dann steht man im Halbkreis und schaut eigentlich nicht das Publikum an, sondern die Mitsänger.
Sie sangen in der Adliswiler Tracht ...
Ja, sie war eine Leihgabe. Eine eigene Küsnachter Tracht haben wir noch nicht. Aber in zwei, drei Jahren wäre das unser Ziel.
Womit haben Sie gepunktet?
Der Brief von der Jury mit der Detailbewertung kommt erst noch. Aber ich denke, es hat musikalisch schon gestimmt. Wir sind alles junge Stimmen. Bei uns sind die 15 Sänger zwischen 18 und 38, bei anderen Jodlerklubs bewegt sich das Alter von 38 Jahren an aufwärts.
Erstaunlich ist aber, dass die meisten Ihrer Sänger vor der Klubgründung noch nie gejodelt haben ...
Ja, das stimmt. Es steckt erstens sicher viel Arbeit dahinter. Und zweitens sind die meisten von uns ja vorher doch in Berührung mit Musik gekommen, haben also zum Beispiel in Chören gesungen und sich dann ins Genre Jodeln reingearbeitet.
Die NZZ lobte den Gesang der «Jodler aus Küsnacht» als «ganz grossartig».
Wir sind am Jodlerfest schon aufgefallen, da wir immer wieder spontan auf dem Festareal gesungen haben. Zudem sind Neugründungen von Jodlerklubs in urbanen Gegenden selten.
... jung und urban, was für die ländlich geprägte Szene auch ungewöhnlich ist.
Ja, urban in dem Sinne, dass wir aus Küsnacht, Zürich, Uster und Stäfa kommen. Und wir sind offensichtlich keine Bauern, sondern Ingenieure, Musiker, Studenten, Wissenschafter und ich bin Spitaldirektor.
Sie mussten sich gegen 4000 Konkurrenten durchsetzen. Wie lief der Wettbewerb genau ab?
Insgesamt wird in der Schweiz an fünf Jodlerwettbewerben für das Eidgenössische rekrutiert, dieses findet alle drei Jahre statt. Ein Klub hat nur jeweils einen Auftritt mit einem Lied. Das Publikum hört an verschiedenen Orten zu und muss die Lokalität wechseln, wenn es einen bestimmten Jodlerklub hören will. Für uns war die Anspannung nach 16.06 Uhr am Samstag vorbei – das war der Zeitpunkt unseres Auftritts.
Und was machten sie danach?
Wir haben vor dem Auftritt und danach an verschiedenen Plätzen ad hoc gesungen, das hat für Aufmerksamkeit gesorgt. Und nach dem Auftritt konnten wir das Fest dann entspannt geniessen – einige sogar bis Sonntagmorgen um 6 Uhr, als es Frühstück gab.
Ihnen gefällt die Atmosphäre an einem Jodlerfest?
Ja, es ist sehr gemütlich.
Und was macht für Sie die Freude am Jodeln aus?
Erst einmal das Musikalische: Es ist eine Herausforderung, alles auswendig zu singen und keine Noten zu haben. Das macht es spannend. Andererseits ist es tatsächlich das Gesellige. Bei unseren Proben nimmt der Bass den Wein mit, der Tenor eins den Käse, der Tenor zwei das Fleisch. Und so gibt es nach dem Singen immer einen Apéro.
Was ist schwieriger: Jodeln zu lernen oder Singen?
Das Jodeln bedingt eine spezielle Technik, die zur Einübung ziemlich lange braucht. Aber beim Jodel ist es ja so, dass die meisten Stimmen den begleitenden Liedteil geben und nur im Refrain ein oder zwei Leute wirklich jodeln. Bei uns heisst der Vorjodler Terence Reverdin. Die Idee ist, mit der Zeit mehr Vorjodler zu schulen. Einfach auch, um die Abhängigkeit von einer Person zu minimieren.
Können grundsätzlich alle Stimmen Vorjodler werden?
Ja, aber es sind schon eher die hohen Stimmen dafür geeignet.
Sie haben auch bei den Proben eine neuere, modernere Form gefunden. Man trifft sich nur alle drei Wochen, dafür übt man zu Hause selbstständig.
Ja, wir sind alle beruflich und privat eingespannt. Heutzutage ist das so, was auch mit ein Grund ist, warum viele Vereine Mühe haben, Mitglieder zu finden. Uns ist es wichtig, dass beim Proben alle Stimmen anwesend sind. Und wir sind dafür auch per Whatsapp sehr flexibel, wenn es um spontane Auftritte geht. Werden wir angefragt, haben wir uns innert Kürze organisiert.
Die Gründung liegt noch nicht weit zurück. Gibt es schon Neueintritte?
Tatsächlich haben wir am Nordostschweizerischen Jodlerfest einen Sänger aus Winterthur kennen gelernt, der nun zu uns nach Küsnacht proben kommt. Weitere fünf haben ihr Interesse angemeldet.
Dann suchen Sie gar nicht mehr aktiv nach weiteren Sängern?
Vorläufig nicht. Aber weil wir ein junger Klub sind, ist es auch so, dass immer wieder Sänger für längere Zeit ins Ausland gehen. So verlieren wir in Bälde zwei Mitglieder: Einer zieht nach Schweden, einer nach Berlin. Also bleiben wir immer offen für weitere Interessenten.
Wie bereiten Sie sich vor auf den grossen Auftritt im nächsten Jahr, das Eidgenössische in Basel?
Wir machen im Sommer eine kurze Pause und proben nachher wie gehabt. Wir werden ein Lied auswählen müssen. Wichtig sind aber auch die Auftritte bis dahin: So dürfen wir am Neujahrsapéro in Küsnacht auftreten, was uns sehr freut.
Und was sagt die Konkurrenz?
Es gibt einen andern Klub in Erlenbach. Aber wir Jodler sehen uns nicht als Konkurrenten. Es ist eher so, dass wir Auftritte auch gemeinsam organisieren. So sind wir zurzeit in Kontakt mit der Jodlervereinigung Zürichsee. (Manuela Moser)
Eidgenössisches Jodlerfest in Basel, 26. bis 28. Juni 2020.