Doppelangriff auf die beiden FDP-Präsidien

Erstellt von Manuela Moser |
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Der Wahlkampf 2022 in Küsnacht ist eröffnet: Jetzt stehen die Kandidierenden für den Gemeinderat sowie für die vier Kommissionen fest. Es haben sich nur schon für die Exekutive sieben Neue gemeldet  – und brisant: Fürs Schul- und fürs politische Präsidentenamt gibt es je einen Sprengkandidaten.

Markus Ernst (FDP) bekommt Konkurrenz: Sein Herausforderer für das ­Präsidentenamt in Küsnacht heisst Urs Esposito (parteilos). Gleiches gilt für Ernsts Parteikollegen im Schulpräsidium, Klemens Empting: Hier ist es Christina Zürcher (parteilos), die ihm seinen Sitz im Gemeinderat streitig machen will. Das heisst mit anderen Worten: Beide Präsidien in der Hand von zwei FDPlern werden durch zwei Parteilose angegriffen. Im Fall von Esposito durch einen Neuling – Esposito kandidierte zwar vor vier Jahren schon mal für den Gemeinderat und erreichte damals auch das absolute Mehr, wurde aber in der Ausmarchung um ein paar wenige Stimmen von Ueli Erb (SVP) überholt. Mit Christina Zürcher fürs Schulpräsidium kandidier­te hingegen ein langjähriges Mitglied der Schulpflege; sie wurde zudem in der Vergangenheit immer mit sehr gutem Resultat wiedergewählt.

Ein Visionär statt Politiker

«Ich führe meinen Wahlkampf ohne Geld, nur mit Ideen», sagt Urs Esposito auf Anfrage. Monetär werde er also ­wenig bis gar nichts in seine Kampagne investieren. «Ich bin viel eher mit Bekannten aus meinem Netzwerk im Gespräch, dass sie Werbefläche für mich kaufen.» Denn: «Ich will nicht in die Revoluzzerecke ­gestellt werden und der Öffentlichkeit lieber zeigen, dass ich breiten Rückhalt geniesse.» Tatsächlich ist der 61-jährige Architekt schon an manchen Gemeinde­versammlungen, Themenabenden oder auch in den Leserbriefspalten als kritischer Geist aufgefallen. Dort überall nimmt er kein Blatt vor den Mund und weiss auch beim Telefongespräch spontan viele heisse Themen anzusprechen, die ihm nicht passen: geplante E-Bus-­Garage Fallacher, Umwandlung des ­Gesundheitsnetzes in eine AG, mögliche Privatisierung des Pflegeheims am See, verpasste zeitliche Staffelung der beiden Wettbewerbe für neue Alterswohnungen und vieles mehr. Ganz generell findet er, dass die «Demokratie in den letzten Jahren in Küsnacht arg strapaziert» wurde. Auch deshalb will er kandidieren und «die FDP angreifen», «die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von politischen Entscheiden» wieder greifbarer machen. 

Als Präsident wäre Urs Esposito ein «Visionär», ein «Gestalter und Macher». Auch liegt ihm die Verkehrsentwicklung am Herzen. «Ich will vorausschauend in der Planung die Standortqualitäten von Küsnacht sichern», sagt er. «Die 1.-August-Rede würde ich hingegen eher jemand anderem überlassen.» 

Esposito will sich schliesslich auch parteipolitisch nicht vereinnahmen lassen, weshalb er sich als Parteiloser auch nicht von einer Partei portieren lassen will – trotz Anfragen. «Ich bin frei – als Unternehmer mit Angestellten und ­einem Reiheneinfamilienhaus eher bürgerlich, von meinem Umweltdenken her eher grün, und was die Ausländerfrage angeht eher links. Ein Parteikorsett wäre mir da viel zu eng.» 

Seine Chancen rechnet sich der Architekt als «intakt» aus; würde er bei der Ausmarchung gegen Gemeindepräsident Markus Ernst nicht reüssieren, dann könnte er dennoch in den Gemeinderat gewählt werden. Dies, wenn er das absolute Mehr erreicht und unter den ersten sechs Plätzen landen würde. Der siebte im Gremium ist dem Schulpräsidium vorbehalten – seit Küsnacht eine Einheitsgemeinde ist, sitzt der Schulpräsident oder die -präsidentin als siebtes Mitglied automatisch im Gemeinderat.

Erfahrene fordert heraus

Und genau dieser Sitz des Schul­präsidenten Klemens Empting (FDP) ­erfährt im Mai ebenfalls einen Angriff durch Christina Zürcher. Sie sitzt nebst der parteilosen Kollegin Iris Heim schon am zweitlängsten im Siebnergremium der Schulpflege – nämlich acht Jahre – ihre beiden heute erwachsenen Kinder haben sämtliche öffentlichen Schulen in Küsnacht durchlaufen und sie selbst ist als Lehrerin für Deutsch als Zweitsprache tätig. «Ich bin also sehr nahe dran an der Schule und bringe durch meine lange ­Tätigkeit im Gremium viel Erfahrung mit», sagt die 65-Jährige.  

Gerade nach Corona sieht die Pädagogin nun die Aufgabe gekommen, besonders achtzugeben auf die Schule. «Viele Eltern und Kinder sind in grossen Schwierigkeiten, viele Lehrpersonen und auch das Betreuungspersonal sehr erschöpft.» Zudem hat Küsnacht seit vergangenem Jahr mit Markus Schefer einen neuen Leiter Bildung. «Als Verbindung zwischen den vier Schulleitern und dem Schul­präsidenten ist das eine wichtige Arbeit.» Mit dem Abgang von Ruedi Kunz, dem Vorgänger Schefers, sei damals viel Know-how verloren gegangen. Erschwerend dazu sei der Abgang von gleichzeitig drei Schulleitern gekommen. «Mit dem Ressort Pädagogik, das ich betreute, bringe ich nun das nötige Rüstzeug mit, diese Lücken wieder zu schliessen und Stabilität sowie Kontinuität in die Schule Küsnacht zu bringen», ist die Pädagogin überzeugt. Mit einem Zusatzdiplom als Coach ist sie sich zudem gewohnt, zu vermitteln. Und, ihr erklärtes Ziel lautet: «Ich möchte in der nächsten ­Amts­periode die Tagesschule definitiv einrichten in Küsnacht.» Diese war in der Amtsperiode unter Empting ins Stocken geraten, dabei hätte Küsnacht eigentlich die erste Goldküstengemeinde werden können, die eine echte Tagesschule betreibt.

Sportliche Haltung

Auf die beiden Herausforderer Urs Esposito und Christina Zürcher reagieren die beiden bisherigen Amtsträger Markus Ernst und Klemens Empting gelassen. Schulpräsident Klemens Empting: «Ich finde es eine spannende Herausforderung, dass im Wahlkampf mit Christina Zürcher die Gespräche über die Schule geführt werden können.» Ob der bald 70-Jährige mit einem Diplom als Informatiker einen aufwendigen Wahlkampf führt, hängt von der eigenen Partei ab. «Die FDP bestimmt, wie viel ich investieren werde. Noch ist das etwas zu früh zu sagen.» Fest steht für Empting einzig, dass er das Amt des Schulpräsidenten gerne auch für vier weitere Jahre betreiben würde. «Wir haben vieles aufgegleist, das ich gerne weiter begleiten würde.»

Auch Gemeindepräsident Markus Ernst stellt sich dem Wahlkampf gern. «In unserer Demokratie darf sich jede und jeder Stimmberechtigte für ein Amt aufstellen lassen», fasst er – der dieses Jahr 50 Jahre alt wird – nüchtern zusammen. Es gehöre schliesslich zum System der Schweiz dazu, sich politischen ­Herausforderern zu stellen. «Ich sehe das deshalb sportlich.»