Dort, wo grüne Daumen wachsen

Erstellt von Jeannette Gerber |
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Im Rahmen des Naturfestivals «Abenteuer Stadtnatur» konnten Interessierte alle Winkel des Gemeinschaftsgartens Grenzsteig erkunden. Als besonders spannend erwies sich die sogenannte Blackbox, ein artenreicher, dynamischer Gartenteil ohne Bepflanzungsplan.

Auf der Kilchbergstrasse, kurz vor der Stadtgrenze, kommt man am Gemeinschaftsgarten Grenzsteig vorbei. Vor acht Jahren übernahm der Verein «Garten am Grenzsteig» das Pachtland von Grün Stadt Zürich. Da er auch ein Ort für soziale und kulturelle Begegnungen ist, werden regelmässig Aktionstage durchgeführt. Am 29. Mai waren Mitglieder, Quartierbewohner/-innen und andere Interessierte zu einer Führung eingeladen.

90 Mitglieder und ihre Ämtli

Das steil abfallende Gelände ist in verschiedene Arbeitskreise eingeteilt. Alle rund 90 Vereinsmitglieder haben einen Platz in einem bestimmten Arbeitskreis. Es gibt Bereiche für Biodiversität, für Nutzpflanzen, für Beeren, für Hühner, für Honigbienen und für Blumen. Und es ist noch genügend Platz für Spezialkulturen und Forschungsgärten.

Wegen des kühlen und regnerischen Frühlings ist der Garten noch nicht in voller Blüte. Von der Strasse aus lockt normalerweise der vielfältig blühende Teil des 7000 Quadratmeter Geländes – quasi das Aushängeschild. Hier beginnt der Mischgarten, der aus verschiedenen Bereichen besteht. Zuoberst liegt das Blumenfeld entlang des Gartenzauns, danach folgt der Schnittblumenteil. Weiter unten befindet sich die sogenannte Blackbox, ein artenreicher, dynamischer Garten. Hier gibt es keinen Bepflanzungsplan, die Pflanzen werden in Form von Samen und Initialpflanzen in den Garten eingebracht. Dafür eignen sich Stauden und ein- und zweijährige Pflanzen, die sich leicht von selber versamen und für diesen Boden speziell geeignet sind.

Freudige Wühlmäuse

In diesen Bereichen wachsen Blumenstauden, Wild- und Zwiebelblumen. Sie bieten Schmetterlingen, Bienen und Hummeln Lebensraum und Nahrung. «Und leider auch den Wühlmäusen, die langsam zur Plage werden», meinte
Andrea Ferch vom entsprechenden ­Arbeitskreis. Dann gibt’s zwei Beete und einen Tunnel für Gemüse und Salate. Nicht zu übersehen ist der Kräutershowgarten: «Hier gedeihen unter anderem die sieben Kräuter, die für eine echte Frankfurter Grüne Sauce unentbehrlich sind, wie Schnittlauch, Petersilie, Kresse, Pimpinelle, Sauerampfer, Borretsch und Kerbel», erläuterte Irmengard Saller vom Arbeitskreis Nutzgarten. Und zwischen den Kräutern fühlen sich Eidechsen wohl, wie sich zeigte. «Diese hier ist eine Zauneidechse, eine sehr seltene Spezies im Kanton Zürich», so Saller. Überhaupt weiss sie viel über Flora und Fauna. Das Wissen hat sie sich selber angeeignet.
Im Tomatentunnel stellte Helen Murbach ihre Schützlinge vor: «Es ist wichtig, neben den Tomatenpflanzen Blumen wie Tagetes und andere, aber auch Petersilie zu pflanzen. Diese Pflanzen sind geeignet, die Schädlinge fernzuhalten. Und Tomaten dürfen nicht von oben begossen werden.» Deswegen habe sie kleine mit Wasser gefüllte Töpfchen ­neben die Pflanzen eingegraben, die dann nach und nach Wasser an die ­Wurzeln abgeben.
40 Arten, so das Expertenfazit

Im unteren Teil steht eine kleine Bank, die von Mitgliedern blau angemalt wurde. Ein schönes Plätzchen, um dem Vortrag vom Vereinspräsidenten Michael Honegger über Biodiversität zuzuhören. So sei letztes Jahr ein Experte vorbeigekommen, um zu prüfen, wie viele Insekten sich in diesem Garten tummeln. Das ­Resultat sei bemerkenswert: 40 Arten, darunter sechs seltene Insekten wie z. B. die Schöterich-Mauerbiene.
Zum Thema Bienen und Hummeln erklärte Biologin Sereina Stauffer, wie man für sie Nisthilfen selber herstellen kann. Marianne Lendenmann liegen die Vögel und Schmetterlinge sehr am Herzen. Sie erklärte, welche Pflanzen für diese Spezies speziell geeignet seien. Und sie ­erkenne die Vögel an ihrem Gesang, was sie eindrücklich bewies.

Nach anderthalbstündiger Führung mit dem umfassenden, biodiversen Lehrstoff schwirrte zwar der Kopf, doch bestimmt wuchsen Besucherinnen und Besuchern spontan grüne Daumen.