«Dosendealer» sucht dringend neue Bleibe

Erstellt von Karin Steiner |
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Der Verein «Farben für Zürich» betreibt seit drei Jahren als Zwischennutzung den Kunsttreffpunkt «Dosendealer» auf dem Seebacher Stierli-Areal. Weil der Mietvertrag ausläuft, müssen die jungen Leute Ende Jahr raus. Und sie haben noch keine neue Bleibe gefunden.

Der Verein «Farben für Zürich» betreibt seit drei Jahren als Zwischennutzung den Kunsttreffpunkt «Dosendealer» auf dem Seebacher Stierli-Areal. Weil der Mietvertrag ausläuft, müssen die jungen Leute Ende Jahr raus. Und sie haben noch keine neue Bleibe gefunden.

«Wir sind völlig verzweifelt und wissen nicht, wie es weitergeht», sagt Yassin Tair, Präsident des Vereins «Farben für Zürich». «Unser Projekt darf nicht sterben.» Yassin Tair gründete vor Jahren das kleine Geschäft «Dosendealer», in dem er Farben für die Graffiti-Kunst vertreibt. «Wir suchten dann einen Raum, um Neues auszuprobieren, und konnten 2016 die leerstehende Halle auf dem Stierli-Areal mieten.» Seitdem können dort junge Leute an den Wänden kostenlos experimentieren, ihre Kunst perfektionieren und für andere sichtbar machen. Inzwischen hat der «Verein für Farben über 900 Mitglieder. «Das grosse Interesse an unserem Verein zeigt, dass Angebote für bildende Künstler aus der Spraydosen-Kunst oder Graffiti-Szene in der Stadt Zürich fehlen», sagt Yassin Tair. «Es gibt viele Angebote für Kinder und Jugendliche, aber für junge kreative Erwachsene gibt es nichts.»

Wichtige Prävention
In unzähligen Stunden Arbeit hat der Verein «Farben für Zürich» die Hallen umgebaut und ideale Verhältnisse für die grossflächige Kunst geschaffen. Mit Dispersionsfarbe, welche der Verein in Malergeschäften aus Restbeständen bekommt, werden die Wände immer wieder grundiert und sind bereit für Neues. «Wir lancieren in den Hallen die grössten Graffiti- und Kunst-Jams in der Schweiz. An solche Jams kommen 70 bis 90 Kunstschaffende aus der ganzen Welt und gestalten die gesamten Wandflächen um.» Auch wurden acht kleine Ateliers gebaut und vermietet, in denen 20 junge Leute unter anderem eigene Skate Boards bauen oder Siebdruckstationen betreiben. Regelmässig finden Workshops, Ausstellungen oder Veranstaltungen anderer Subkulturen statt. «Dosendealer» ist inzwischen so beliebt, dass regelmässig Schulkassen, Vereine und Offene Jugendarbeiten kommen, um erste Versuche in der Kunst des Sprayens zu machen. «Wir sind einer der einzigen legalen Ansprechparter zum Thema Graffiti», sagt Yassin Tair. «Die Fachstelle Graffiti der Stadt Zürich schätzt unsere Arbeit und betont, das unser Angebot eine wichtige Form der Prävention sei.»

Ende Jahr ist Schluss
Ende Jahr läuft der Mietvertrag mit der Eigentümerin Stierli Real Estate aus. Und trotz intensiver Suche hat der Verein «Farben für Zürich» noch keine Anschlusslösung gefunden. In der Not gelangte der Verein an den Zürcher Gemeinderat, und im Oktober haben Elena Marti (Grüne) und Anjushka Früh (SP) den Stadtrat mit einem Postulat aufgefordert, für das Projekt eine Ersatzliegenschaft bereitzustellen. «Leider wurde das Postulat trotz deutlicher Annahme noch nicht an den Stadtrat überwiesen.»

Die Stierli Real Estate plant, auf dem Areal das «Art Center Art 468» zu bauen, das Galerie-, Event- und Ausstellungsräume sowie ein riesiges Zollfreilager, in dem wertvolle Kunstschätze gelagert werden, umfassen soll. Der Baubeginn war auf Anfang 2019 vorgesehen. «Aber wir wissen, dass noch keine Baubewilligung vorliegt», sagt Yassin Tair. «Trotzdem lässt die Eigentümerin nicht mit sich reden und verlängert unseren Mietvertrag nicht.» Das könnte für die Stierli Real Estate zu einem Eigengoal werden: «Wir wissen, dass die Hausbesetzerszene nur darauf wartet, das Areal in Beschlag zu nehmen.»