Immer wieder sorgen Autoposer für Negativschlagzeilen. Das hat auch die Tuningszene in Verruf gebracht. Zu Unrecht, findet Emily E. Wilson (19). In ihrer Abschlussarbeit an der Berufsmaturitätsschule Zürich im Kreis 4 fordert sie, Tuner, Raser und Poser nicht in den gleichen Topf zu werfen.
Emily E. Wilson ist im letzten Jahr der Berufsmaturitätsschule und fasziniert vom Autotuning. Ihre Leidenschaft fürs Tuning hat die 19-Jährige durch ihren Freund, einen passionierten Hobbytuner, entdeckt. Im Zusammenhang mit dem Hobby spricht Wilson von «Freude an Autotechnik, Kreativität und Gemeinschaftlichkeit» – kein Wort von Angeberei, Lärm oder anderen negativen Attributen, welche der Tuningszene seit jeher zäh anhaften. Den schlechten Ruf findet Wilson mehrheitlich unbegründet. In ihrer Abschlussarbeit will sie das Negativimage der Szene aufwerten, indem sie klar zwischen Tunern, Posern und Rasern unterscheidet.
Von der Kritikerin zur «halben Tunerin»
«Früher gehörte ich zu den Menschen, die sich über laute Autos in der Stadt beklagten, für mich war das alles Angeberei», schreibt die Schülerin in ihrer Arbeit. Seit sie jedoch mit einem Tuner zusammengekommen und mit der Szene vertraut worden ist, hat sich nicht nur ihre Perspektive verändert. Heute bezeichnet sich die Maturandin selbst als «halbe Tunerin» und ist Mitglied des Vereins Ford Friends Schweiz. Ein eigenes Auto hat Wilson noch nicht, engagiert sich im Verein aber als Protokollschreiberin und geniesst die Atmosphäre der Tunertreffen. «Ich erlebe den Verein als ein sehr soziales Zusammensein», kommentiert Wilson in ihrer Abschlussarbeit.
Aufgrund der Raser- und Poserdelikte kämen getunte Autos der Polizei wohl oft suspekt vor, sagt Emily E. Wilson im Interview mit dieser Zeitung. Auch sie selbst ist schon angehalten worden, wobei sie den getunten Wagen ihres Freundes gefahren ist. Etwas zerknirscht erinnert sie sich an die Verwirrung des Polizisten, der laut eigener Aussage einen jungen Mann als Lenker vermutet habe. Dies deckt sich mit einer Beobachtung, die sie in ihrer Abschlussarbeit festgehalten hat: Bei Tunern werde oft an angeberische, junge Männer mit ungenügender Achtung für Verkehrssicherheit gedacht. Zudem würden diese fälschlicherweise nicht selten mit Posern und Rasern gleichgesetzt. Dies, obwohl sich die Tuningszene selbst dezidiert von den verkehrsgefährdenden Mobilisten abgrenze. Gemäss Wilsons Arbeit sind die Vorurteile gegenüber Tunern in der ganzen Gesellschaft verankert. «Tuning ist laut, gefährlich und illegal», fasst die Schülerin die öffentliche Wahrnehmung der Szene zusammen. «Die eigentliche Tunerszene ist viel unauffälliger und bescheidener», korrigiert sie stattdessen.
Dialogbereitschaft ist gefragt
Bei der Antwort auf die Frage, wie ein Imagewechsel denn herbeigeführt werden könne, geht die Schülerin sowohl auf die Rolle der Tuningszene als auch jene von Polizei und Medienschaffenden ein. Zum einen fordert Wilson Tunerinnen und Tuner dazu auf, die am Fahrzeug vorgenommenen Änderungen sorgfältig zu dokumentieren. Dies würde die Zusammenarbeit mit der Polizei erleichtern, da sich Fahrzeugkontrollen so viel speditiver abwickeln liessen. Andererseits sollten Tuner das Tempo auf öffentlichen Strassen bewusst drosseln und so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf sich lenken. So gäbe es keinen Anlass für die auch in Wilsons Augen gerechtfertigte Kritik an Lärm in Wohnquartieren und auf öffentlichen Strassen. Die Bemühungen der Tuningszene alleine reichten jedoch noch nicht, um eine Imagerettung zu erwirken. Beidseitige Dialogbereitschaft und eine differenzierte Terminologie seien gefragt, heisst es dazu in ihrer Abschlussarbeit. An Polizei und Medien gewandt, fordert Wilson deshalb ganz konkret: «Man soll den Begriff Tuning nicht verwenden, wenn es sich primär um Raser oder Poser handelt.»