So wenig Regen wie zuletzt 2007, dafür so viel Sonne wie selten zuvor. Regnet es dafür im Mai mehr? Ein Blick in die Wetterstatistik.
Silvan Rosser
Im April hat es bisher in Zürich noch gar nie geregnet (Stand 27. April). Letztmals wurde die Limmatstadt am 29. März nass – also ziemlich genau vor einem Monat. Wobei auch der letzte Regen im März sehr bescheiden ausfiel und nicht einmal flächendeckend war. Obschon auch damals bereits eine 18-tägige Trockenperiode herrschte. Der letzte flächendeckende und ergiebige Niederschlag im Raum Zürich datiert nämlich vom 9. und 10. März. Das ist bereits 48 Tage her. Eine regelrechte Frühlingsdürre hat sich damit eingestellt. Ein Blick in die langjährige Regenstatistik von Zürich zeigt eindrücklich, wie ausserordentlich die diesjährige Frühlingstrockenheit ist.
Trockener Frühling
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts gab es solch lange Trockenperioden mitten im Frühling erst äusserst selten. Letztmals reihten sich im Frühling 2007 insgesamt 30 Tage ohne Regen aneinander. Eine Trockenperiode, die länger als 40 Tage dauerte, wurde in Zürich letztmals 1893 beobachtet. Die längsten Trockenperioden werden in Zürich normalerweise nicht im Frühling, sondern im Herbst beobachtet. Keine andere Jahreszeit brachte in Zürich mehr Trockenperioden über 30 oder mehr Tage, die längste überhaupt trat im Herbst 1920 auf mit 47 Tagen ohne Regen.
Der März 2020 brachte zu Beginn zwar noch einige Regentage, doch insgesamt ist der meteorologische Frühling (März bis Mai) in Zürich bisher äusserst trocken. Seit dem
1. März sind mit 40 mm lediglich 25 Prozent der üblichen Niederschlagsmengen gefallen. Noch trockener war es lediglich im oben erwähnten Frühling 1893. Damals brachten die Monate März und April sogar weniger als 30 mm. Ebenfalls sehr trocken waren die Monate März und April 1946 und letztmals 2011. Innerhalb einer Zweimonatsfrist kann es aber auch noch deutlich weniger regnen. Die Monate Oktober und November 1920 brachten beispielsweise sogar weniger als 10 mm Regen. Zwei aneinanderhängende Monate ganz ohne Regen gab es in Zürich seit 1864 noch nie. Wie trocken der Frühling 2020 am Ende dasteht, ist aber noch lange nicht entschieden.
Regen im Mai?
Alle Dürregeplagten können sich zumindest an den Strohhalm der langjährigen Klimatologie klammern. Denn ein regelrechter Dürrefrühling wurde seit Messbeginn 1864 in Zürich noch nie beobachtet. So brachten alle Frühlinge mehr als 110 mm Regen. Zudem gilt der Mai als einer der niederschlagsreichsten Monate überhaupt. Nach der März-April-Dürre von 1893 brachte der Mai allein über 110 mm Regen, wobei trotz Regenwunsch wohl kaum jemand auf einen trüben, verregneten Mai hofft. Der Mai etablierte sich in den letzten Jahren allerdings regelmässig zum Regengarant. Richtig trockene Wonnemonate gibt es allerdings schon auch, sie liegen aber schon weit in der Vergangenheit. Letztmals 1992 war ein Mai mit nur 30 mm Regen ausgesprochen trocken. Der rekorddürre Mai stammt sogar aus dem Jahr 1868 mit lediglich 9 mm Regen.
Kommt jetzt der Dürresommer?
Der bis anhin sehr trockene Frühling 2020 lässt bereits Spekulationen über einen anstehenden Dürre- oder Hitzesommer 2020 aufkommen. Nährboden für diese Spekulationen geben die Erinnerungen an den Hitzesommer 2018. Damals ging ebenfalls eine sehr trockene März-April-Periode voraus. Auch dem Jahrhundertsommer 2003 oder den bekannten Hitzesommern 1921 und 1947 gingen lange Trockenperioden im Frühling voran, wobei in allen Fällen jeweils vor allem der April äusserst trocken in Erinnerung blieb. Aus wissenschaftlicher Sicht kommt die Argumentation hinzu, dass Trockenperioden im Frühling die Wahrscheinlichkeit für Hitzesommer erhöhen. Grund dafür ist, dass die sommerliche Sonneneinstrahlung aufgrund der fehlenden Bodenfeuchte direkt in Hitze umgewandelt werden kann, wohingegen in Jahren mit feuchten Frühlingen die Sonnenenergie primär dazu genutzt wird, Feuchtigkeit zu verdunsten, wodurch selbst wieder Regenschauer entstehen können. Ein Blick in die langjährige Klimareihe von Zürich bestätigt diesen Zusammenhang. Tatsächlich ging einer Vielzahl der heissesten Sommer in Zürich eine lange Trockenperiode im Frühling voraus (insgesamt bei 44%). Auch eine Vielzahl der trockensten Sommer in Zürich basieren auf einer Trockenperiode im vorangegangenen Frühling. Allerdings ist eine Trockenperiode im Frühling keine Garantie für einen Hitze- oder Dürresommer. Die Vergangenheit zeigt deutlich, dass bei mehr als der Hälfte aller Trockenperioden im Frühling kein Hitze- oder Dürresommer folgte. Und selbst nach nassen Frühlingen wie 2013 oder 2017 kann ein trocken-heisser respektive heisser Sommer folgen. Und auch dem heiss-trockenen Sommer 1983 ging ein feuchter Frühling voraus. Alleine aufgrund des Dürre-Aprils 2020 lässt sich also noch kein Hitzesommer prognostizieren – obschon die Wahrscheinlichkeit für einen solchen mit der aktuellen Trockenheit etwas höher ist.