Eine Brücke schlagen zwischen Nepal und Zürich

Erstellt von Lorenz Steinmann |
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In einem live aus dem Strandbad Tiefenbrunnen übertragenen Gespräch erklärte Lars Willi, was die Trinkwasseraufbereitung in Nepal mit Zürich zu tun hat. 

Mancher Entwicklungsorganisation ist Lars Willi ein Dorn im Auge. Denn der studierte HSG-Ökonom predigt die Marktwirtschaft auch für Entwicklungsländer. Konkret geht es um die Trinkwasserauf­bereitung, die für seine Firma Weconnex rentieren, gleichzeitig aber auch für die Kunden finanzierbar sein soll. Als Beispiele nennt Lars Willi die Länder Nepal und Madagaskar. Dort haben die Einheimischen oft miserablen Zugang zu Trinkwasser, das erst noch oft verschmutzt und entsprechend ungesund ist. «Viele Menschen behelfen sich dann mit dem Kauf von überteuerten PET-Flaschen», weiss Willi. Er, der sich als Sozialunternehmer bezeichnet, hat in den beiden Ländern die Erfahrung gemacht, dass Hilfe von aussen oft nicht nachhaltig ist. 

Faire Wertschöpfungskette
«Nötig ist eine Wertschöpfungskette, welche alle Beteiligten einbezieht.» Dank einem Wissenstransfer ist auch für Einheimische ein Profit möglich, idealerweise, indem sie an den Firmen beteiligt werden. Für Willi ist alles in allem weniger das Wasser als Rohstoff als die für die Aufbereitung nötige Energie ein grosses Problem. «Wir können helfen, dass Entwicklungsländer energetisch nicht die gleichen Fehler wie wir machen, auch wenn es ihnen zustehen würde.» Für ihn ist beispielsweise der oft kritisierte hohe Wasserverbrauch bei der Fleischproduktion nicht das zentrale Problem. Denn das Wasser gehe ja nicht verloren. «Es ist der hohe Energieverbrauch, der einschenkt», betont Willi. Ebenso kritisch beurteilt er die weltweit bekannte «Wasseraufbereitungsart», indem man dreckiges Wasser in PET-Flaschen füllt und diese einige Stunden in der Sonne liegen lässt. «Das Wasser wird damit tatsächlich keimfrei, doch der Dreck und die Schwermetalle sind immer noch da.» 

Entwicklungshilfe braucht es doch
Willi plädiert für die frühere Art des Unternehmertums. Eine Balance der verschiedenen Kapitalarten: nicht nur das Geld, sondern auch das soziale und ökologische Kapital. Das will er mit seinem Geschäftsmodell wieder in den Vordergrund rücken. «Irgendwann hatte man so viel von allem, dass man sich nur noch auf die Finanzen konzentrierte», so Willis Fazit. Er weiss aber, dass es auch mit seinem Geschäftsmodell immer noch Entwicklungshilfen brauchen wird. In Krisen, bei Umweltkatastrophen. Kurz nachdem er 2015 in Nepal zu geschäften begann, erfolgte ein verheerendes Erdbeben. «Ohne Soforthilfe wäre nichts mehr gegangen», gibt sich Willi versöhnlich. 

Exzellentes Züriwasser
Doch was hat das Ganze nun mit Zürich zu tun? Lars Willi sieht seinen Job als Herzensangelegenheit, nicht aber als Politik oder Ideologie. Die Idee der refor­mierten Kirche, künftig auf Mineralwasser aus der PET-Flasche zu verzichten, findet seine Unterstützung. «Es geht auch hier um das Einsparen von Ressourcen», zudem sei das Wasser aus dem Wasserhahn in Zürich exzellent. Nur wissen das nicht alle Einwohnerinnen und Einwohner, geschweige denn die Touristen. In Erinnerung ist etwa die Fussball-EM 2008, als die Stadt Zürich an den öffentlichen Brunnen Schilder befestigen musste: «Trinkwasser». 

Lokale Nutzung hier wie dort
Angedacht ist laut Lars Willi in Zürich zudem, dass die städtischen Gutsbetriebe – die guten alten Bauernhöfe also – künftig vermehrt lokal denken und produzieren sollen. So soll die Produktion von Lebensmitteln im urbanen Raum an Bedeutung gewinnen. Denn: «Lokale Produkte sind beliebt und die Nahrungsmittelproduktion soll für die Bevölkerung erlebbar bleiben», wie es im Landwirtschaftsbericht 2020 von Grün Stadt Zürich heisst. So soll sich der Bogen zwischen Nepal und Zürich schliessen, zumindest punkto Einbezug des Lokalen. 

Das 45-minütige Gespräch mit Lars Willi gibt es auf youtube unter «Der globale Wasserinfarkt». 

Die Fragen stellten David und Duncan Guggenbühl.