Einer der wärmsten Sommer und doch nur Schnitt

Erstellt von Silvan Rosser |
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Der vergangene Sommer gehört zu den Top 10 punkto Wärme seit 1864, obwohl die ganz heissen Tage fehlten. Seit 2015 gehören alle Sommer, ausser im Jahr 2016, zu den zehn wärmsten Sommermonaten.

Was vom Sommer in Erinnerung bleibt, sind wohl die massiven Regenfälle vom letzten Augustwochenende. Über die ganze Schweiz hinweg summierten sich die Regenmengen auf rund 4000 Millionen Kubikmeter Wasser, was in etwa dem Inhalt des ganzen Zürichsees entspricht. Innerhalb von drei Tagen kam fast so viel Regenwasser zusammen wie sonst in einem ganzen Sommermonat.

In Erinnerung bleiben wohl auch die längste, rund siebentägige Hitzewelle des Sommers ab 6. August und weitere heisse Phasen Ende Juli und in der zweiten Augusthälfte sowie der tropisch heisse Nationalfeiertag. Die Startschwierigkeiten des Sommers 2020 sind vielleicht auch noch vielen präsent. So waren die ersten zwei Junidrittel mehrheitlich trüb, eher kühl und immer wieder regnerisch.

Anhaltend warm
Eine erste Sommerphase setzte dann endlich im letzten Junidrittel an. Der Juli zeigte sich dann wechselhaft. Hochsommerliche Tage wechselten sich mit grau-nassen, weniger warmen Tagen ab. Der Sommer 2020 war vielfältig, nie richtig kühl und nur über kurze Phasen richtig heiss. Meistens dominierte warmes, aber doch eher wechselhaftes Sommerwetter. Und so dürften einige erstaunt sein, dass der Sommer 2020 trotz seiner Wechselhaftigkeit zu den zehn wärmsten in der über 150-jährigen Messreihe der Stadt Zürich gehört.

Genau genommen erlebte Zürich mit 18,7 Grad heuer den neuntwärmsten Sommer seit Messbeginn im Jahr 1864. Dass es heutzutage selbst scheinbar durchschnittliche Sommer in die Top 10 der wärmsten schaffen, unterstreicht die markante Sommererwärmung, welche Mitteleuropa, die Schweiz und Zürich im Zuge der globalen Erwärmung in den letzten Jahren erlebt haben. Seit 2015 gehören alle Sommer, mit Ausnahme des Sommers 2016 (19.-wärmster), zu den zehn wärmsten. Die Sommer 2015, 2017, 2018 und 2019 gehören aber sogar in die Top  5 und waren daher noch ein ganzes Stück heisser als der diesjährige Sommer. Ähnlich warm wie der diesjährige Sommer und deshalb ebenfalls in der Top 10 der heissesten Sommer der Schweiz waren die Sommer 1911, 1947 und 1983. Was sich heute wie langweiliger Durchschnitt anfühlt, waren damals die Hitzesommer.

Keine grosse Hitze
Ein Grund, weshalb der «Hitzesommer» 2020 nicht als solcher wahrgenommen wurde, liegt daran, dass die letzten Sommer noch heisser waren und wir uns scheinbar bereits an das neue Temperaturniveau gewöhnt haben. Andererseits kam der grosse Temperaturüberschuss im Sommer 2020 durch anhaltend warme Temperaturen zustande und nicht durch einzelne Hitzewellen, an welche man sich noch lange erinnert. Die heissen Phasen waren nämlich in der Tat im Sommer 2020 selten bzw. traten erst ab Ende Juli auf. Mit einer durchschnittlichen Tageshöchsttemperatur von 24 Grad belegt der Sommer 2020 in dieser Kategorie auch nur Platz 23 der wärmsten. Zum Vergleich: Die Tageshöchstwerte lagen im letzten und im vorletzten Sommer jeweils bei durchschnittlich 26 Grad, im Jahrhundertsommer 2003 sogar bei 28  Grad.

Weitere Tropennächte
Auch die Anzahl der Sommertage mit Höchstwerten über 25 Grad und die Anzahl Hitzetage mit 30 Grad oder mehr waren nicht rekordverdächtig. In beiden Kategorien schafft es der Sommer 2020 «nur» in die Top 20. Mit den 42 Sommertagen am Zürichberg ist der Sommer 2020 aber in guter Gesellschaft mit anderen «heissen» Sommern der Jahre 1983 oder 2006, und auch im Vorjahr waren es mit 47 Sommertagen nur unwesentlich mehr. Der Sommer 2018 brachte hingegen 53 und der Hitzesommer 2003 durchwegs heisse Temperaturen mit 74 Sommertagen.

An 9 Tagen stieg das Quecksilber in Zürich im Sommer 2020 über die Hitzemarke von 30 Grad. Vor einem Jahr wurden mit 18 Hitzetagen aber doppelt so viele registriert, 2003 waren es sogar 26. Bei der Anzahl Tropennächte schafft es der Sommer 2020 aber ebenfalls in die Top 10. Mit zwei Tropennächten, in denen die Temperatur nie unter 20 Grad sinkt, waren es sogar gleich viele Tropennächte wie im Jahrhundertsommer 2003. Tropennächte sind in Zürich schlicht eine neue Erscheinung, die früher in Zürich nie auftrat. In den heissen Sommer 2015 und 2019 gab es sogar 9 bzw. 6 Tropennächte.

Trockener Sommer
Trotz der massiven Niederschläge Ende August war der Sommer 2020 nicht überall zu nass. Im Mittelland und damit auch in Zürich war er zu trocken, allerdings nicht extrem. An insgesamt 36 Tagen fiel Regen, was ziemlich genau dem langjährigen Durchschnitt entspricht. In den trockenen Sommern 1947, 1949 oder 1984 gab es lediglich 22 Regentage. Letztmals war der Sommer 2018 mit nur 25 Regentagen erwähnenswert. Ebenfalls nur leicht überdurch-schnittlich war die Besonnung im Sommer 2020. Mit insgesamt 680 Sonnenstunden reicht es nicht für eine Topplatzierung. Vor einem Jahr gab es rund 90 Sonnenstunden mehr. In den sehr sonnigen Sommern 1911 und 2003 gab es in Zürich sogar 850 bis 900 Sonnenstunden.

In Zürich ist also ein durchwegs durchschnittlicher Sommer ohne grosse Hitze zu Ende gegangen. Das Temperaturniveau ist allerdings schon so hoch, dass er trotzdem zu den zehn wärmsten in der über 150-jährigen Messreihe gehört. Das ist eine Tatsache.

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