Es ist ein Feuerwerk an Farben

Erstellt von Elke Baumann |
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Vielfältige Bildthemen und strahlende Leuchtkraft: Das Landesmuseum Zürich präsentiert in der Ruhmeshalle die farbenprächtige Kunst der Schweizer Glasmalerei, von ihrem Ursprung im Mittelalter bis in die Gegenwart.

Kein Material kann eine so hohe Farbleuchtkraft und so grosse Helligkeitsunterschiede zeigen wie ein durchsichtiges Glasbild. Die Farbenpracht erzeugt eine mystische bis feierliche Stimmung und wird deshalb bis ins 16. Jahrhundert überwiegend in sakralen Bereichen verwendet. Diese Kunstwerke leben von dem ­natürlichen Sonnenlicht, das durch die bunten Scheiben in die Gotteshäuser fällt.

Das Landesmuseum Zürich präsentiert mit der Ausstellung «Farben im Licht. Glasmalerei vom 13. bis 21. Jahrhundert» die farbenprächtige Kunst der Schweizer Glasmalerei.

In Zürich gibt es berühmte Beispiele

Die ältesten Glasmaler der Kirchenfenster sind unbekannt, andere tragen die Signatur berühmter Ateliers oder Künstler, zu denen unter anderen auch Künstler unseres Jahrhunderts gehören: Augusto Giacometti (Bugattifenster Wasserkirche), Marc Chagall (Fraumünsterfenster), Sigmar Polke (fünf Achatfenster Grossmünster) oder Gerhard Richter (Kölner Dom).

Im gotischen Zeitalter (1250 bis 1500) werden Bleiglasfenster zu eigenständigen Kunstwerken und entfalten sich zur vollen Blüte. Ihre Technik und die künstlerische Gestaltung gelten noch heute als Spitze der Glaskunst. Kirchenfenster erzählen biblische Geschichten des Alten und Neuen Testamentes sowie vom Leben der Heiligen. Die Künstler verwenden ­anfangs nur grelles Blau, leuchtendes Rot und strahlendes Gelb, später kommen Grün, Violett und anderen Farben dazu. Kirchliche Glasmalerei verschwindet.

Die Herstellung eines Bleiglasfensters ist eine Kunst für sich. Es werden verschiedenfarbige oder farblose Glasteile zu ­einem Bild zusammengesetzt und mit Blei verlötet. Verwendet der Künstler farbloses Glas, wird es vor dem Brennen bemalt und dekoriert.

Während die kirchliche Glasmalerei nach der Einführung der Reformation in der Schweiz weitgehend verschwindet, erleben die kleinformatigen Einzelscheiben mit profanen Darstellungen ihre Blüte. Die in Mode gekommenen Wappen- und Kabinettscheiben bleiben bis ins frühe 18. Jahrhundert lebendig.

Aus dem Vollen geschöpft

Das Schweizerische Nationalmuseum, zu dem das Landesmuseum gehört, besitzt eine der grössten Glasgemäldesammlung weltweit. Mylène Ruoss, Projektleiterin, und ihr Team konnten aus dem Vollen schöpfen und eine farbenreiche ­Palette zusammenstellen. Sie reicht von ihrem Ursprung im Mittelalter über die Renaissance bis zu den Glasgemälden der Gegenwart.

Das älteste in der Ausstellung gezeigte Glasgemälde ist die «Flumser Madonna» (13. Jahrhundert) aus der Kapelle St. Jakob, Gräpplang bei Flums. Das farbenprächtige Fenster mit Maria und dem Knaben war ursprünglich die einzige Lichtquelle des Gotteshauses. Nicht minder faszinierend ist der «Heilige Martin» aus der Welt der Heiligendarstellung. Das Glasbild schmückt um 1506 die Kirche Maschwanden. Es folgen weitere Kirchenfenster, Standesscheiben der Schweizer Kantone, Geschenk- und Wappenscheiben.

Unzählige Arbeitsschritte sind nötig, um vom Entwurf über die Auswahl und dem Schneiden vom Glas bis zum fertigen mit Bleiruten verlöteten Kunstwerk zu gelangen. Ein Glasmusterrahmen, Fotos und alte Werkzeuge aus dem Glasmaleratelier Halter in Bern geben Einblick in die aufwendige Technik dieser seit rund 800 Jahren fast unveränderten Handwerkskunst. Vertieft werden kann das Geschaute durch iPads und gut lesbare Texte.

Raffiniert installierte Lichtverhältnisse machen die Schau zu einem Licht- und Farberlebnis, das in Dramaturgie und Raumgefühl virtuos durchkomponiert ist. Viel besser kann man es nicht machen.

Ausstellung bis 3. April 2022: www.landesmuseum.ch