Escape Room soll auf Friedhof locken

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Der Keller des städtischen Friedhof Forums wird sich am Sonntag in einen Escape Room verwandeln. Das Angebot zielt auf 10- bis 14-jährige Kinder.

Der Keller des städtischen Friedhof Forums wird sich am Sonntag in einen Escape Room verwandeln. Das Angebot zielt auf 10- bis 14-jährige Kinder.

Leon Zimmermann

Zehn Jahre lang hat Franziska Reich als Kindergärtnerin gearbeitet. Heute ist sie als Bestatterin bei der Stadt Zürich tätig. Dort ist sie unter anderem für die Aufnahme von Todesfällen, für die Aufbahrung von Verstorbenen und für die Betreuung von Abdankungen zuständig. «Eine sehr abwechslungsreiche Arbeit», sagt sie. So wisse sie am Morgen nie, was sie im Verlauf des Arbeitstags erwartet.
Am Sonntag wird das für einmal anders sein. So wird sie am Nachmittag in Zusammenarbeit mit dem Friedhof Forum ein «Escape Room»-Abenteuer für 10- bis 14-jährige Kinder auf dem Friedhof Sihlfeld durchführen. Das Forum verfolgt zurzeit das Ziel, jüngere Leute anzulocken, um sie mit der Arbeit eines Friedhofs vertraut zu machen und Irrtümer aufzuklären. «Viele denken ja zum Beispiel, dass wir bei einer Grabaufhebung tatsächlich die Überreste der Verstorbenen aus dem Boden heben», sagt Reich.

Nicht nur «trockene Führung»

Der erste Programmpunkt am Sonntag ist dementsprechend eine halbstündige Führung, bei der Reich die Teilnehmer über den Friedhof Sihlfeld informiert. Da ihre Zielgruppe sehr jung ist, wollte sie sich aber nicht auf eine «trockene Führung» beschränken: «Ich dachte mir, ich muss etwas Spannendes machen. Aber ich kann ja auch nicht einfach eine Party veranstalten.» Schliesslich sei ihr die Idee mit dem Escape Room gekommen.

Der Anlass ist auf sechs Teilnehmer ausgelegt und mittlerweile bereits ausgebucht. Im Anschluss an die Führung müssen die Kinder im Keller des Friedhof Forums interaktive Rätselaufgaben lösen. «Das wird eine Art Überprüfung von dem, was ich vorher gesagt habe», erklärt Reich. Das Ziel für die Teilnehmer ist es schliesslich, die Rätsel innert einer Stunde zu lösen und somit aus dem Escape Room zu entkommen.

Für den Keller als Austragungsort hat sich Reich aus verschiedenen Gründen entschieden: «Der Raum muss verschliessbar sein. Gleichzeitig muss die Sicherheit der Teilnehmer gewährleistet sein. Ausserdem hat es im Keller kein Tageslicht, das macht es gruseliger.» Sollten die Teilnehmer weniger als eine Stunde für das Lösen der Rätsel benötigen, hat Reich ein Alternativ-Programm in der Hinterhand: «Die Kinder dürfen alle ein Andenken mitnehmen. Falls noch Zeit bleibt, können sie das mit Totenköpfen und anderen passenden Motiven verzieren.»

Friedhof in Erinnerung behalten

Das Andenken soll den Teilnehmern dabei helfen, den Friedhof in guter Erinnerung zu behalten. «Sie sollen auch mit ihren Eltern wieder herkommen und ihnen zeigen, was sie gelernt haben», sagt Reich. Der Friedhof soll also belebt werden. Schliesslich sei es auch ein gemütlicher Ort zum Verweilen, beispielsweise für ein Mittagessen.

Laut Christine Süssmann, Leiterin des Friedhof Forums, steckt dahinter noch ein weiteres Ziel. So sei das Forum bemüht, verschiedenen Bevölkerungsgruppen Möglichkeiten zu bieten, sich mit dem Thema Tod auseinanderzusetzen. Da es für Kinder bisher keine entsprechenden Angebote gibt, freut sich Süssmann über den Escape Room: «Auch Kinder können einen nahestehenden Menschen verlieren oder selbst sterben. Sich dieser Realität spielerisch anzunähern, ist eine Chance.»
Für die Organisation des Anlasses ist Reich in die Rolle einer «Expertin für Ausserordentliches» geschlüpft. «Diese Bezeichnung passt schon zu mir», sagt sie lächelnd. Zudem erzeuge sie auch eine gewisse Neugier. Sollte der Pilotversuch erfolgreich verlaufen, kann Reich sich auch vorstellen, weitere «ausserordentliche» Anlässe ins Leben zu rufen.