ETH verhandelt über «neuen Polysteig»

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Die Polybahn könnte bald Konkurrenz erhalten. Die ETH plant weitere «mechanische Aufstiegshilfen» für Studentinnen und Studenten ins Hochschulgebiet.

Die Pläne von Universitätsspital, Universität und ETH fürs Hochschulgebiet haben einen weiten Horizont. Fertiggestellt sein sollen die letzten der vielen Neu- und Umbauten ums Jahr 2045. Schon heute offensichtlich ist jedoch, dass die Kapazitäten des öffentlichen Verkehrs vom Bahnhof hinauf in das Hochschulgebiet stark ausgebaut werden müssen, um das Mehr an Studentinnen und Studenten, Mitarbeitern, Patienten und Besuchern bewältigen zu können.

Nadelöhre sind die Polybahn und das Sechser-Tram, die vom Central zur Leonhardstrasse hinauf fahren. Insbesondere am Morgen vor Vorlesungsbeginn vermögen Tram und Bähnlein den Ansturm kaum mehr zu bewältigen. Ideen, wie sich die Kapazität steigern liesse, gab es schon. So war vor einem Jahr die Rede von einem Ersatz der Polybahn durch eine grosse Rolltreppe. «Polyflow» wurde die Vision damals genannt.

Steiler Polysteig
Der Sache angenommen hat sich mittlerweile die ETH. Zwar hätten an einer Kapazitätssteigerung der Polybahn die Universität und das Universitätsspital dasselbe Interesse, sagte Daniel Bucheli, Direktor Immobilien der ETH, am Montagabend am Rand einer Infoveranstaltung. Die Bergstation der Bahn aber stehe neben der Polyterrasse, und das unter der Terrasse gelegene Mehrzweckgebäude will die ETH in den nächsten Jahren für 85 Millionen Franken sanieren. Dabei soll das Gebäude mit Mensa, Küche und Sportanlagen mittels einer «Spange» an einen «neuen Polysteig» angeschlossen werden.

Der neue Polysteig ist gemäss dem kantonalen Masterplan «eine schnelle, wenn auch steile Verbindung» zwischen Central, Hirschengraben und Polyterrasse. So steil wird der neue Steig sein, dass die ETH ihn nicht als konventionelle Treppe plant, sondern als Weg mit «mechanischen Aufstiegshilfen». Vom Tisch ist laut ETH-Direktor Daniel Bucheli hingegen die Vision Polyflow. Der Bau einer Rolltreppe anstelle der Polybahn sei nie ernsthaft in Erwägung gezogen worden. Zu gross wäre der Widerstand gewesen, die roten Wagen aufs Abstellgleis zu stellen.

Der neue Polysteig ist im Masterplan südlich des Bahntrassees eingetragen oder, anders gesagt, rechts der Gleise, wenn man hinauf zur Polyterrasse blickt. Heute liegt dort, wo die Rolltreppen des Steigs vorgesehen sind, ein grosser Garten oder kleiner Park. «Mit den Eigentümern und den Anwohnern sind wir über die Wegführung im Gespräch», sagt Bucheli. Die ETH selbst sei daran, eine Machbarkeitsstudie zu erstellen, mit welchen technischen Mitteln auf dem vorhandenen Platz die Höhendifferenz von 40 Metern am besten zu bewältigen ist.

Augustinerverein wartet ab
Besitzer des Grundstückes und Gartens neben der Polybahn ist der Augustinusverein. Dieser besitzt am Hirschengraben zwei Liegenschaften. In einer davon, im Akademikerhaus «aki», ist die katholische Hochschulgemeinde eingemietet, die an Uni und ETH seelsorgerisch und sozial tätig ist. «Wir wurden im Sommer von der ETH kontaktiert», bestätigt der Leiter des Aki, der Jesuit Franz-Xaver Hiestand. Die ETH habe ihr Interesse bekundet, eine Verbindung vom Central zur Polyterrasse zu schaffen, unter Einbezug des Grundstückes des Augustinusvereins. Mittlerweile habe auch ein zweites Gespräch stattgefunden, sagt Hiestand. «Dabei hat uns die ETH zugesichert, auch andere Alternativen zu prüfen.» Die Haltung des Augustinusvereins zu den Plänen bezeichnet Hiestand als «abwartend». Es sei an der ETH als Nächstes die Ergebnisse ihrer Abklärungen zu präsentieren. Ein weiteres Gespräch sei angekündigt.

Im Masterplan ist die Realisierung auch des Polysteigs bis im Jahr 2025 vorgesehen, zusammen mit der «Gartensequenz», die vorhandene Grünräume unterhalb des Hochschulgebietes horizontal und vertikal besser vernetzen will. Der Kostenrahmen für Polysteig und Gartensequenz ist im Masterplan mit 8 bis 13 Millionen Franken angegeben – ohne die Kosten für einen allfälligen Landerwerb.

Enteignungen nicht vorgesehen
Heute sind im Planungsgebiet nicht alle Grundstücke im öffentlichen Besitz. Ein Teilnehmer an der ETH-Infoveranstaltung vom Montag wollte deshalb wissen, ob der Kanton auch Enteignungen vorsehe, um seine Pläne umsetzen zu können. «Vorgesehen ist das sicher nicht», antwortete Hochschulgebiet-Gesamtkoordinator Peter Bodmer. Enteignungen seien ein untaugliches Mittel, ein solches Projekt voranzutreiben. (David Herter)