Jetzt wird für die Fernwärmeverbindung zwischen dem Hagenholz und der Josefstrasse gebohrt. Dafür braucht es vier bis zu 34 Meter tiefe Schachtbauwerke. Nicht alle sind zufrieden mit dem Monsterprojekt.
«Es ist grotesk, wie die Baustelle in ein Wohnquartier hineingezwängt wird», sagt Anrainerin Verena De Baan. Sie ist direkt vom Bau eines fast 30 Meter tiefen Schachts betroffen. Er wird keinen Steinwurf von ihrem Schlafzimmer
gebohrt.
De Baan übt aber auch generell Kritik: «Wir brauchen die Fernwärme gar nicht, denn wir können uns bestens mit eigener Erdwärme versorgen.» Sie fragt sich zudem, ob ein feines Netz der Erdwärme durch die halbe Stadt energetisch sinnvoll sei, wenn es alternative, dezentrale Energieformen wie eben Erdsonden gebe. Zu Kritik Anlass gibt zumindest momentan die Tatsache, dass in der Kehrichtverbrennungsanlage Josefstrasse wegen Überkapazitäten vor allem Abfall aus Süddeutschland verfeuert wird.
Beachtlicher Aufmarsch
Für Diskussion rund um die Fernwärme sorgen momentan vor allem die vier grossen Schachtbauwerke, die in den Kreisen 6, 10 und 5 geplant sind. Ziel der Bohrungen: der Ausbau der Fernwärme zwischen dem Heizkraftwerk Hagenholz in Schwamendingen und der Kehrichtverbrennungsanlage an der Josefstrasse. Damit ist das dezentrale Beheizen mit Abwärme aus dem Verbrennen von Abfall und Holz gemeint. Die Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) Josefstrasse wird in gut zwei Jahren stillgelegt. Dann wird die Fernwärme (in Form von Wasserdampf) von der Kehrichtverbrennungsanlage Hagenholz bezogen.
Eine gute Sache findet dies Jacqueline Badran. «Es kann nicht schnell genug gehen, bis wir unseren Anschluss bekommen», sagt die Stockwerkeigentümerin. Auch die Nationalrätin ist dabei an einem Ortstermin an der Rothstrasse in Zürich-Unterstrass. Grund ist ein öffentlicher Informationsanlass. Der Aufmarsch ist beachtlich. Sieben Experten von Entsorgung + Recycling (ERZ), vom Sicherheitsdepartement und von der Bau- und Ingenieurfirma sind anwesend, um das Quartier über das Grossprojekt zu informieren. Der Auftritt erfolgt nicht ganz freiwillig. Erst ein Artikel in dieser Zeitung hat dazu beigetragen, dass relativ offen kommuniziert wird. «Wir wären bis heute nicht informiert worden», ist Verena de Baan überzeugt. Auch vom Quartierverein Unterstrass sei nichts gekommen, obwohl dieser vorgängig informiert wurde.
Daniel Eberhard, Mediensprecher von ERZ, erklärt die schleppende Information damit, dass man die Bauarbeiten möglichst koordinieren wolle. Im Falle der Baustelle an der Rothstrasse werden vor dem Bohren des Schachtes – ab Oktober und für mindestens ein Jahr – noch Werkleitungen ersetzt. Baubeginn ist Mitte Juli. Zwischen dem Strickhof oberhalb des Irchelparks und der Gerstenstrasse im Kreis 5 wird mit einer Tunnelbohrmaschine in 20 bis 90 Metern Tiefe ein neuer, begehbarer Tunnel ausgebohrt. Er hat einen Innendurchmesser von 3 bis 3,2 Meter und wird rund 2,4 Kilometer lang. Dieses Verfahren erlaubt laut ERZ eine direkte Linienführung und vermeidet «Beeinträchtigungen der unterquerten Stadtquartiere».
KVA bleibt, aber kleiner
Trotzdem werden in der Milchbuck-, der Roth-, der Habsburg- und der Gerstenstrasse vier grosse Zugangsschächte erstellt. Die bis 34 Meter tiefen Schächte ermöglichen während der Bauphase die Installation der Bohrmaschinen im Tunnel und den Materialumschlag. In der Betriebsphase dienen sie dem Zutritt der Wartungsequipen und zum Anschliessen der Leitungen in die Quartiere. Eine neue Energiezentrale gibt’s an der Josefstrasse. Diese wird am jetzigen Standort der Kehrichtverbrennungsanlage zu stehen kommen. Sie wird noch rund 40 Prozent oder 8000 m² der heutigen Fläche einnehmen.