Fragen und Antworten zum «Rosengarten-Projekt»

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Der Kantonsrat wird ab 4. Februar über das Verkehrsprojekt Rosengartentunnel/ Rosengartentram befinden. Regierungs- und Stadtrat befürworten das Milliardenprojekt. Zumindest in den betroffenen Quartieren gibt es auch kritische Stimmen. Die Lokalinfo beantwortet die wichtigsten Fragen.


Was beinhaltet das Projekt?
Das von Kanton und Stadt erarbeitete Projekt stellt laut eigenen Angaben «die Mobilität für die Zukunft sicher und bietet die Chance für ein attraktives, lebendiges Stadtbild». Dazu wird ein 2,5 Kilometer langer Strassentunnel gebohrt mit je einem Portal am Wipkinger- und am Bucheggplatz sowie beim Irchelpark. Die Strassenlänge nimmt gegenüber heute um rund 800 Meter zu, weil der Tunnel sonst zu steil würde. Dazu gibt es eine neue Tramverbindung zwischen dem Albisriederplatz und dem Milchbuck mit 3,1 km Neubaustrecke.

Wie viel kostet das Projekt?
Beim heutigen Planungsstand ist die Rede von 1,1 Milliarden Franken. Dafür gibts einen Tunnel und zwei neue Tramlinien. Rund ein Viertel der Gesamtkosten trägt voraussichtlich der Verkehrsfonds, der Rest der Strassenfonds. Die Stadt Zürich muss nur rund 50 Millionen oder 4,5 Prozent beitragen. Zum Vergleich: Der Bau der zweiten Gotthardröhre wird momentan mit 2,8 Milliarden Franken beziffert. Das gesamte Projekt der Durchmesserlinie (inkl. Bahnhofsbauten und Brücken) kostete rund 2 Milliarden Franken.

Wie ist der Zeitplan?
Stadt und Kanton betonen, dass das Gesamtvorhaben bereits auf dem Stand einer Planungsstudie dem Kantonsrat und bei einem Referendum der Stimmbevölkerung zum Entscheid vorgelegt wird. So soll möglichst früh ein politischer Grundsatzentscheid gefällt werden. Aufwendige und kostenintensive Detailplanungen sollen erst nach Inkrafttreten des Gesetzes in Angriff genommen werden. Ab dann kann bestenfalls nach fünf Jahren mit dem Bau begonnen werden.

Wie lange dauern die Bauarbeiten?
Gebaut wird in zwei Etappen. Zuerst der Tunnel mit den Zufahrten (gut sechs Jahre), dann die Tramlinie (mindestens zwei Jahre). Die eigentliche Bauerei dauert gegen zehn Jahre. Grossbaustellen würde es am Wipkingerplatz, am Bucheggplatz sowie beim Irchelpark geben. Fertig ist das Gross-Projekt also frühestens 2032, weil allein die Planungsphase nach dem politischen Entscheid rund fünf Jahre
dauert.

Gibt es eine Volksabstimmung?
Der Beschluss des Kantonsrats unterliegt dem fakultativen Referendum. Im Fall eines positiven Entscheids des Parlaments können somit 3000 Stimmberechtigte innert 60 Tagen das fakultative Referendum einreichen. Alternativ können 45 Mitglieder des Kantonsrats innert 14 Tagen das Kantonsratsreferendum und die Durchführung einer Volksabstimmung verlangen. «Diese muss anschliessend innert sieben Monaten durchgeführt werden», hält die Volkswirtschaftsdirektion fest. Wenn der Kantonsrat die Vorlage ablehnt, gibt es keine Volksabstimmung über das Projekt. Es ist gestorben.

Wer sind die Befürworter, wer die Gegner?
Vor Beginn der Debatte im Kantonsrat sind die Meinungen offiziell gemacht. Regierungs- und Stadtrat stehen hinter dem Projekt, ebenso wie die kantonsrätliche Verkehrskommission. Kritiker bemängeln freilich, dass sich das Projekt in der Zwischenzeit wesentlich geändert habe und der Stadtrat eine Neubeurteilung vornehmen müsse, zumal die Federführung des zuständigen Tiefbaudepartements seit den Wahlen Anfang 2018 nicht mehr bei der FDP, sondern bei der AL liege. Im Stadtzürcher Gemeinderat sind AL, SP und die Grünen mehrheitlich gegen das Projekt, die Bürgerlichen dafür.

Müssen Häuser weichen und wenn ja, welche?
Laut der IG Westtangente Plus sind die Eingriffe beachtlich. Sie beziehen sich auf die offiziellen Pläne von Stadt und Kanton Zürich. Weil die Tramhaltestelle am Albisriederplatz an die Badenerstrasse verschoben werden soll, müssten zwei grosse Wohnbauten weichen (siehe Foto oben rechts). Zwischen Röschibachstrasse und Rosengartenbrücke kämen zwei Wohnblöcke weg. Anstelle des unteren Eckhauses kämen das Tunnelportal und ein Infrastrukturbau der Kantonspolizei. Weichen müssten wohl auch die Häuser an der Rosengartenstrasse 38 und 40, das Gebäude mit dem Blumenladen am Bucheggplatz, das Mehrfamilienhaus an der Ecke Buchegg-/Wehntalerstrasse sowie die Häuserzeile Schaffhauerstrasse 163–165. Die Planer hingegen geben sich zurückhaltend. Es sei noch Gegenstand der weiteren Projektierung, ob alle Häuser betroffen seien. Der genaue Bedarf und Umfang des Landerwerbs müssten in der Projektierungsphase geprüft werden.

Wie ist die Stimmung in den betroffenen Quartieren?
Gemischt, zumindest nicht euphorisch. Denn die fast zehn Jahre dauernden Bauarbeiten mit Umfahrungsverkehr braucht Geduld. Immerhin: Der ganze oberirdisch geführte Abschnitt der Rosengartenachse zwischen Röschibachstrasse und Wehntalerstrasse wird um mindestens 85 Prozent vom Verkehr entlastet. Dies entspricht einer Strecke von gut 1,3 km mitten in reinem Wohngebiet. Aber: Schon heute sind die lokalen Boden- und Liegenschaftenpreise stark gestiegen. Somit wird sich, ähnlich wie an der Westtrasse im Kreis 3, der Mix der Anwohner ändern.

Sind mit dem neuen Tunnel Autofahrer schneller am Ziel?
Nicht unbedingt, weil der Fahrweg wegen des längeren Tunnels zunimmt. Aber: Der Verkehr am Rosengarten fliesse dank dem Tunnel wieder berechenbarer, dies spare Zeit und minimiere Umwegfahrten, sind Stadt und Kanton Zürich überzeugt. Und: Der Tunnel bringe nicht mehr Verkehr, wickle diesen aber nicht flüssiger, sondern laut der Stadt planbarer ab. Positiv für den Autoverkehr: Die eigentliche Rosengartenstrasse bleibt als befahrbare Verbindung, freilich «nur» für den Quartierverkehr.

Auf welche Strassen kann man während der Bauphase ausweichen?
Einschneidend ist vor allem die Baustelle oberhalb des Wipkingerplatzes und bis zur heutigen «Bananenbrücke», welche abgerissen werden soll. Während einiger Jahre müssten Quartierstrassen wie die Röschibachstrasse den Ausweichverkehr auffangen, finden zumindest die Gegner. Laut der Stadt Zürich hingegen werden Lehen-, Scheffel- und Röschibachstrasse nicht belastet. Es gebe «nur» Mehrverkehr via Dammstrasse und Röschibachplatz. Laut der Stadt soll der Verkehr von und zur Hardbrücke wenn möglich auf der Rosengartenstrasse verbleiben.

Wie hoch ist der Nutzen für Nicht-Zürcher?
Laut offiziellen Angaben sind heute nur noch fünf Prozent des Verkehrs Durchgangsverkehr. Der Rest ist innerstädtischer oder zumindest «Ziel-Quell»-Verkehr, als von ausserhalb von Zürich hierher und umgekehrt.

Und der Nutzen für den ÖV?
Unbestritten ist der Hauptbahnhof für die Trams ein grosses Nadelöhr. Laut den VBZ gäbe es mit dem Rosengartentram endlich eine zusätzliche Querverbindung, die nicht über den HB führt. Die heutigen Lösungen mit Trolleybussen bieten weniger Komfort für die Fahrgäste. Mit dem Rosengartentram steigt die Kapazität deutlich: auf der Hardbrücke um 85, in der oberen Rosengartenstrasse gar um 125 Prozent. Diese ist nötig, weil Zürichs Bevölkerung in den nächsten Jahren um bis zu 25 Prozent wachsen soll.

Wo kommt der Kamin für die Tunnelabgase hin?
Lange Zeit in den Schlagzeilen, ist der markante Abluftkamin des Milchbucktunnels an der Stampfenbachstrasse aus dem Fokus verschwunden. Laut dem Kanton Zürich wird der geplante Kamin in der Nähe der Tunnelzentrale im Gebiet des Bucheggplatzes zu stehen kommen. Das Projekt Einhausung Schwamendingen mit dem Schöneichtunnel habe gezeigt, dass quartierverträgliche Lösungen für eine solche Infrastruktur gefunden werden können.

Und die Rekurse?
Rekurse sind möglich, doch weil sich das Bauprojekt (auch nach gewonnener Volksabstimmung) auf ein Spezialgesetz in der Verfassung stützen kann, sind die Erfolgschancen gering. (Lorenz Steinmann)