Frauen machen Frauengeschichte sichtbar

Erstellt von Karin Steiner |
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Vor 30 Jahren gründeten sieben Historikerinnen den Frauenstadtrundgang Zürich mit dem Ziel, Frauen, die in der Stadt Zürich Bedeutendes geleistet hatten, ein Gesicht zu geben. Bis heute stossen die informativen Spaziergänge auf grosses Interesse – und das nicht nur bei Frauen.

Seit 30 Jahren erforschen Historikerinnen und Geschichtsstudentinnen die Frauengeschichte der Stadt und vermitteln ihr Wissen auf regelmässigen «Fussreisen durch Zürichs Geschlechtergeschichte» den interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern. «Früher hatten Frauen in der Schule, in der Öffentlichkeit und lange Zeit auch in der Geschichtswissenschaft nichts verloren», erzählt Jessica Meister, Co-Präsidentin des Vereins Frauen­stadtrundgang Zürich. «Das Geschichtsbild, das vermittelt wurde, war das von mächtigen Männern und ihren ‹grossen› Taten.» Pionierinnen der Frauen- und Geschlechtergeschichte wollten dies ändern.

An der 5. Historikerinnentagung im Jahr 1988 in Bern suchten sie nach Wegen, historische Frauen im öffentlichen Raum sichtbar zu machen. Zwei Kölner Historikerinnen brachten die Idee der Frauenstadtrundgänge ein. Das Projekt stiess in der Schweiz auf ein grosses Echo, sodass drei Jahre später der Frauenstadtrundgang Zürich gegründet wurde. «Damit holten sie Frauengeschichte aus dem ­akademischen Elfenbeinturm heraus und trugen das Wissen auf die Strasse», so Jessica Meister.

Von Hexen, Laster und Aufbruch

Heute kommen 30 Historikerinnen und Geschichtsstudentinnen regelmässig zusammen und besprechen neue Ideen und Themen. Zur Ausarbeitung von Projekten wie neuen Rundgängen formieren sie sich zu Gruppen. «Bevor wir die Rundgänge in unser Programm aufnehmen, werden sie jedoch dem ganzen Plenum vorgeführt und dann gegebenenfalls nochmals überarbeitet», sagt Jessica Meister. «Das ist unsere Qualitätskon­trolle. So steht hinter einem Rundgang stets der ganze Verein.»

Die Themen der Rundgänge könnten vielfältiger nicht sein und reichen von Hexenverfolgung und Flüchtlingspolitik über die 1968er-Generation bis zu Frauen und der Tod. Auch wird gezeigt, welche Rolle Frauen in der Zürcher Beizengeschichte spielten, wie sie sich früher vergnügen durften, welche Rechte sie hatten und was sie als Unternehmerinnen alles geleistet hatten.

Vieles ist in Planung

Während der Winterpause wurde fleissig an weiteren Projekten gearbeitet. «Wir haben ein Quartett über 32 kämpferische Frauen, die Zürcher Geschichte geschrieben haben, erarbeitet», verrät Jessica Meister.

Weiter entstehen im Auftrag der Fachstelle für Gleichstellung kurze Filmporträts zu acht Frauen, denn die Stadt Zürich hat beschlossen, dass zukünftig acht Strassen mit Frauennamen an historische Frauen erinnern sollen. Es wurden entsprechende Infotafeln angebracht. «Da wegen Corona keine öffentlichen Veranstaltungen geplant werden können, entstand die Idee, mit kurzen Filmporträts diese Frauen einer breiten Öffentlichkeit bekannter zu machen.» Neu im Programm ist auch eine digitale Schnitzeljagd, die einmal quer durch die Geschlechtergeschichte führt und entstanden ist, weil wegen der Pandemie viele Führungen abgesagt werden mussten.

Start am 24. April

Dieses Jahr feiert der Verein Frauenstadtrundgang Zürich das 30-jährige Bestehen. Geplant sind zwölf öffentliche Rundgänge. Aufgrund der Covid-Massnahmen müssen sich momentan alle Interessierten im Vorfeld anmelden. Gestartet werden soll am 24. April mit der Premiere «50 Jahre Frauenstimmrecht! – Wie die Zürcherinnen für ihre Rechte kämpften». Ob dies jedoch möglich ist, hängt von den Covid-Massnahmen ab. «Für dieses Jahr hoffen wir fest, dass wir wieder viele Rundgänge führen können», so Jessica Meister. «Wir wollen weiterhin dazu beitragen, dass Frauen als Handelnde in der Geschichte wahrgenommen werden und Frauen grundsätzlich im öffentlichen Raum sichtbarer werden.»

Neben den öffentlichen Rundgängen bietet der Verein auch private Führungen an. «Wir führen rund 90 private Führungen pro Jahr durch. Letztes Jahr waren es allerdings wegen Corona nur 54.» ­Gebucht werden sie oft im Rahmen von Weiterbildungen, Geschäftsausflügen oder als Geburtstagsgeschenk. «Beliebt ist auch unser Rundgang ‹Verliebt, verlobt verheiratet› bei Polterabenden oder im Anschluss an eine Trauung.»

Seit knapp zwei Jahren sind auch Schulrundgänge im Angebot, begleitet von Unterrichtsmaterialien zur Vor- und Nachbereitung, die auf der Website heruntergeladen werden können.

Infos, Jahresprogramm, Anmeldung: www.frauenstadtrundgangzuerich.ch