«24-Stunden-Amt mit Sprechstunden in der Badi» 

Erstellt von Pia Meier |
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Sascha Patak (FDP) ist seit 2014 Gemeindepräsident von Erlenbach. Nun gibt er sein Amt per Ende Juni freiwillig ab. Er hätte diesen Sonntag, am 26. Juni, für den zweiten Wahlgang antreten müssen – trotz Erfolg im ersten wollte er das aber nicht. Mit dem «Küsnachter» sprach er über seine Beweggründe.

Ruhig wie gewohnt sitzt Sascha Patak im Sitzungszimmer im Erlenbacher Gemeindehaus. Seit 2014 war er hier als Gemeindepräsident tätig, seit 2010 im Gemeinderat und zuvor vier Jahre in der Bau- und Planungskommission. Im ersten Wahlgang fürs Gemeindepräsidium erreichte er mit 623 Stimmen am meisten Stimmen von den drei Kandidaten, aber nicht das absolute Mehr. Trotzdem entschied er sich, für den zweiten Wahlgang nicht mehr anzutreten. 

Wie geht es Ihnen heute, Herr Patak?

Sascha Patak: Blendend. Es war für mich der richtige Entscheid, nicht mehr anzutreten. Es war ein Grundsatzentscheid. Ich stand dem Dorf 16 Jahre mit Begeisterung zur Verfügung, wollte und will aber nicht für diese Tätigkeit streiten. Ich war mit Herzblut Gemeindepräsident und habe mich gerne fürs Dorf engagiert, aber ohne Kampf ums Amt. 

Sie hatten aber im ersten Wahlgang mehr Stimmen erreicht als ihr Gegenkandidat Philipp Zehnder. Vielleicht hätte es im zweiten Wahlgang gereicht?

Ich wäre guten Mutes in die zweite Runde gegangen. Vom Dorf habe ich viele positive Rückmeldungen erhalten. Als ewiger Optimist habe ich mir sehr gute Chancen ausgerechnet für einen Sieg. Ich sehe mich als ausgeprägten Dienstleister, dem es um die Sache geht und nicht um meine Person. Es fehlt mir nicht an Ehrgeiz. Bei Projekten zum Beispiel bin ich sehr ehrgeizig. Nur eben widerstrebt es meiner Grundüberzeugung, für eine solche von viel Freiwilligkeit und Herz geprägten Tätigkeit zu streiten.

Ist das Büro geräumt?

Ende Juni verlasse ich das Gemeindehaus Erlenbach. Es gab nicht viel zu räumen, denn ich bin sehr strukturiert und die vielen Dossiers sind digital aufgeräumt und bereit. Betreffend Infrastruktur hatte ich sowieso nichts im Gemeindehaus. Ich habe aber angeboten, komplexe Geschäfte, wie zum Beispiel der Vollzug des siegreichen Rechtsstreits um die Versorgertaxen, noch zu beenden. 

Was machen Sie in Zukunft?

Ich habe eine Anwaltskanzlei. Die Mitarbeitenden sind froh, dass ich wieder mehr da bin. Auch privat freue ich mich, wieder mehr Flexibilität für Familie und Freude zu haben. Zudem habe ich bereits neue Projekte, die nichts mit Politik zu tun haben, wie zum Beispiel die Organisation einer Operette im Jahr 2024. Ich werde auch in Zukunft weiterhin gerne Freiwilligenarbeit leisten und stehe auch im Dorf für Neues zur Verfügung. Das ­Gemeindepräsidium umfasste viel Freiwilligenarbeit, es war sozusagen ein 24-Stunden-Amt mit Sprechstunden in der Migros oder der Badi (lacht). 

Was waren die Höhepunkte ihrer politischen Karriere?

Das grösste Projekt war sicher die Planung und Umsetzung unseres Altersheims Gehren. Ich habe dieses budgetierte 44-Millionen-Projekt sehr eng begleitet und wir konnten sogar mit zehn Prozent unter Budget abschliessen. Dort kenn ich noch heute sozusagen fast jede Schraube persönlich. Besonders herausfordernd waren und sind sicherlich noch immer die beiden Krisen, Coronapandemie und Ukrainekrieg. Beide meistert die Gemeinde Erlenbach gut beziehungsweise hat sie gut gemeistert. 

Gibt es noch weitere erfolgreiche Projekte?

Im gesellschaftlichen Aufgabenkreis konnten wir viel im Bereich Jugend- und Seniorenarbeit erreichen. Auch die Freiwilligenarbeit steht in Erlenbach mit dem erlinet.ch auf besten Beinen und ist bereits fürs Dorf nicht mehr wegzudenken. Viel Herzblut liegt auch bei der Entwicklung und Planung des neuen Erli­bacherhofs, auch dieser ist mit dem erfolgreichen Wettbewerb auf gutem Weg, braucht aber noch weiterhin viel ­Geduld, Energie und Liebe bis zur Er­öffnung. Wir haben auch die Verwaltungsprozesse digitalisiert. Dies hatte Restrukturierungen und Umgestaltungen zur Folge. Nun sind wir aber topfit für die Zukunft. Die Website ist neu und offen programmiert und kann mit spannenden Projekten weiter ausgebaut werden. Ich finde, unsere laufenden Projekte sind auf gutem Weg.

Gibt es etwas, das Sie noch gerne ­gemacht hätten?

Natürlich liegen mir die grossen langfristigen Projekte sehr am Herzen. Die wichtigsten sind die Schulentwicklung Allmendli und der Erlibacherhof. Zudem war es immer mein Ziel, dass Erlenbach attraktiv bleibt für alle Bevölkerungsschichten. Viel wird über den sozialen Wohnungsbau gesprochen. Häufig nehmen wir dabei unsere guten Steuerzahler als selbstverständlich hin, das ist aber nicht so, auch diesen gilt es grösste Sorge zu tragen, denn sie ermöglichen uns die Entwicklung unseres Dorfes. Grundsätzlich gilt es, mit den Finanzen sorgsam und sehr sparsam umzugehen und das Geld nicht herauszuschmeissen. 

Wie wichtig war ihnen die Partizipation der Bevölkerung?

Das war mir sehr wichtig. Vor der Coronapandemie war das auch einfacher. Wir hatten zu allen grossen Projekten Ver­anstaltungen und Entwicklungsworkshops mit der interessierten Bevölkerung gemacht, zum Beispiel auch für die Zentrumsentwicklung vor neun Jahren. Während Corona war alles sehr stark ­eingeschränkt. Wir mussten sehr viele Veranstaltungen absagen. Es war eine schwierige Zeit für den direkten Kontakt mit der Bevölkerung. Es war auch nicht einfach, Informationen zu vermitteln. Ich fühlte mich aber während meiner Amtszeit – selbst während Corona – immer nahe am Volk, vor allem bei der aktiven Bevölkerung.

Der vom Gemeinderat propagierte Liegenschaftenverkauf hat einige Erlenbacherinnen und Erlenbacher verärgert. War dieses Vorhaben nachträglich gesehen ein Fehler?

Ich sehe dies nicht als Fehler, sondern als gelebte Demokratie. Im Portfolio der Gemeinde sind um die 70 Liegenschaften. Es war uns wichtig, Kostentransparenz zu vermitteln. Die Diskussion war und bleibt sehr wichtig. Lohnt es sich, Liegenschaften zu behalten, die mehr kosten, als sie je bringen? Kann man mit dem Geld nicht effizienter gewünschte Ziele wie bezahlbaren Wohnraum erreichen? Mit dem Entscheid der Bevölkerung kann die Gemeinde aber gut leben und umgehen. Zudem ist für alle nach der Diskussion klar, dass dieser Entscheid die Gemeinde mehrere Millionen für die Sanierungen kosten wird in den nächsten Jahren. Hier erwarte ich natürlich, dass dies dann auch von der Bevölkerung getragen wird.

Es wurde argumentiert, dass es in Erlenbach zu wenig bezahlbaren Wohnraum gibt. Ist das so? 

Es ist ein Ziel der Gemeinde, bezahlbaren Wohnraum zu haben. Rund zehn Prozent aller Mietwohnungen in Erlenbach gehören direkt oder indirekt der Gemeinde. In diesem Portfolio sind keine Luxuswohnungen, sondern alles bezahlbarer Wohnraum. Wir sind weiterhin daran, dies zu erweitern, zum Beispiel mit dem Projekt an der Freihofstrasse mit dreizehn Sozialwohnungen. Die Gemeinde unternimmt viel und wir haben im Vergleich zu anderen Gemeinden eine gute Durchmischung. Wir müssen in der Gemeinde eine Balance finden, was Wohnkosten betrifft. Meines Erachtens übertreibt Zürich mit dem sozialen Wohnungsbau, das fände ich für Erlenbach nicht nötig.

Was wünschen Sie den Erlenbachern und Erlenbacherinnen für die Zukunft?

Ich wünsche mir, dass Erlenbach in Bewegung bleibt. In den letzten 16 Jahren haben wir viel bewegt und ich fände es schön, wenn dieser Schwung weiter bleiben würde. Wir haben noch viele grosse und kleine Projekte, die Erlenbach weiterbringen und noch lebenswerter machen. Erlenbach hat auch eine gute aber kleine Verwaltung. Diese Leute machen einen tollen Job im Hintergrund. Man muss ihnen Sorge tragen, sie sind das Rückgrat einer Gemeinde.