Gemeinsam pflanzen und ernten

Erstellt von Claudia Keller |
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Die Landwirtschaftsgenossenschaft Pura Verdura in Riesbach ist ein Beispiel, wie der partizipative Gemüseanbau in der Stadt funktionieren kann. Sie fördert den Austausch zwischen den Generationen im Quartier und legt auch Wert auf die Biodiversität. 

Wo gibt es Gemüse, das besser schmeckt als vom Grossverteiler? Das biologisch ist und direkt vom Acker im Quartier stammt? Dessen Produktion unter fairen Arbeitsbedingungen erfolgt und auch zur Artenvielfalt beiträgt? Wer keinen eigenen Haus- oder Schrebergarten hat, der diese Fragen erübrigt, findet bei der Solidarischen Landwirtschaftsgenossenschaft Pura Verdura eine Antwort. Die ­Gemüsekooperative, die bislang einen Acker auf der Lengg unterhalb des Balgrist und drei kleine Folientunnels bei der Psychiatrischen Universitätsklinik bewirtschaftete, startet im April ins dritte Betriebsjahr – und sie gedeiht prächtig: Sie hat von der Stadt Zürich eine zusätzliche Fläche gepachtet, die unmittelbar neben dem Quartierhof Wynegg liegt. Der Quartierhof ist seit Jahrzehnten ein Treffpunkt für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die sich für die Natur und Tiere interessieren und dabei kuli­narische Köstlichkeiten herstellen. Pura Verdura möchte nun auch zur Vielfalt dieses lebendigen Orts beitragen. 

Jetzt Mitglied werden

Der Ausbau ermöglicht der Gemüse­genossenschaft, weitere interessierte Mitglieder aufzunehmen. Die Mitglieder sind essenzieller Bestandteil des ­Betriebs: Sie sind nicht «nur» Konsument/-innen, sondern auch Mitproduzent/-innen – denn neben dem Jahresbeitrag von 1100.– Fr. helfen sie an acht Halbtagen pro Jahr auf dem Acker, beim Abpacken oder bei Veranstaltungen mit. Im Gegenzug erhalten sie jede Woche frisches Gemüse, verpackt in eine wiederverwendbare ­Tasche und in eines der sieben Depots in den Stadtkreisen 1, 7 und 8 geliefert. Die beiden Gemüsegärtnerinnen Rahel Fuchs und Bettina Schlatter freuen sich, dass mit dem zusätzlichen Acker die Fruchtfolge besser eingehalten werden kann und es möglich wird, ein paar neue Gemüsesorten auszuprobieren. 

Mehr Biodiversität 

Ian Rothwell, der Gründer von Pura ­Verdura, erinnert sich an die ursprünglichen Ideen: «Mit Pura Verdura wollten wir ein buntes, vielfältiges und nachhaltiges Quartierleben entstehen lassen. Ich hoffe, dass Pura Verdura den Grundstein für eine nachhaltige und vielfältige Land- und Ernährungswirtschaft im Quartier gelegt hat.» Nachhaltigkeit bei der Ernährung ist ein zentrales Anliegen, ein anderes ist der generationenübergreifende Austausch unter den Bewohner/-innen im Quartier. Gerade auch in den letzten beiden schwierigen Pandemiejahren ­haben viele beim Thema gesunder Ernährung und dem Bedürfnis, draussen zu sein, Gemeinsamkeiten entdeckt. Pura Verdura habe gezeigt, dass man gemeinsam mehr erreiche, so Rothwell. In die Zukunft mit dem zusätzlichen Standort und Angebot blickt er optimistisch-­gespannt: «Mit dem Ausbau auf den Flächen beim Quartierhof Wynegg schlagen wir weitere Brücken und hoffen, dass wir gemeinsam noch mehr fürs Quartier und die nachhaltige Landwirtschaft erreichen können.» 
Schon seit der Gründung arbeitet Pura Verdura auch eng mit dem Verein «Natur im Siedlungsraum – NimS» zusammen, um durch eine Trockensteinmauer, Asthaufen, Pflanzungen einheimischer Sträucher und Wildblumen sowie das Sensen der Grünflächen um den Acker die Biodiversität zu fördern. Jonas Landolt, Geschäftsführer des Vereins und ebenfalls Mitglied von Pura Verdura, freut sich auf die neuen Biodiversitätsförder­flächen auf dem Pura Verdura Acker bei der Wynegg. «Die aufgewerteten Flächen beim Lengg-Acker wurden unter anderen von Mauereidechsen, Erdkröten sowie ­etlichen Wildbienen und Schmetter­lingen besiedelt. Besonders gefreut ­haben wir uns über die Entdeckung der sehr seltenen Senf-Blauschillersandbiene, deren Nachwuchs sich gerne vom gesäten Senf ernährt. Diese Arten zeigen, dass sich das Engagement von Pura Verdura und NimS lohnt. Mit der neu geplanten Buntbrache bei der Wynegg entsteht eine vielfältige und farbenfrohe Blühfläche, die Wildbienen und weiteren Insekten Nahrung bietet und gleichzeitig ­Nützlinge anlockt. So gehen biologische Gemüseproduktion und Biodiversitätsförderung Hand in Hand.»

170 Gemüsetaschen pro Woche

Ab März werden auf den Äckern unter ­anderem Bohnen, mehrere Kohlsorten, Lauch, Mangold, Randen, Spinat und ­Zuckermais gepflanzt. Die Möglichkeit, das Wachsen und Ernten des Gemüses mitzuerleben und selbst Hand anzu­legen, ist ein wichtiger Beweggrund für viele, bei Pura Verdura mitzumachen. Margit Feurer beschreibt ihre Erfahrung so: «Pura Verdura versorgt mich mit ­Gemüse, das ich mit eigenen Augen wachsen sehen kann. Ich weiss, wo es ­herkommt, und erfahre bei meinen Einsätzen, wie viel Arbeit nötig ist, um jede Woche 140 – neu sogar 170 – Gemüse­taschen füllen zu können. Dabei lerne ich auch, was wann wächst und wie stark die Launen der Natur dabei mitspielen. Das alles macht mir den tatsächlichen Wert der Nahrung bewusst und lässt mich noch sorgfältiger kochen und dankbarer geniessen.» Ähnlich sieht es auch Daniel Röttele: «Ich bin gerne bei Pura Verdura dabei, weil wir als Genossenschaft etwas Handfestes und Sichtbares erzeugen. Unser Gemüse ist regional und kommt ohne lange Transportwege zu uns Genossenschafter/-innen auf den Teller. Es macht Spass, wenn ich einige Male im Jahr selbst auf dem Acker stehe, um zu jäten, haken oder neues Gemüse zu pflanzen. Der Beitritt in die Genossenschaft vor zwei Jahren war für uns auch naheliegend, da wir bei uns in der Familie sehr viel Gemüse essen und auf Saisonalität achten möchten.»

Im Trend zu weniger Fleisch

Pura Verdura ändert, was und wie man isst. Gemüse wird wichtiger, Fleischprodukte vielleicht weniger. Man entdeckt neue unbekannte Sorten und Geschmäcker und experimentiert auch gerne mal ein bisschen mit dem Gemüse, das geliefert wird. Franziska Löpfe, die zusammen mit Fredi Strasser ein Buch zum Bioweinbau geschrieben hat, betont: «Die unterschiedlichen Gemüse von Pura Verdura inspirieren uns beim Kochen. Wir erleben lustvoll, immer überraschend, wie sich unsere Essgewohnheiten ändern. Würzen tun wir die regionalen, saisonalen Gemüse oft globalisiert scharf.» Und auch für sie ist das Mithelfen auf dem Acker ein wichtiges Erlebnis: «Stehe ich auf dem Acker zwischen all den Spitalbauten beim Balgrist, habe ich das ­Urbane und das Bodenständige gleichzeitig. Das ist cool und subversiv. Mit ein paar Leuten zusammen eine Arbeit zu verrichten, ist wunderbar verbindend.»


 

Rundgang für Interessierte am Samstag, 5.  März

Am Samstag, 5. März, um 13.30 Uhr findet ein Rundgang auf dem Acker in der Lengg und beim Quartierhof Wynegg statt. Anmeldung erwünscht unter bettina@puraverdura.ch. Anmeldungen für eine Mitgliedschaft direkt auf der Webadresse www.puraverdura.ch/gemueseabo-zuerich. Neu gibt es für Haushalte, die Anspruch auf eine KulturLegi haben, stark vergünstigte Anteile.