Gewerbler erwärmen sich fürs FGZ-Abwärmenetz

Zurück

«Anergienetz Friesenberg» lautete das Thema der Mittagsveranstaltung des Gewerbevereins Zürich 3. Das Interesse an der Haustechnik der Familienheim Genossenschaft Zürich war gewaltig. 

Die Stadt Zürich durchlebt in diesen Zeiten eine fast schon beispiellose bauliche Erneuerungswelle. Diese Dynamik bietet auch die Chance, die Gunst der Stunde zu nutzen und die gebaute Umwelt so konsequent wie möglich nach den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft sowie der notwendigen Reduktion der CO2-Emissionen auszurichten. Doch kann man es schaffen, einen ganzen Stadtteil mit nur noch 40 Prozent des bisherigen Energieeinsatzes mit Wärme zu versorgen und den Kohlendioxid-Ausstoss gar um 90 Prozent zu senken? Was sich beinahe utopisch anhört, möchte die Familienheim Genossenschaft Zürich (FGZ) in den nächsten Jahrzehnten in die Tat umsetzen.

Nutzwertanalyse zeigte Potenzial

Am Donnerstag letzter Woche widmete sich die Mittagsveranstaltung des Gewerbevereins Zürich 3 dem Thema. Die Mitglieder waren ins Veranstaltungslokal der Siedlung Grünmatt an der Friesenbergstrasse geladen, um sich in einem Vortrag mit anschliessender Besichtigung über die ambitionierten Pläne zu informieren. Alfons Sonderegger, ehemaliger Präsident der Familienheim Genossenschaft, blickte als Erstes kurz auf die Geschichte der 1924 gegründeten FGZ zurück. «Es handelt sich im Friesenberg um eine sehr geschlossene Siedlung, die in nicht weniger als 25 Bauetappen gewachsen ist», erklärte er. Weil man damit mehr als das halbe Quartier besetze, sei so die grösste Siedlungsgenossenschaft der Schweiz entstanden. Während die Bevölkerung in den FGZ-Siedlungen dank der vielen Kinder weitaus jünger ist als in der Stadt insgesamt, zeichnete sich seit den 1990er Jahren aber zunehmend ab, dass ein Teil der FGZ-Infrastruktur in die Jahre kommt. Namentlich die Heizzentralen der aus ganz unterschiedlichen Zeitabschnitten stammenden Bauetappen müssen ersetzt werden. «Diverse Varianten für eine Erneuerung standen zur Debatte, darunter auch Geothermie sowie eine zentrale Holzschnitzelheizung», berichtete Sonderegger. Im Rahmen einer sogenannten Nutzwertanalyse durch die Firma Amstein + Walthert habe sich dann herausgestellt, welches Potenzial die Dienstleistungs-Grossbetriebe in der Nachbarschaft hinsichtlich einer Mitnutzung von erzeugter Wärme böten.

Erdsondenfeld speichert Wärme

«Der Experte plädierte dafür, eine Areal-Vernetzung anzustreben», fuhr der ehemalige FGZ-Präsident fort. Folglich sei als erster Schritt die Partnerschaft mit der Swisscom in der Binz gesucht worden. Als Ziele seien nicht nur die markante Senkung des Öl- und Gasverbrauchs sowie ein tieferer CO2-Ausstoss definiert worden, sondern auch, von den Abhängigkeiten und Preisschwankungen der fossilen Energieträger möglichst unabhängig zu werden.

Gesamtprojektleiter Matthias Kolb vom Unternehmen Anex Ingenieure AG erklärte, mit welcher Technik das ausgeklügelte System des im Aufbau begriffenen Abwärmenetzes funktioniert. «Die Wärme, die wir jetzt nutzen, stammt aus dem Rechenzentrum der Swisscom und bald auch von der CS Uetlihof. Bisher ist diese Abwärme einfach verpufft», so der Fachmann. Als Transportmedium für das Abwärmenetz fungiere Wasser, das in einer neu erstellten Ringleitung rund um das Quartier zirkuliere. Da die Temperatur mit etwa 8 bis 20 Grad Celsius relativ tief sei, handle es sich nicht um direkt nutzbare Energie, daher das Wort «Anergie».

Erst mit der saisonalen Speicherung via Erdsonden im Untergrund und dem Einsatz von Wärmepumpen könne sie ihr Potenzial ausschöpfen. «Es sind Sonden, wie man sie auch für Einfamilienhäuser verwendet, hier aber sind sie extrem eng gesetzt, mit Abständen um die fünf Meter», erfuhr die Zuhörerschaft. Auf diese Weise sollen bis Mitte des Jahrhunderts die erwähnten Ziele erreicht werden.

Damit sich das sichtlich beeindruckte Publikum noch einen realen Eindruck von der Technik verschaffen konnte, wurde nun eine der Energiezentralen besucht. Die Wärmepumpe mit 2 Megawatt Leistung zog alle Blicke auf sich. Aktuell werden bereits 926 der 2200 FGZ-Wohnungen mit Abwärme beheizt. Zurück im Veranstaltungslokal, konnten sich die Teilnehmenden das von Gusto Mobile zubereitete Mittagessen schmecken lassen. (Marcus Weiss, Text und Foto)