Gibt es 2020 keinen Altweibersommer?

Erstellt von Silvan Rosser |
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Die erste Oktoberhälfte brachte in Zürich wenig Sonnenstunden. Und es dürfte so bleiben: Die Chance auf eine Schönwetterperiode in der zweiten Oktoberhälfte ist klein. Einen Funken Hoffnung auf sonniges Altweibersommerwetter gibt es aber noch.

Die Blätter an den Laubbäumen verfärben sich von Tag zu Tag stärker. Höchste Zeit, dass sie im goldenen Licht bei ein paar sonnigen Tagen in voller Pracht präsentiert werden. Doch der Altweibersommer – die willkommene Schönwetterphase im Herbst, welche zu den bekanntesten Witterungsregelfällen in der Schweiz gehört, lässt dieses Jahr auf sich warten.

Später Altweibersommer
Die erste Oktoberhälfte brachte in Zürich weniger als 50 Sonnenstunden. Deutlich grauer war es letztmals im Oktober 2013. In den letzten drei Oktobern schien die Sonne in der ersten Monatshälfte jeweils bereits 70 bis 100 Sonnenstunden. Am sonnigsten war die erste Oktoberhälfte aber im Jahr 1908 mit über 110 Sonnenstunden. Dass die erste Oktoberhälfte allerdings in Zürich kein Garant für Sonne ist, zeigen die Oktober 1915, 1939, 1992 und 2000. Damals schien die Sonne in der ersten Monatshälfte jeweils nicht einmal während 20 Stunden. In der zweiten Oktoberhälfte nimmt die Schönwetterhäufigkeit in der Regel weiter ab. Auswertungen von MeteoSchweiz für die Monate September und Oktober seit 1901 zeigen, dass die Tage vom 12. bis zum 17. Oktober am häufigsten Schönwetterlagen, vor allem in den Bergen, bringen. Ist der Altweibersommer in Zürich damit für dieses Jahr gelaufen? Einen Funken Hoffnung auf sonniges Altweibersommerwetter im diesjährigen Oktober gibt es aber noch. So tritt der Altweibersommer in jüngster Vergangenheit deutlich später, vom 25. bis 27. Oktober, auf. Daneben sticht gemäss MeteoSchweiz auch der 22. Oktober als häufiger Schönwettertag heraus. Die einst klassische Schönwetterperiode zur Oktobermitte, welche besonders in der Periode von 1901 bis 1960 stark ausgeprägt war, kommt unter den heutigen Klimabedingungen hingegen nicht mehr zum Ausdruck.

Nebel im Flachland
Im Flachland kann die Sonne im Herbst allerdings durch Nebel oder Hochnebel verdeckt sein, was die Wirkung des Altweibersommers schmälert. Stabile Schönwetterperioden im Herbst sind nämlich auch gute Nebelwetterlagen. In den schon recht langen Nächten kann sich die Luft während wolkenlosen und windstillen Nächten stark abkühlen und anfeuchten. Die feuchte Kaltluft sammelt sich im Mittelland-Becken zwischen Alpen und Jura. Es bildet sich ein Kaltluftsee mit einer Inversionsschicht, einer Schicht, in der die Temperatur trotz zunehmender Höhe nicht kälter, sondern wärmer wird. Die im Oktober schon tief stehende Sonne kann diesen Kaltluftsee tagsüber auch nicht mehr vollständig abbauen. Kalte Luft kann weniger Feuchte aufnehmen als warme, sodass sie mit der Zeit kondensiert und sich dabei Nebel bildet.
Ein Altweibersommer ist in den Wetterdaten von Zürich deshalb nicht ersichtlich. Eine Häufung von Schönwettertagen ist allerdings in der ersten Septemberhälfte zu beobachten. Danach nimmt die Wahrscheinlichkeit für sonnige Tage rapide ab. Während sie am 8. September noch bei 50 Prozent liegt, sinkt sie bis zum 23. September auf unter 20 Prozent und verharrt dann während des ganzen Oktobers zwischen 5 und 20 Prozent. Die Chance auf eine Schönwetterperiode in der zweiten Oktoberhälfte in Zürich ist also sehr klein. Viel wahrscheinlicher ist es, dass sich der Altweibersommer Ende Oktober mit Sonne in den Bergen und Nebel im Flachland zeigen wird.

Spätsommer im Herbst
Der Altweibersommer hat im Übrigen nichts mit älteren Frauen zu tun. Vielmehr leitet sich der Name vom Altdeutschen «weiben» respektive dem heutigen «weben» ab, also vom Knüpfen der Spinnweben. Im Herbst, oder eben im späten, alten Sommer, fliegen die Spinnfäden umher. Wenn sich nach kühlen Nächten Tau darauf bildet, glitzern sie in der Oktobersonne. Der Altweibersommer ist demnach der Spätsommer im Herbst.

Wetter, Klimawandel und Energiewende in Zürich: www.meteozurich.ch.