Die jüdische Mädchenschule scheint ein Schlupfloch im Vertrag mit den EKZ gefunden zu haben. Zudem haben die EKZ ihr Baugesuch für die Grossüberbauung im Kreis 4 eben erst eingereicht. Wann die jüdische Mädchenschule ausziehen muss, steht also in den Sternen.
Jüdisch-orthodoxe Kreise rund um die jüdische Mädchenschule haben dem Vernehmen nach entscheidende Fehler im Kündigungsschreiben entdeckt, das die Mädchenschule des Jüdischen Schulvereins Zürich (JSZ) von den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich (EKZ) erhalten hat. Es sei juristisch falsch aufgesetzt worden und daher ungültig. Schulintern wurde dieser Coup frenetisch gefeiert, wie es von Insidern heisst.
Diese Sachlage bringt den Projektplan der EKZ tüchtig durcheinander. Eigentlich wäre vorgesehen gewesen, dass die EKZ ihre Liegenschaft an der Schöntalstrasse lediglich befristet an die JSZ vermietet. Ab 2018 sollten hier im angesagten Werdquartier 70 Wohnungen «im quartierüblichen Preissegment» entstehen, wie eine Sprecherin letzten Sommer gegenüber dem «Tages-Anzeiger» ausführte. Das Gebäude an bester Lage gehört der EKZ selber, nicht der EKZ-Pensionskasse. EKZ-Sprecherin Annette Hirschberg dementiert die aktuelle Entwicklung auf Anfrage nicht, im Gegenteil: «Wir können bestätigen, dass der JSZ die Rechtsgültigkeit der Kündigung des befristeten Mietvertrags mittlerweile infrage stellt.» Sie führt aber aus, dass die EKZ das befristete Mietverhältnis im Juli 2015 fristgerecht und ordentlich per Ende Schuljahr 2016/17 gekündigt hätten. "Exponenten des JSZ haben die Kündigung auch öffentlich bestätigt und nicht angefochten", so Hirschberg.
Rekurse sind möglich
So wollen die EKZ an ihren Bauplänen festhalten. «Das entsprechende Baugesuch wurde Anfang Februar eingereicht. Der Baustart ist derzeit für Herbst 2018 geplant», so Hirschberg. Ein Zeitplan, den Baufachleute freilich für sehr unrealistisch halten. Wie geht es weiter, wenn das Grossprojekt im «Tagblatt der Stadt Zürich» ausgeschrieben ist? Anja Kopetz vom stadtzürcher Hochbaudepartement: «Geht ein Baugesuch bei uns in die öffentliche Auflage, liegt es während 20 Tagen auf. Während dieser 20 Tage kann auch der Bauentscheid bestellt werden, der dann nach Entscheid zugestellt wird. Rekursberechtigte, die den Bauentscheid bestellt haben, haben nun die Möglichkeit, Rekurs einzulegen.» Wie lange das weitere Verfahren im Anschluss dauere, sei von allfälligen Rekursen abhängig. Kopetz: «Dazu können wir keine genaueren Angaben machen.»
So viel scheint sicher: Weil bei der Causa Mädchenschule deutlicher Gegenwind, ja gar ein möglicher Reputationsschaden gegen die EKZ spürbar sind, sind Rekurse programmiert. Zudem starteten letzten Sommer die Kantonsräte Sonja Rueff-Frenkel (FDP, Zürich) und Robert Brunner (Grüne, Steinmaur) eine Petition. Zusammen mit über 100 Ratskollegen forderten sie die EKZ auf, vom Neubau abzusehen und den Mietvertrag zu verlängern. Sistiert nun die EKZ ihre Neubaupläne, oder gibt es eine Neuplanung mit Integration der jüdischen Mädchenschule mit ihren 450 Schülerinnen? Hirschberg winkt ab: «Die Liegenschaft an der Schöntalstrasse ist seit Mietbeginn eine Zwischenlösung. Die EKZ haben 2010 dem JSZ in einer schwierigen Situation geholfen und die Liegenschaft zur Verfügung gestellt – befristet und im Sinn einer Zwischenlösung. Allen Parteien war klar, dass es sich um eine befristete Zwischenlösung handelt.» Vom Jüdischen Schulverein Zürich (JSZ) war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme in Erfahrung zu bringen. Gegenüber dem «Tagi» sagte eine Auskunftsperson der Schule zu einem früheren Zeitpunkt, man versuche, alle verfügbaren Mittel auszuschöpfen, damit die 450 Mädchen nicht auf der Strasse stünden. Die scheint nun vorderhand aufzugehen. Dem Vernehmen nach hat man vom falsch aufgesetzten Kündigungsschreiben am letzten Tag des achttägigen Chanuka-Fests erfahren. Bei einem Teil der orthodoxen Juden wird dies nun als Wunder angesehen. (ls.)