Grabmäler erzählen viele Geschichten

Erstellt von Laura Hohler |
Zurück

Auf dem Friedhof Hinterriet in Küsnacht schmücken aussergewöhnliche Grabmäler, die mit Segelschiffen oder Sonnenuhren versehen sind, die letzte Ruhestätten der Toten. Wie viel gestalterischen Spielraum die Angehörigen dabei haben, wird individuell entschieden.

Schon bald gedenkt man am katholischen Feiertag Allerseelen der Verstorbenen mit Fürbitten und Gebeten. Bei der Grabgestaltung legen die meisten Hinterbliebenen grossen Wert auf einen einzigartigen Grabstein, der an die verstorbene Person erinnern und etwas über sie aussagen soll. So gibt es auf dem Küsnachter Friedhof zahlreiche Gräber mit sehr persönlichen und teils aussergewöhnlichen Motiven. Besonders in Auge stechen zwei Grabsteine, die auf dem Friedhof nebeneinander platziert sind: Auf dem einen ziert eine silberne Sonnenuhr die letzte Ruhestätte, auf dem anderen thronen zwei Fische, die zusammen einen Kreis bilden.

Ebenfalls beliebt sind Tiermotive aller Art – so befinden sich auf dem Hinterriet zahlreiche Abbildungen und Plastiken von Vögeln wie Spatzen und Eulen. Auf anderen Grabsteinen entdeckt man asiatische Schriftzeichen, einen roten Miniaturbus oder ein in Stein eingemeisseltes Segelschiff. Dadurch können Friedhofsbesucher kleine Einblicke in die Vergangenheit der Verstorbenen erlangen.

C. G.-Jung-Grab lockt Touristenscharen an

Doch auch prominente Gräber, wie das des bekannten Schweizer Psychiaters und Mitbegründers der analytischen Psychologie, C. G. Jung, liegen auf dem Friedhof Hinterriet. Jung verstarb 1961 in Küsnacht, wo sich auch heute noch das Jung-Institut befindet. Vor der Corona-Zeit habe das Grab teilweise Heerscharen an Touristen aus aller Welt angezogen, weiss Stephan Keller, Leiter Friedhöfe Küsnacht.

Klares Nein zum Hakenkreuz

Laut Keller gibt es selten Probleme, was die Wünsche der Trauerfamilien angeht. Nur manchmal komme es zu Fällen, bei denen er gar eine Eingabe ablehnen müsse. «Ich hatte einmal eine Anfrage zu einem Hakenkreuz. Dieses hat natürlich in der thailändischen Kultur eine völlig andere Bedeutung als im Westen», so Keller. Das Hakenkreuz oder auch Swastika hatte es in gewissen asiatischen, aber auch europäischen und afrikanischen Völkern schon 10 000 vor Christus gegeben. Seit der Rassenideologie im 19. und 20. Jahrhundert wurde das Swastika jedoch zum Symbol der Unterdrückung und der nationalsozialistischen Bewegung. Trotz grossem Verständnis für die kulturellen Unterschiede zwischen Thailand und der Schweiz, habe Keller der Forderung eines Hakenkreuzes entgegentreten müssen und bewilligte das Gesuch nicht. «Als ich mit dem Bildhauer ins Gespräch kam, musste ich ihm mitteilen, dass dies nicht machbar sei, da es sehr anstössig sei.» Die thailändische Familie akzeptierte die Absage des Friedhofleiters und das Thema war somit erledigt. Die wenigsten würden danach versuchen, ihren Willen entgegen der gängigen Richtlinien durchzusetzen.


Küsnachterinnen und Küsnachter bevorzugen Grabsteine

Die grosse Mehrheit der Hinterbliebenen wählt bei der Bestattung der Verstorbenen einen klassischen Grabstein. «Da viele aber etwas länger brauchen, bis sie sich für das richtige Modell entschieden haben, gibt es auf dem Friedhof Küsnacht auch zahlreiche Holzkreuze.» Diese Kreuze stünden meistens auf noch relativ frischen Gräbern. Die Kosten für einen zwanzigjährigen Grabauftrag belaufen sich dabei zwischen 2000 und 4000 Franken. «Für die Dauer von 20 Jahren ist das eine relativ geringe Summe», so Keller. Enthalten darin seien unter anderem die Pflege der Grabmäler, deren Bepflanzung oder Schneeräumung.