Grünauer kämpfen gegen den Autobahnlärm

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Seit über 40 Jahren leiden die Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers Grünau unter dem Lärm, den die anliegende Autobahn A1 verursacht. Jetzt haben sie einen neuen Anlauf genommen und wollen für ihr Recht kämpfen.

Seit über 40 Jahren leiden die Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers Grünau unter dem Lärm, den die anliegende Autobahn A1 verursacht. Jetzt haben sie einen neuen Anlauf genommen und wollen für ihr Recht kämpfen.

Carole Bolliger

Vor einigen Jahren sah eigentlich alles gut aus. Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) hatte 2013 dem Bundesamt für Strassen (Astra) die Planungsgenehmigung für das Ausführungsprojekt N1/36, Anschluss Schlieren-Europabrücke, erteilt. Dieses sah die Umgestaltung und Anbringung von Schallschutzmassnahmen vor. Schallschutzwände, Flüsterbeläge, Abklassieren auf 60 Stundenkilometer sowie Schallschutzfenster bei den Direktbetroffenen. Das alles hätte vor ein paar Jahren entstehen sollen, die Pläne lagen vor, das Projekt stand.

Doch bis heute ist nichts dergleichen passiert. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers Grünau sind immer noch sehr hohen Lärmbelastungen ausgesetzt. Tagtäglich, jede Minute. Dies seit 40 Jahren. «Die Lärmemissionen liegen entlang der dichtbewohnten Nationalstrasse A1 deutlich über den gesetzlich zugelassenen Belastungsgrenzen. Der Lärm ist nicht nur unerträglich, sondern auch gesundheitsschädigend», sagt Thomas Isler. Er ist Vorstandsmitglied des Quartiervereins Grünau, der sich seit vielen Jahren gegen den Lärm und für den Schallschutz einsetzt.

Anwohner sind sauer

Das Astra plant schon länger eine Gesamtsanierung des Autobahnabschnitts A1 zwischen dem Anschluss Schlieren und der Europabrücke. Neben der geplanten 4,5 Meter hohen und 850 Meter langen Lärmschutzwand standen Schallschutzfenster in den angrenzenden Gebäuden zur Diskussion. Doch man war sich nicht einig, wer für die Kosten der Fenster aufkommen müsse. Die Stadt Zürich war der Ansicht, der Bund müsse für sämtliche Kosten zum Einbau der Schallschutzfenster aufkommen. Der Bund hingegen wollte den Betroffenen lediglich die Hälfte entschädigen. Das Bundesgericht entschied vor fast zwei Jahren zugunsten der Stadt Zürich.

Eigentlich wäre nun alles klar gewesen. Und trotzdem ist seither immer noch nichts passiert. Das macht die Anwohnenden sauer. «Wir haben genug von dem Lärm», so Isler. Deshalb fordern sie Sofortmassnahmen. «Wir brauchen dringend Lärmschutzwände, und das Tempo muss auf 60 Stundenkilometer reduziert werden», sagt Dina Raewel. Sie ist ebenfalls Anwohnerin im Quartier Grünau und gleichzeitig die Anwältin des Quartiervereins. Anfang September hat sie im Namen ihres Mandaten das Astra mit einem Schreiben aufgefordert, die notwendigen Lärmschutzmassnahmen zu ergreifen.

«Wie ein zweitklassiger Mensch»

«Sollte dies nicht geschehen, werden wir rechtliche Schritte einleiten und bis vors oberste Gericht gehen», verspricht Raewel. Denn die Quartierbewohner haben genug. «Schon seit zwei Generationen setzen wir uns für den Lärmschutz ein, doch nichts passiert, das ist sehr enttäuschend. Ich komme mir vor wie ein zweitklassiger Mensch, wir werden einfach nicht ernst genommen», sagt José Guevas. Er wohnt seit über 40 Jahren im Grünau-Quartier. Laut Raewel hat der Quartierverein dem Astra eine Frist bis zum 30. Oktober dieses Jahr gesetzt. «Bis dahin erwarten wir eine Mitteilung über das genaue Datum des konkreten Baubeginns.»

680 Unterschriften gesammelt

Auch verschiedene Politiker haben sich in all den Jahren für das Anliegen der Bewohner eingesetzt. Allen voran die Zürcher Gemeinderätin Katharina Prelicz-Huber von den Grünen. Schon 1998 reichte sie beim Stadtrat ein Postulat ein, das forderte, dass verschiedene Lärmschutzmassnahmen im betroffenen Strassenabschnitt der A1 vorgenommen werden. «Dieses Projekt darf nicht noch länger zurückgestellt werden», sagt die Politikerin. Verschiedene Studien zeigten, dass durch die Temporeduktion von 80 auf 60 Stundenkilometer bereits die Hälfte des Lärms wegfallen würde. «Das ist doch keine grosse Sache und könnte über Nacht passieren», so Prelicz-Huber. Sie freue sich, dass sich im Quartier nun wieder mehr Widerstand bilde. «Denn das ist kein Zustand für die Bewohnerinnen und Bewohner.»

Der Quartierverein hat Unterschriften für den Schallschutz gesammelt und diese vergangene Woche im Bundeshaus dem Uvek überreicht. 680 Unterschriften sind zusammengekommen. «Wir hoffen, dass unser erneuter Aufstand nun endlich Wirkung zeigt und schnellstmöglich Massnahmen ergriffen werden», so Thomas Isler.