Himmlisches Feuerwerk im Sommer

Erstellt von Silvan Rosser |
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Donnergrollen, Wind, Blitze und Starkregen begleiten ein Gewitter. Doch was geht am Himmel während eines Gewitters eigentlich ab?

Der August macht auch im Sommer 2020 seinem Namen als zweiter Hochsommermonat alle Ehre. Zwischen fünf und zehn Hitzetagen mit Nachmittagstemperaturen von über 30 Grad wurden in der Region Zürich in den ersten zwei Augustdritteln bereits registriert. Der langjährige Referenzwert der Jahre 1981 bis 2010 schreibt für den August lediglich zwei bis drei Hitzetage vor. Zudem gab es viel Sonnenschein, und Niederschläge gab es nur an fünf Tagen. Trotz der geringen Anzahl Regentage können sich die Niederschlagssummen sehen lassen, und sie bewegen sich durchaus im durchschnittlichen Bereich. Nach dem verbreitet trockenen Frühling und Juli ist sozusagen jeder Regentropfen willkommen.

Die Sommergewitter sind verantwortlich dafür, dass sich die Regenmengen trotz geringer Anzahl Regentage im normalen Bereich bewegen. Der August ist in diesem Jahr in einer regelrechten Gewitterlaune. Bekanntermassen ist die Sommersaison in der Schweiz auch Gewittersaison. Aus starken sommerlichen Gewittern können in kurzer Zeit grosse Niederschlagsmengen fallen. So weiss man aus Erfahrung, dass einige starke Gewitter genügen, um die normale Niederschlagssumme eines Sommermonats zu produzieren. Es erstaunt also nicht, dass in Zürich die drei Sommermonate Juni bis August im langjährigen Durchschnitt jeweils die höchsten Niederschlagssummen liefern. Doch nicht jeder Sommer und schon gar nicht jeder Sommermonat präsentiert sich gleich gewitteraktiv. Denn Gewitter entstehen nur, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Drei Zutaten für Gewitter
Gemäss Meteo Schweiz wird der Begriff Gewitter verwendet, sofern Blitz und Donner vorkommen. Häufig sind Gewitter begleitet von schauerartigen Niederschlägen, welche kurzzeitig auch intensiv sein können. Ebenso kann stellenweise Hagelschlag auftreten. Meist werden in Gewitternähe starke Windböen registriert. Doch wie entstehen Gewitter?

Zentral ist, dass genügend Feuchtigkeit als Grundlage zur Wolkenbildung (Quellwolken) vorhanden ist. Zudem ist eine instabile Luftschichtung ausschlaggebend für hinreichend starke vertikale Luftbewegungen, welche für die Entstehung von Blitzen notwendig ist. Die Luftschichtung wird als instabil beschrieben, wenn die Lufttemperatur mit zunehmender Höhe stark abnimmt (mehr als 1°C pro 100 m). Als dritte Zutat für die Entstehung von Gewittern ist ein Hebungsmechanismus aufzuführen, welcher die Gewitterbildung schliesslich auch auslöst. In der Schweiz sind mehrheitlich die Berge mit ihren Hang- und Talwindsystemen Auslöser des Hebungsmechanismus. Sind bereits Gewitter mit intensiven Niederschlägen im Gange, übernimmt in einer zweiten Phase oft die aus den Gewittern abstürzende und ausfliessende Kaltluft die Rolle des Gewitterauslösers: Sie schiebt sich unter die davor liegende sommerliche Warmluft und hebt diese an. Gewitterauslösende Hebungsprozesse können auch im Vorfeld einer grossräumigen Kaltfront induziert werden.

Gewitterbrennpunkt Tessin
Wenn Sommermonate überhaupt keine oder nur ganz wenige Gewitter bringen, ist häufig das Fehlen der Feuchtigkeit (Zutat 1) oder eine zu stabile Luftschichtung (Zutat 2) ausschlaggebend. Dies ist vor allem während Hochdruckphasen der Fall, denn dann ist die Luft bis in grosse Höhen warm und durch die Absinkbewegung im Hoch trocken. Ähnliches gilt für das trockene Alpeninnern wie das Wallis, Nord- und Mittelbünden sowie das Engadin. Hier fehlt häufig die Feuchtigkeit (Zutat 1) für die Gewitterentstehung. Anders präsentiert sich die Situation im Tessin. Die feuchtwarme Mittelmeerluft und die Hebungsprozesse an der Alpenkette machen die Sonnenstube der Schweiz auch zum Gewitterbrennpunkt der Schweiz. Nirgends in der Schweiz werden in den Niederungen mehr Gewittertage im Jahr registriert als im Tessin. In der Periode 2006 bis 2016 mussten Locarno und Lugano im Durchschnitt 22 respektive 23 Gewittertage über sich ergehen lassen. Der Juli ist im langjährigen Durchschnitt der gewitteraktivste Monat vor dem Juni und dem August. Auch im Mai gibt es meist schon die ersten Gewittertage. In der Stadt Zürich ist im Durchschnitt mit 15 Gewittertagen pro Jahr zu rechnen. Die Gewittersaison erstreckt sich auch auf der Alpennordseite von Mai bis September, wobei die meisten Gewitter zwischen Juni und August vorüberziehen.

Gewitterscheide Stadt Zürich
Die Stadt Zürich liegt gewittertechnisch auf der Grenze zwischen einer besonders aktiven Gewitterregion entlang der Voralpen vom Napf bis zum Säntis und der gewitterärmeren Region im Flachland. So registriert der obere Zürichsee im Durchschnitt 4 Gewittertage pro Jahr mehr als beispielsweise die Stadt Schaffhausen. Ein analoges Bild zeigt sich auch bei den Blitzeinschlägen. Während südlich der Stadt Zürich pro Jahr 1½ bis 2 Blitze pro Quadratkilometer einschlagen, sind es nördlich der Stadt Zürich weniger als ein Blitzeinschlag pro Jahr. Im Tessin und auf den Gipfellagen der Voralpen sind es bis zu 4 Blitzeinschläge pro Quadratkilometer und Jahr. Hochgerechnet ergibt das für die Schweiz in jedem Jahr 60 000 bis 80 000 Blitzeinschläge. Die Schweiz belegt damit, bezogen auf die Blitzhäufigkeit, europaweit einen Spitzenplatz.

Noch mehr Blitze gibt es mit über 6½ Blitzen pro Jahr und Quadratkilometer nur am südöstlichen Arm des Comersees bei der Stadt Lecco.