Hochkonjunktur im Wollishofer Bienenstock

Erstellt von Jeannette Gerber |
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«Imkern kann man nicht einfach nur so nebenbei», erzählt die Wollishoferin Olivia Romanelli bei einem Besuch in ihrem Bienenhäuschen, das idyllisch im Entlisbergwald gelegen ist.

Olivia Romanelli ist zertifizierte Imkerin, von Beruf Heilpädagogin und Mitglied des Gemeinderats (AL). Sie erlernte das Imkern vor zehn Jahren in einem Grundkurs und absolvierte diverse Weiterbildungen wie zum Beispiel einen Zuchtkurs beim lokalen Imkerverein. Heute gibt sie selbst zweijährige Grundkurse, um Bienenfreunden eine solide Grundlage beizubringen.

«Das Imkern erlebte seit Erscheinen des preisgekrönten Dokumentarfilms ‹More Than Honey› von Markus Imhoof einen regelrechten Boom», berichtet Romanelli. «Viele haben ihre Liebe zu den Bienen entdeckt, sind sich aber der vielen Arbeit und Verantwortung nicht bewusst. Imkern kann man nicht einfach nur so nebenbei – wenn es gerade passt. Es bedeutet einen erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand, den man mit der Bienenhaltung eingeht», so Olivia Romanelli. Sie selbst widmet sich wöchentlich einen Tag oder mehr ihren Bienenvölkern. Inzwischen sind es deren zwanzig; die meisten bevölkern das Häuschen im Wald, der Rest ist auf dem Friedhof Manegg tätig. «Ich persönlich bin ein sehr aktiver Mensch und immer in Bewegung. Im Bienenhaus kann und muss ich so richtig zur Ruhe kommen», fährt sie fort.

Aus der Zeit der «Landi»

Ihr schnuckeliges Bienenhäuschen, das sie vor fünf Jahren dem ehemaligen Imker Erwin Bühler abkaufte, ist ein Überbleibsel von der «Landi». 1939 – also vor mehr als 80 Jahren – wurde es als Musterbienenhäuschen im Landwirtschaftsteil der Landesausstellung vorgestellt. Nun liegt es wunderbar versteckt im Wald und kann nur über einen Trampelpfad erreicht werden. Somit ist das Kleinod vor Vandalen geschützt. Das Land dazu gehört der Stadt, die es an Romanelli verpachtet. Das gut erhaltene Häuschen ist eines der wenigen noch existierenden.
Olivia Romanelli kultiviert die einheimische Schweizer Honigbiene – die Mellifera mellifera, auch Dunkle Biene genannt. In den vergangenen 50 Jahren wurde die Dunkle Biene aus vielen Regionen durch die Einführung anderer Rassen verdrängt. Dadurch gilt sie als gefährdet. Sie unterscheidet sich genetisch von anderen Rassen und verfügt über wertvolle Eigenschaften: Sie ist langlebig, sanftmütig und fliegt bei niederen Temperaturen. Und wie der Name schon sagt: Sie hat eine dunkle Panzerfärbung mit schmalen hellen Streifen. Im Norden Europas soll diese Honigbienenart für die Biodiversität erhalten bleiben; die Schweiz hatte das Übereinkommen über die biologische Vielfalt von Rio de Janeiro 1994 unterschrieben.
Regelmässig bezieht Romanelli von der Feuerwehr auch andere Schwärme mit Mixbienen, die sie mit einer dunklen Königin versieht und die dann so zur Sorte Mellifera mellifera mutieren. Die Drohnen – die männlichen Bienen – haben übrigens einige einzige Lebensaufgabe: die Königin zu befruchten. Ende Sommer werden sie im Stock überflüssig und müssen den Bienenstaat verlassen.

Grosse Ernte im Frühling

Die ertragreiche Honigernte im Frühling – 50 Prozent mehr als im Schnitt – ist laut Olivia Romanelli dem aussergewöhnlich warmen und sonnigen Wetter zu verdanken. Die Natur ist dieses Jahr dem normalen Rhythmus um zwei bis drei Wochen voraus. Die angenehmen Frühlingstemperaturen waren optimal für die Honigproduktion. Pro Volk konnten somit durchschnittlich 15 bis 20 Kilo geerntet werden. Das sei umso erfreulicher, da die Imkerinnen und Imker in den Vorjahren schwierige Zeiten erlebten. Die Ernte im Frühling 2019 fiel aufgrund des Kälteeinbruchs im Mai komplett aus. Auf die Frage, wie sich der Sommerhonig entwickeln werde, meinte Romanelli: «Das ist im Moment noch schwierig abzuschätzen, das hängt von der Entwicklung der Blattlauspopulationen und wiederum vom Wetter ab.»

Mit Label von Pro Specie Rara

Normalerweise verkauft sie ihren zertifizierten Zürcher Stadthonig am Wollishofer Markt, der jedoch wegen der Corona-Pandemie ausgefallen ist. Man kann den hellen und fruchtigen Frühlingsblütenhonig auch über ihre Webseite bestellen. Der dunkle Sommerhonig von 2019 ist ausverkauft. Ihre Stadtbienen-Imkerei trägt das goldene Siegel von Apisuisse sowie das Label der Stiftung Pro Specie Rara. Und Romanelli ist Mitglied des Vereins Zürcher Bienenfreunde, dem Imkerverein der Stadt Zürich.

www.stadtbiene.ch