Hundezonen: Jetzt hagelts Einsprachen

Erstellt von Béatrice Christen |
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Ausgrenzung, Intoleranz, Willkür werfen Hundebesitzer der Stadtregierung nach ihrem jüngsten Entscheid vor: Gewisse Grünflächen sollen Hunde gar nicht mehr betreten dürfen. Andere Parks werden zeitlich für Hund, Frauchen und Herrchen gesperrt. Nun bahnt sich ein Proteststurm an.

Zweiklassengesellschaft: Wer einen Hund hat, wird in Zürich ausgegrenzt. Die Stadt Zürich hat Hundezonen geschaffen. Diese schränken nicht nur die Freiheit von Vierbeinern ein, sondern auch die ihrer Besitzer. Neben Hundeverboten gibt es Orte, an denen Hunde nur noch abends zwischen 22 Uhr bis morgens um 10 Uhr frei herumlaufen dürfen. Sogar Nicht-Hundebesitzer sind entsetzt und planen Einsprachen.

Die in der Stadt Zürich lebenden Hunde haben ein schweres Leben. Ihre Besitzer müssen Hundesteuern entrichten und die im kantonalen Hundegesetz vorgeschriebenen Kurse absolvieren. Dazu kommt, dass die städtischen Behörden einen Plan mit fünf verschiedenen Hundezonen in Grünanlagen vorgelegt haben. Dieser entstand an einem runden Tisch. An diesem hatten sich während fünf Jahren Vertreterinnen und Vertreter von Sportvereinen, Elternvereinen, Quartiervereinen, der Hundepartei Zürich, der SGK Sektion Zürich, des Zürcher Hundeverbands sowie des Veterinäramts getroffen.

In der demokratischen Schlussabstimmung hatten die Vertreter der Hunde aber keine Chance, da sie – wie die Lokalinfo aus sicherer Quelle erfahren hat – mit einer Gruppe von vier Personen massiv in der Minderheit waren.

72 Anordnungen für Hundehalter
Insgesamt wurden 72 Standorte, welche in fünf Hundezonen aufgeteilt sind, im «Tagblatt der Stadt Zürich» ausgeschrieben. Die Ausschreibung sorgt für Verwirrung, denn es gibt neben der Zone «Leinenpflicht» eine weitere Zone «Leinenpflicht von 10 bis 22 Uhr» sowie als Dritte im Bund die Zone «Leinenpflicht vom 1. April bis 30. September». Die vierte Zone ist das «Hundeverbot». Zu guter Letzt gibt es noch die «Hundefreilaufzone» – allerdings nur an sechs Orten.

Gegner des Stadtratbeschlusses haben 30 Tage Zeit für Einsprachen. Wie die Lokalinfo erfahren hat, könnte das – wenn der Einsprache nicht stattgegeben wird – Kosten nach sich ziehen.

Hunde haben (keinen) Zutritt
Ein rigoroses Zutrittsverbot für Hunde soll es künftig in der Stadtgärtnerei und in der Pestalozzianlage geben. Der bisher mit Hunden an der Leine erlaubte Zugang – zum vor einigen Jahren abgesperrten Teil der Allmend Brunau – wird ebenfalls zur Hundeverbotszone.

Zur Seeanlage Zürichhorn, zum Areal Höschgasse/Museum Bellerive und zum Arboretum haben Hunde überhaupt keinen Zutritt mehr. Auch gibt es an einigen Orten eine zeitlich begrenzte Leinenpflicht während der Monate April bis September. Mehrere Anlagen haben Leinenpflicht, die tagsüber gilt. Hunde dürfen sich dann nur auf den Wegen bewegen. Die Leinenpflicht wird jeweils zwischen 22 Uhr abends und 10 Uhr aufgehoben. Hundebesitzer müssen also, damit sie ihre Tiere artgerecht halten und frei laufen lassen können, ihre Spaziergänge in die Dunkelheit verlegen. Folgendes Szenario wäre denkbar: Da Kotaufnahmepflicht besteht, müssen Hundehalter die Hinterlassenschaften ihrer Hunde mit einer Taschenlampe suchen. Auf Familien, die Hunde halten, kommen schwere Zeiten zu: Für sie ist in mehreren Anlagen das Verweilen mit Kindern beim Picknick oder bei einem Bad im See, wenn sie mit ihrem Hund spielen wollen, erst ab 22 Uhr erlaubt.

Die Lokalinfo hat sich bei Grün Stadt Zürich erkundigt, weshalb diese zeitliche Begrenzung entstanden sei. Martina Bosshard antwortet: «Bei stark besuchten Anlagen kann es zu Konflikten kommen. Wir haben eine Regelung erarbeitet, welche die unterschiedlichen Bedürfnisse vor Ort berücksichtigt. An manchen Orten wurde die Regelung, dass die Hunde zwischen 10 und 22 Uhr an der Leine zu halten sind, gewählt. Der Hintergrund ist: Eine Leinenpflicht ist für die Vierbeiner eine Einschränkung. Sie soll an diesen ausgewählten Orten nur dann gelten, wenn am meisten Konfliktpotenzial mit anderen Nutzungen besteht.»

Sind Hunde wirklich gefährlich?
Ansonsten sind die Begründungen der Stadt Zürich für Hundezonen nicht alle nachvollziehbar. Zum Beispiel gibt es beim Hardeggsteg, der über die Limmat führt, eine Leinenpflicht. Als Begründung schreibt die Stadt Zürich: «Aufgrund eines Todesfalls im Jahr 2001 wurde beschlossen, eine Leinenpflicht einzuführen.» Damals sprang eine Frau von dieser Brücke in den Tod, weil ihr ein Hund Angst gemacht hatte. Ein tragisches Ereignis, das nun neun Jahre später «zum Handlungsbedarf» führt.

Ein Passant mit einem Schäferhund sagt: «Die meisten Hunde sind erzogen, sie belästigen niemand. Im Gegensatz zu den Velofahrern, welche Fahrverbote missachten und durch ihre Raserei Spaziergänger – und Hunde – gefährden. Dazu kommt, dass wir Hündeler die Hinterlassenschaft der Tiere beseitigen, im Gegensatz zum Unrat, welche Partygänger auf Wegen und Wiesen liegen lassen.» Eine junge Frau, die von einem Rehpinscher begleitet wird, meint, dass es «offensichtlich in der Stadt Schreibtischtäter gibt, denen Hunde ein Dorn im Auge sind».

Unterschriftensammlung läuft
Viele Zürcher Hundebesitzerinnen und -besitzer sind wütend und verstehen die Welt nicht mehr. Olivier Perrin aus dem Seefeld – zurzeit Nicht-Hundebesitzer – wehrt sich vehement gegen die Hundeverbote in den erwähnten Seeanlagen. Er kann nicht nachvollziehen, weshalb Hunde überhaupt keinen Zutritt mehr zu diesen Teilen der Seeanlage haben sollen. Er sammelt Unterschriften für eine Einsprache. Kurz vor Redaktionsschluss haben bereits 150 Hundefreunde unterschrieben. Olivier Perrin betont, dass auch Nicht-Hundebesitzer das Papier unterzeichnet hätten. Auch die Hundepartei setzt sich zur Wehr und lanciert eine Einsprache, welcher weitere, rechtliche Schritte folgen könnten. Der Tenor lautet hier: Familien mit Kindern und Hunden dürfen nicht gezwungen werden, sich tagsüber abseits von Grünflächen am See aufzuhalten, nur weil der Stadtrat Hundezonen angeordnet hat.

Die vom Stadtrat erlassenen Hundezonen hinterlassen auch auf dem politischen Parkett Spuren. Die SVP hat im Gemeinderat reagiert: In einer Fraktionserklärung brandmarkte sie die «schikanösen Hundeverbotszonen», welche «eine Zweiklassengesellschaft am See» erzeugen. Ein Postulat verlangt zudem die Aufhebung der Hundeverbotszonen am Seeufer. Denn diese verunmöglichten Hundebesitzern, die Erholungsräume am Seebecken mit ihren Hunden in einem vernünftigen Rahmen zu nutzen.