«Ich wünsche mir im Unterricht mehr Mut»

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Ab August erhält die renommierte Mittelschule in Küsnacht mit Corinne Elsener eine starke Führungsfrau. Was die zukünftige Rektorin im nächsten Schuljahr vorhat, verriet sie im Gespräch mit dem «Küsnachter».

 «Vor ziemlich genau einem Jahr endete mein Spaziergang durch das Küsnachter Tobel in der wunderschönen Anlage der Kanti Küsnacht», erinnert sich Corinne Elsener. Zu diesem Zeitpunkt wusste sie bereits von der Vakanz im Rektorat. In den Sommerferien ertappte sie sich dann dabei, wie sie die Homepage der Schule besuchte und immer neugieriger wurde, je mehr sie über die Kantonsschule in Erfahrung bringen konnte. So reifte ihr Entscheid, sich im September 2019 auf die ausgeschriebene Stelle zu bewerben. Im Februar wurde die in Zürich-Unterstrass wohnhafte Elsener dann vom Regierungsrat als neue Rektorin ernannt. Damit löst Corinne Elsener Markus Hanhart ab, der für das Schuljahr 2019/20 ad interim das Amt übernommen hat.

«Eine kleine, schöne Schule»

«Nach über 21 Jahren vom Norden des Kantons hierher zu wechseln, hat seinen besonderen Reiz, weil es sich um die älteste Kanti in Zürich und darüber hinaus um eine kleine, schöne Schule handelt – dieser familiäre Aspekt war mir wichtig», sagt die 47-Jährige. Bis anhin war sie Prorektorin an der Kantonsschule Zürcher Unterland, wo sie schon während ihres Studiums der Anglistik und Germanistik an der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich im Alter von 26 Jahren zu unterrichten begann: «Bei einer Grossschule muss man vieles bis ins letzte Detail planen. Ich denke, dass sich im Unterschied dazu an einer kleinen Schule wie der Kanti Küsnacht mehr Möglichkeiten ergeben, spannende Projekte durchzuführen.»

Ihr Ziel sei es jedoch nicht, die Schule umzukrempeln, sondern zusammen mit der Lehrer- und Schülerschaft die Geschichte der Kanti weiterzuschreiben.

Erst drei Rektorinnen in Zürich

Neu wird für die Kantonsschule jedoch die Tatsache sein, dass mit Corinne Elsener erst eine von insgesamt drei Rektorinnen an einer Zürcher Mittelschule gewonnen werden konnte. «Das Thema Frauen in der Bildung ist mir sehr wichtig. Zurzeit sind lediglich drei Rektorinnen im Amt, dabei liegt der Anteil an weiblichen Schülerinnen und Lehrerinnen höher als an männlichen», sagt die zweifache Mutter.

Elsener sieht in dieser Unterrepräsentation vor allem, dass Frauen nach wie vor kämpfen mit dem Spagat zwischen Familie und Beruf, aber auch, dass sie tendenziell schlechter vernetzt sind als ihre männlichen Kollegen: «Dabei besteht ein spürbares Bedürfnis, sich auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen.»

Deshalb habe sie zusammen mit Prorektorin Sandra Pitel im August 2019 ein Frauennetzwerk innerhalb der Schulleiterkonferenz des Kantons Zürich gegründet, um das Networking zu fördern. «Meine Vorstellung ist es, jungen Menschen zu zeigen, dass Frauen ebenfalls Führungsverantwortung übernehmen sollen», sagt Elsener weiter.

Viel gelernt in den letzten Wochen

Was das kommende Schuljahr anbelangt, ist wegen der Coronavirus-Pandemie einiges noch im Ungewissen. Die Stadtzürcherin hofft jedoch, dass es zu keiner zweiten Welle kommt: «Es ist schwierig, auf Distanz zu unterrichten. An der Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts mit Halbklassen stört mich, dass mit der Einhaltung der Abstandsregeln auf Gruppenarbeiten verzichtet und wieder mehr auf Frontalunterricht gesetzt werden muss, von dem wir uns doch in den vergangenen Jahren eher wegbewegt haben.»

Die Englischlehrerin wirft jedoch auch einen positiven Blick auf die vergangenen Wochen: «Was Schülerschaft und Lehrpersonen sicher aus dieser Erfahrung mitnehmen können, sind das selbstorganisierte und kollaborative Arbeiten sowie die Möglichkeiten der Individualisierung.» «Zuerst geht es aber darum, das Schuljahr zu Ende zu bringen und herauszufinden, wo sich fachspezifische Lücken gebildet haben», sagt Elsener. Diese manifestieren sich je nach Fach auf unterschiedliche Weisen. «Sich stur an den Lehrplan zu halten, wäre nicht sinnvoll», sagt die zukünftige Rektorin, «ich wünsche mir mehr Mut, sich einmal von den Stofflehrplänen abzuwenden und situationsadäquat zu handeln. Wir sollten die Gelegenheit nutzen, gemeinsam Neues zu lernen und auszuprobieren.»

Elsener blickt motiviert auf den 17. August, wenn sie alle Schülerinnen und Schüler sowie das Team an Kollegen und Mitarbeitenden der Kantonsschule Küsnacht persönlich kennen lernen darf: «Ich freue mich extrem und kann es kaum erwarten!» (Liana Soliman)