Er bedeutet für seine Mitglieder Freundschaft und Gemeinschaft: Wie viele Vereine wird auch der Männerchor Leimbach nicht von jungen Mitgliedern überrannt. Doch das stehe für die Verantwortlichen weniger im Vordergrund, wichtiger sei der gute Zusammenhalt.
Wenn man sich die Männer so ansieht, kommt man zum Schluss, dass dem Männerchor Leimbach (MCL) ein bisschen junges Blut guttun könnte. Der Begriff «Männerchor» kommt an sich ziemlich konservativ daher; er impliziert gewissermassen «gestandene Mannen». Doch das muss nicht ausschliessen, dass sich auch Jugendliche darin wohlfühlen könnten.
Zum heutigen Zeitpunkt sind es rund 30 Aktivmitglieder im Alter von 38 bis 80 Jahren. Immerhin existiert der Chor seit 155 Jahren und zwei Mitglieder sind seit 1988, also seit 30 Jahren, dabei. Aus der Chronik ist zu erfahren, dass man bei der Gründung allgemein der Meinung war, das Singen sei eine Sache der Ledigen. Diese eher abstruse Ansicht gehört jedoch schon lange der Vergangenheit an. «Zürich 2» hat sich an zwei der Jüngsten gewandt, um zu erfahren, wie sie sich die Zukunft des Chors vorstellen.
Auch neue Lieder im Repertoire
Das drittjüngste Chormitglied, Christian Enzler (42), Dirigent, Chorleiter und Sänger seit 2002, betonte, wie wichtig es sei, etwas gegen die Überalterung zu unternehmen und die Tradition fortzuführen. Seine Einschätzung zum heutigen Stand: «Wir haben jedes Jahr Abgänge, doch kamen in den letzten sieben Jahren zehn neue Mitglieder dazu.» Wichtig sei der gute Zusammenhalt der Gruppe, und das klangliche Erscheinungsbild solle frisch und vital daherkommen. «In der heutigen Zeit muss visuell alles jung und schön sein, was aber für einen Männerchor nicht unbedingt relevant sein kann», sagte Enzler. Sicher würden sie auch Jugendliche ab 16 Jahren aufnehmen, die sich mit dem heutigen Repertoire bestimmt wohlfühlen könnten. Sie hätten neu im Repertoire einen Song von der Band «Die Toten Hosen», der nächstes Jahr am 18. Mai im Reformierten Kirchenzentrum dem Publikum vorgestellt werden soll. Natürlich klinge dieser Song im Chor anders, denn bei einem Sologesang könne improvisiert und variiert werden, im Gegensatz zum Chorgesang, bei dem sich jeder einzelne Sänger an feste Regeln halten müsse, die der Dirigent respektive der Komponist bestimme. «Es ist wichtig, dass der Einzelne spürt, dass er im Chor gut aufgehoben ist, so kann er auftanken und einfach sein», so Enzler. Oft kämen die Sänger müde nach der Arbeit zur Probe und verliessen sie entspannt. Sie würden sich wie neugeboren fühlen.
Es gehe in der Chorgemeinschaft auch um den sozialen Zusammenhalt: Man kümmere sich umeinander, wie in einer grossen Familie. Enzler: «Chormitgliedschaft ist gleichzustellen mit Freundschaft, Gemeinschaftsgefühl, Gleichgesinntheit, Miteinander, Zusammengehörigkeit und Solidarität. Das ist der Sinn des Vereinslebens. Ich hoffe, dass auch Jugendliche das Positive darin erkennen können.»
Jüngstes Mitglied 38 Jahre alt
Das Repertoire des MCL schliesst viele Stilrichtungen ein: klassische Opernchorgesänge und Männerchorlieder, geistliche Lieder für Gottesdienste, Weihnachtslieder, lateinische und russische Lieder, Mundartlieder, Spirituals, Gospels, Jazzstücke, Matrosenlieder, Schlager-, Pop- und Jodellieder, Lieder über Zürich und sogar ein Lied der Minenarbeiter in Südafrika.
Dank Enzler haben die Chormitglieder das Jodeln erlernt. Er ein ausgezeichneter Jodler und übernimmt jeweils den Solopart in Jodelgesängen. Vorschläge für neue Stücke im Repertoire können von den Mitgliedern eingebracht werden. Enzler prüft sie und setzt sie entsprechend um. Jedes Jahr geht der MCL auf eine mehrtägige Sängerreise, erst kürzlich, vom 12. bis 14. Oktober, nach Alba im Piemont, wo im Dom zum Gottesdienst gesungen wurde.
Das jüngste Mitglied des Chors mit 38 Jahren ist Christian Baumgartner. Er wohnt in Fahrwangen, Kanton Aargau, arbeitet jedoch in der Reformierten Kirchgemeinde in Leimbach im Bereich Jugendarbeit. Vor sechs Jahren wurde er beim Auftritt des Chors am Weihnachtsmarkt beim Restaurant zum Hüsli angesprochen und gehört seitdem dazu. Er rühmte den Zusammenhalt der Menschen in Leimbach. Er fühle sich durch seine Teilnahme am Chor ins gesellschaftliche Leben integriert und habe viele soziale Kontakte knüpfen können. Auf die drohende Überalterung des MCL angesprochen, meinte Baumgartner: «Es ist ein gesellschaftliches Phänomen; junge Menschen sind nicht mehr bereit, sich auf längere Zeit zu engagieren. Jüngere Leute fehlen in vielen Vereinen. Doch die Freude an der Sache kann eine gewisse Kontinuität garantieren.»
Das Werben im eigenen Umfeld sei die beste Ressource, um neue Mitglieder zu gewinnen. Christian Enzler besitze die Fähigkeit, Menschen zu begeistern. «Daher sollten sich möglichst viele Menschen aller Altersklassen zum jährlichen Schnupperkurs anmelden, oder einfach unangemeldet bei den Proben vom Donnerstag um 20 Uhr im Reformierten Kirchgemeindehaus Leimbach reinschauen. Es ist möglich, dass Anfang 2020 durch den Zusammenschluss der Kirchgemeinden Wollishofen, Enge und Leimbach neue Impulse entstehen», erklärt Baumgartner.
Vielleicht kann «Zürich 2» mit diesem Artikel auch ein paar junge Menschen zum Mitsingen im Chor bringen. Laut Enzler ist das Singenkönnen keine Voraussetzung, musikalisch müsse man jedoch schon sein. Denn das Singen könne er fast jedem beibringen.
25.11., 10 Uhr: Gottesdienst zum Ewigkeitssonntag mit Männerchor Leimbach. Reformierte Kirche Leimbach. Infos und Jahresprogramm: www.mc-leimbach.ch