In diesem Zirkus kriegt ein Clown Panik

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Die Aufführung naht und den Künstler packt die Angst: Der Zirkus Chnopf geht mit seinem Programm «Panik!» auf Tournee.Das Freilichtspektakel feiert auch dieses Jahr Premiere in der roten Fabrik.

Das Publikum sitzt auf seinen Plätzen, die Show kann losgehen. Alle blicken gebannt auf den Vorhang, der sich etwas bewegt hat, und es erklingen Trompeten und Posaunen. Doch dann passiert das eigentlich Undenkbare: Der Vorhang geht nicht auf. Was ist denn da los?
«Stopp!», ruft jemand. Es ist nicht etwa der Regisseur, der bei diesem Probedurchlauf eine Unterbrechung fordert. Die Stimme gehört einem verängstigt wirkenden Clown. Er versucht verzweifelt, den Vorhang wieder zuzuziehen, während die anderen Artisten nicht glauben können, was gerade passiert. Im Zirkus Chnopf, der sein Winterquartier in Altstetten hat, breitet sich Ratlosigkeit aus – doch es gehört zum Glück alles zur Show.

Artisten kennen Angst gut

«Clownfiguren sind oft völlig angstfrei», erklärt der künstlerische Leiter Matthias Schoch. «Unsere Hauptfigur ist aber extrem ängstlich.» Aus diesem Grund will der Clown verhindern, dass die Show stattfindet. «Angst ist etwas, das Artisten gut kennen», erzählt Schoch. Als Künstler müsse man genau wissen, was man könne und wo die eigenen Grenzen liegen würden. «Die Angst bewahrt uns vor unüberlegten Entscheidungen, hat aber auch etwas Hemmendes.» Es brauche darum eine gesunde Balance.

Insgesamt zehn Artisten stehen im diesjährigen Programm mit dem passenden Namen «Panik!» auf der Bühne des Freilichtspektakels. Neun davon versuchen, ihr Publikum mit beeindruckenden, tollkühnen und amüsanten Zirkusnummern zu unterhalten, doch ihr Clown macht ihnen immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Bei «Panik!» zieht sich eine Geschichte wie ein roter Faden durch die Zirkusaufführung. «Nachdem in den letzten zwei Jahren der Fokus auf einer assoziativen Arbeitsweise gelegen hat und die Geschichte eine Nebenrolle spielte, wollten wir nun etwas Neues ausprobieren», sagt Daniel Pfluger. Er führt dieses Jahr zum ersten Mal die Regie beim Zirkus Chnopf. «Das verlangt den Künstlern natürlich viel Disziplin ab.» Sie müssten sich neben ihren artistischen Nummern auch auf den erzählerischen Rahmen einlassen. «Das ist eine Herausforderung für alle Beteiligten», sagt der Regisseur. Pfluger: «Wir sind gespannt, wie es ankommt. Aber ich bin überzeugt, dass es den Leuten gefallen wird.» Das Thema Angst habe sich aufgedrängt, in der heutigen Gesellschaft sei es hoch aktuell, ergänzt Matthias Schoch. «Wir erleben vielerorts einen Aufstieg des Populismus, welcher die Ängste der Menschen instrumentalisiert», so der künstlerische Leiter.

Ein Clown verliebt sich

Inspiriert wurde das Programm unter anderem vom Theaterstück Ixypsilonzett des 2005 verstorbenen deutschen Autoren Friedrich Karl Waechter. Im Stück von Waechter verliebt sich der ängstliche Clown Zett in die schöne Ypsilon und muss gegen den gewaltbereiten Ix um ihre Gunst kämpfen. Auch in «Panik!» verliebt sich der ängstliche Clown. Diese Liebe treibt ihn vorwärts. Doch als er sich seine Gefühle endlich eingesteht und er ein wenig Mut fasst, verschwindet seine Angebetete spurlos. Der Clown begibt sich auf eine verzweifelte Suche. Und schon tritt ein muskelbepackter Konkurrent auf den Plan.

Zum 27. Mal tourt der Zirkus Chnopf seit 1990 durch die Schweiz. Sein neues Programm «Panik!» feiert am 16. Juni Premiere in der Roten Fabrik in Wollishofen – und ein ängstlicher Clown wird versuchen, die Show zu verhindern. (pw.)