Jogger sorgen für sauberes Quartier

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Wer morgens eine Runde dreht, tut sich etwas Gutes. Robert Peterhans und Marianne Haller von der Laufgruppe «Züri rännt» machen beim «Plogging» aus Sport ein Engagement für die Gesellschaft.

Halb neun morgens am Samstag des Züri-Fäschts. Es lassen sich nur wenige Menschen am Tessinerplatz vor dem Bahnhof Enge blicken. Auf der kreisrunden Bank sitzen einige mit Büchsen in der Hand. Leeren sie die letzten Reste der ersten Nacht des Züri-Fäschts? Oder trinken sie sich gerade die Energie für den nächsten Tag der Riesenparty an? Vielleicht bemerken sie die kleine Gruppe in Joggingkleidung, die ein paar Meter weiter weg steht. Was sie wohl nicht wissen: Wenn sie ihre Büchsen nachher einfach liegen lassen, kann es gut sein, dass heute die Gruppe Jogger diese für sie entsorgt.

Natürlich ist das ein Zufall – wie an jedem ersten Samstag im Monat haben sich Interessenten von der Laufgruppe «Züri rännt» im Joggingdress und mit Haushalt-Handschuhen zum Plogging verabredet. Der Trend ist vor ein paar Jahren in Schweden entstanden. Der Begriff «Plogging» kommt vom schwedischen «plocka», das mit «aufheben» übersetzt werden könnte. In der Verbindung mit Jogging entsteht das «Plogging»: Das Aufheben von Abfall beim Jogging.

Burgerbox mit Tablett gefunden
Bevor es losgeht, verteilen die Initiatoren Marianne Haller und Robert Peterhans neben den Müllsäcken, in denen der Abfall gesammelt werden soll, auch die Aufgaben. Alle Plogger sollen jeweils nur eine Art Weggeworfenes sammeln: Wie Plastik, Alu, Glas oder PET. So wird nicht nur die Mülltrennung vereinfacht, sondern auch dafür gesorgt, dass die Flinksten nicht die vollsten Säcke kriegen. Dann geht es los.

Nach einem kurzen Rundlauf auf dem Tessinerplatz stösst die Gruppe in einem Hinterhof mit Parkplätzen auf das erste Kuriosum. Eine Pommesschachtel, eine Burgerbox und ein Colabecher liegen auf einem McDonalds-Tablett. Der Becher ist umgekippt und kreiert durch seine Colaspur die Szenerie eines Tatorts. Mit einem Schmunzeln trägt Robert Peterhans das Tablett vom eigenartig schön anmutenden Schauplatz zurück zum Fast-Food-Restaurant am Bahnhof Enge.

Danach geht es weiter Richtung Belvoirpark. Mit der Zeit werden einem gewisse Littering-Muster bewusst. Hauptsächlich Verpackungen liegen herum, ausserdem viele Dosen und Plastiksäckli. Auch die Glas- und PET-Säcke füllen sich schneller als anfangs erwartet. Der meiste Abfall findet sich in Hecken und Sträuchern neben den Wegen. Das sind die Orte, die von der Stadtreinigung anscheinend oft etwas vernachlässigt werden. Im Park gibt es immer wieder Gestrüpp, wo es bisweilen scheint, als hätten sich dort zwischen stacheligen Ästen Leute zum Picknicken getroffen. Zwischen Plastikbesteck und einer Bierdose liegen auch ein BH und ein Tampon. Obwohl die «Plogger» besonders unappetitlichen Müll auch mal liegen lassen, sind die Abfallsäcke mittlerweile voll. Bei einer Mülltrennungsstelle muss ein kurzer Zwischenstopp eingelegt werden. Mit dem leichteren Gepäck geht es dann weiter die Seestrasse entlang zurück zum Bahnhof. Nach einer knappen Stunde endet die Reise an der Stelle, wo sie begonnen hat. Die Müllsäcke sind inzwischen zum zweiten Mal gefüllt worden. Währenddessen hat sich die kreisrunde Bank auf dem Tessinerplatz geleert. Dort wo die Menschen sassen, stehen nun ihre Büchsen.

Gegen Littering sensibiliseren
«Grundsätzlich ist es so, dass die Stadt für die Reinigung zuständig. Es geht aber gar nicht darum, dass wir ihren Job machen. Denn wir möchten mit diesen Aktionen Leute für das Thema Littering, das Vermüllen öffentlicher Räume, sensibilisieren und eine Diskussion darüber anregen», sagt Peterhans. «Vor einem guten Jahr haben wir angefangen, regelmässig zu ploggen», erzählt er weiter, «aus unserer Sicht ist es ein ideales Engagement für Hobbyläufer, da wir für unseren Sport auf eine intakte Umwelt angewiesen sind.»

Bei der ersten Plogging-Tour von «Züri rännt» waren mehr als zwanzig Teilnehmer und die SRF-Tagesschau dabei. Heute ist die Gruppe überschaubar, einige regelmässige Mitplogger sind in einem Laufcamp. Der Motivation tut dies kein Abbruch. «Wenn man sieht, was so alles an Plastik und Verpackungen herumliegt, merkt man doch, dass da etwas nicht stimmt», sagt Haller. Man sollte nicht so viel Abfall produzieren und dann auch noch liegen lassen, findet sie.
Nachdem die «Züri-rännt»-Gruppe dieses Mal im Kreis 2 unterwegs war, geht es im August in den Kreis 3. In einem Jahr wollen sie so einmal durch alle Kreise der Stadt Zürich ploggen. Peterhans: «Jeder kann mitmachen, anmelden muss man sich nicht.» (Jakob Metzler)

Weitere Informationen und Termine unter: www.zueriraennt.ch/ploggen/