Kampfwahl ums reformierte Kirchenpflegepräsidium

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Exklusiv: Dem Stadtzürcher Kirchenpflegepräsidenten Andreas Hurter erwächst Konkurrenz aus den eigenen Reihen. Der Pfarrer Res Peter aus dem Quartier Neumünster hat seine Kampfkandidatur angemeldet.

Seit dem 1. Januar 2019 gibt es nur noch eine reformierte Kirchgemeinde in Zürich. Grund: der dramatische Mitgliederschwund. Seit 1980 hat sich die Zahl von ehemals rund 170 000 Menschen fast halbiert. Die neue Mega-Kirchgemeinde ging hervor aus dem Reformierten Stadtverband, der in den letzten vier Jahren wiederum aus der Fusion der 32 Kirchgemeinden entstand. Wobei: Hirzenbach und Witikon widersetzten sich dem Zusammenschluss und wollen bis auf Weiteres alleine weitermachen. Auch sonst läuft nicht alles rund. Kritiker bemängeln, dass mit den neu gebildeten zehn Kirchenkreisen Schattenorganisationen entstehen, die wie bisher die Kirchgemeinden ein grosses Eigenleben führen.
Trotzdem sitzt Andreas Hurter, der ehemalige Präsident des reformierten Stadtverbands und aktuelle Übergangspräsident der neuen Kirchgemeinde Zürich fest im Sattel. Der diplomierte Ingenieur ETH Zürich mit Nachdiplomstudium in Betriebswirtschaft hat die Kirchenfusion als von der Zentralkirchenpflege gewählter Projektleiter durchaus erfolgreich aufgegleist. Doch nun gibt es überraschend eine Kampfwahl ums prestigeträchtige Präsidium.
Pfarrer Res Peter aus dem Quartier Neumünster bestätigt gegenüber dieser Zeitung, dass er kandidieren wolle. «Anders als der jetzige Präsident pflege ich einen kooperativen Führungsstil und möchte den Sinn und Zweck der Kirche – die Bibel modern weiterzugeben und für alle Menschen der Stadt da zu sein – an die erste Stelle setzen», erklärt Res Peter auf Anfrage.

«Grösste Kirchgemeinde Europas»
Und die Kritik an den weiterhin bestehenden und doch recht autonomen zehn Kirchenkreisen? Peter: «Diese Kritiker haben zum Teil recht. Ich werde alles dafür tun, dass nicht doch einfach zehn Unter-Kirchgemeinden entstehen. Stattdessen sollen die Netzwerke wachsen, die dank der Reform bereits entstanden sind.» Warum will denn Res Peter (55) überhaupt kandidieren? «Die Kirchgemeinde Zürich ist seit 2019 die grösste Kirchgemeinde Europas. Das ist ein grosser Aufbruch. Sehr gerne stelle ich mein Herzblut, meine Leidenschaft und meine Erfahrungen in den Dienst dieser urbanen Kirche.»
Offiziell weiss Andreas Hurter (58) erst seit gestern Mittwoch von der Konkurrenz. Er gibt sich zumindest nach aussen gelassen. «Zu dieser Ausmarchung möchte ich mich vorerst nicht äussern», erklärt Hurter. Die «riesige Kiste» der neuen reformierten Kirchgemeinde Zürich sei erst seit kurzer Zeit am Laufen. «Ich stehe momentan vor allem als Leiter der wahlleitenden Behörde in der Pflicht.»
Das Wahlprozedere sei anspruchsvoll und finde zum ersten Mal statt, man lehne sich dabei an die sechs Wahlkreise der Kantonsratswahlen an. Immerhin: «Die jetzige siebenköpfige Kirchenpflege sollte die Chance bekommen, die nächsten drei Jahre weiterarbeiten zu können», findet Hurter. Weil der Kirchenpflegepräsident auch als Kirchenpfleger gewählt werden muss, ist somit klar: Andreas Hurter, der Ehemann von alt Stadträtin Esther Maurer, will weitermachen als Präsident. (ls./ Fotos: zvg.)